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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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streng an. »Ich bin die führende Ärztin in Köln, ja sogar in ganz NRW, im Bereich der Gynäkologie. Ich gebe Seminare, ich arbeite an der Universität. Ohne intellektuellen Anreiz würde ich das alles gar nicht machen. Also, Frau Lehmann, welche Beschwerden führen Sie zu mir?«
    Ich bin der Frau Doktor dankbar. Sie erwartet Gehorsam. Keine Betroffenheit. Kein Menscheln. Das brauche ich, um Arztbesuche zu ertragen. Und sie bietet es so sehr, dass ich sogar grinsen muss.
    Ihre Autorität spiegelt sich in der tipptopp gepflegten Praxis. Nur auf den kleinen Glaslampenschirmchen über dem Empfang liegt eine leichte Staubschicht – wie eine Spur leiser Rebellion. Die Zeitungen im Wartezimmer warten akkurat drapiert auf Leser. Sie müssen andere Patienten für sich finden, denn ich werde schnell ins Sprechzimmer gerufen. Gemäldedrucke in blauen Holzrahmen verbreiten friesische Frische. Im Behandlungsraum präsentiert eine weiße Vitrine hinter ihren holzgefassten Glastüren Fachbücher, einen Miniaturtorso aus einem rötlichen Stein, zwei winzige Bahnhofsuhren für unterschiedliche Zeitzonen in einem blauen Holzgestell, eine Tiziano-Schale und einen dicken August-Macke-Bildband.
    »Ich habe keine Beschwerden«, sage ich und erkläre betont sachlich: »Vor ein paar Monaten gab es bei einem Autounfall in Berlin einen unkomplizierten Abort. Der Arzt nannte das damals so.« Das tat er wirklich. Sprache kann vieles leichter machen. Und schwerer.
    Frau Dr. Schwarz sagt: »Unkompliziert bedeutet, dass kein entzündlicher Prozess den Abort verursachte. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass so etwas sehr häufig geschieht. Gerade bei oder nach einem traumatischen Ereignis. Ihre erste Schwangerschaft?«
    »Ja … Mein Innenleben fühlt sich eigentlich wieder völlig normal an, und ich habe wieder absolut regelmäßig meine Menstruation. Meine Mutter hat mich zu einem Komplettcheck bei ihrer Hausärztin überredet, nachdem ich wieder hier nach Köln gekommen bin. Dabei kam heraus, dass meine Blutsenkungsgeschwindigkeit etwas erhöht war. Die Ärztin denkt, dass das mit dem Verlust meines Kindes zu tun haben könnte, und hat mich zu Ihnen geschickt.« Und der früheste Termin war ein halbes Jahr später, aber das kann ich so nicht sagen. Ich gebe der Gynäkologin die Untersuchungsergebnisse. Insgesamt 45 Werte, sorgfältig geheftet.
    »Die Blutsenkungsgeschwindigkeit zu ermitteln hat lediglich historischen Wert«, sagt Frau Dr. Schwarz. »Viele laufen ihr Leben lang mit einem erhöhten BSG-Wert herum, ohne klinische Befunde. Ich habe 30 Jahre Erfahrung und bin die führende Gynäkologin in NRW, ich leite Seminare, ich arbeite an der Universität, ich kann Ihnen aus meinem Erfahrungsschatz versichern, dass der BSG-Wert alleine überhaupt keine Aussagekraft hat. Ihre Hausärztin ist wahrscheinlich nur sehr bodenständig und bemutternd. Übervorsichtig, sozusagen. Sehen Sie sich allein diese Liste an. Was um Himmels willen soll denn Chromogranin A sein? Das habe ich in meiner ganzen Zeit als hochqualifizierte Medizinerin noch nicht gehört. Also das beeindruckt mich jetzt wirklich.«
    »Ich freue mich, dass meine Werte Sie beeindrucken können.«
    »Vor allem beeindruckt mich die Masse an Daten. Das kann doch nicht wahr sein. Sie können sichergehen, dass ich bei der nächsten Qualitätssicherungssitzung Ihr Datenblatt vorlege. Das ist doch eine Verschwendung von Geldern, solch ausufernde Untersuchungen anzuordnen. Man muss doch auf dem Boden bleiben. Und wissen Sie, was die Härte ist? Es wurde kein CRP-Wert gemessen! Wenn man schon den Verdacht hat, dass ein entzündlicher Prozess im Körper stattfindet, dann muss man doch wenigstens den CRP bestimmen!«
    »Ich hatte keinerlei Einfluss auf die Untersuchung meines Blutes.«
    Ich hebe die Hände.
    Frau Dr. Schwarz spricht weiter: »Man muss doch auf dem Boden bleiben. Sehen Sie, ich bin die führende Gynäkologin in NRW. Ich habe sogar ein eigenes Labor. Ich gebe nichts aus der Hand, wir arbeiten nicht mit Fremdlaboren. Ich gebe Seminare an der Uni. Sie sind nun meine …«, sie schaut auf meine Patientenakte, die sie nicht nur im Computer, sondern auch noch ganz klassisch per Hand führt, »… 22126. Patientin. Ich kenne mich aus, und so etwas habe ich wirklich noch nicht gesehen. Und dann fehlt auch noch der aussagekräftigste Wert!«
    »Dann nehmen Sie mir doch direkt noch Blut ab.«
    »Ja, das das machen wir gleich. Jetzt werde ich sie erst mal gründlich

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