Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane

Titel: Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Ulrici
Vom Netzwerk:
Seewarte. Hier parkten Autos aus der ganzen Umgebung, denn auf dem flachen Gelände, auf dem gelegentlich Sport-und Seenotflugzeuge landeten, sollte ein Fesselballon steigen.
    Die Gefährten hatten riesiges Glück. Der Ballonführer, Herr Berry, war ein Vetter von Madame Claire. Er lud die ganze Bande ein, den Aufstieg mitzumachen. So kletterten mit Loulou auch seine Freunde »ins Körbchen«, den Korb zur Aufnahme der Passagiere. Dieser offene Behälter war allerdings ziemlich groß, denn es handelte sich nicht um einen gewöhnlichen, runden Freiballon, der vom Wind über Felder und Dörfer getrieben wird, sondern um einen Parsevaldrachenballon. Das Gebilde mit dem Auftriebsgas, dem Luftbehälter und dem »Steuer« glich eher einer gewaltigen, prallen Wurst. Das »Steuer« diente nur dazu, dem mit dem Boden verankerten »Wurstballon« durch Drehung gegen den Wind eine ruhige Lage zu verschaffen. Das »gefesselte« Ballon-Luftschiff hieß »Toulon II« und diente sonst der Beobachtung von Seeschiffen im Küstenbereich. Heute war er für einen großen Bonbonregen ausgeborgt worden. Er schwebte nun zweihundert Meter über dem Volksfest.
    Herr Berry und seine jungen Passagiere hätten hundert Hände und Tausende von Bonbons haben müssen, um die Kinder unten auf dem Volksfest zufriedenzustellen ... Eifrig warfen sie die eingewickelten Dinger über Bord, sahen, wie Gestalten hurtig umherliefen und sich bückten. Die Triumph-und Enttäuschungsschreie hörte man recht deutlich. Loulou, der nicht wußte, was das alles zu bedeuten hatte (er konnte ja nicht über den Korbrand lugen), bellte aufgeregt. Gérard war wütend. »Nun seht euch das da unten an!« rief er. »Da wirft und wirft und wirft man Bonbons! Und wer stürzt sich am wildesten darauf?«
    »Die Erwachsenen«, sagte Tati.
    »Man mü ... mü ... müßte ihnen Knallerbsen auf die Köpfe schmeißen!« fauchte Prosper. Micha meinte: »Wir werfen keine Bonbons mehr runter. Wenn wir wieder unten sind, verteilen wir sie an die Kinder ganz gerecht!«
    Herr Berry lachte. »Das wär aber kein Bonbonregen mehr! Der Spaß besteht doch gerade darin, daß der Segen von oben kommt, nämlich aus dem Ballonkorb! Und manche müssen sogar leer ausgehen, wie bei der Lotterie. Sonst wär's doch schrecklich langweilig! Ja, ja. Auch in den Erwachsenen steckt ein kindlicher Jagd- und Besitztrieb, der besonders bei Umsonst-Veranstaltungen plötzlich erwacht. Dazu bedarf es keines Gold-oder Silberregens, da genügen lumpige Bonbons. Das muß man schon so hinnehmen!«
    Er blickte auf die Möwen, die in immer größeren Scharen den Ballon umkreisten. Sie hatten bemerkt, daß da etwas geworfen wurde, und aufgeregt kreischend versuchten sie zu ergründen, was das war. Aber allein die Bonbonpapiere verhießen ihnen nichts Besonderes für ihre Schnäbel und Mägen. Sie schnappten erstaunlicherweise nicht einmal danach, und bald verzogen sie sich wieder hinunter zum Hafen, wo es Fischgrills, Brot-und Käsebuden und andere Verkaufsstände für Eßbares gab.
    »Die haben einen Spürsinn für ihre Nahrung!« staunte Henri.
    »Und eine Beobachtungsfähigkeit, die jeden Nachrichtendienst blamiert«, fügte Superhirn hinzu.
    »Sogenannte echte Möwen- nicht das Möwchen, das eine Haustaube ist – sind Raubvögel. Auf See können sie sogar erschöpften Schiffbrüchigen gefährlich werden.«
    »Danke«, sagte Tati. »He, Micha! Stopf dir nicht so viele Bonbons in die Taschen. Was sollen die Kinder denken, wenn wir wieder landen ...«
    Am Nachmittag beteiligte sich Henri am Tontaubenschießen, Tati bummelte mit Loulou über den »Flohmarkt«, wo es von Sicherheitsnadeln über Taschenspiegel, Kugelschreiber, Töpfe, Hosenträger, Modegürtel, alte Sofas und einzelne Stühle bis zum reifenlosen Auto buchstäblich alles (jedenfalls die verwunderlichsten Dinge) gab. Micha hockte erst zwischen quietschenden Kindern vor dem Marionettentheater, bis er zur Geisterbahn ging. Prosper sah den Wettanglern am Südbollwerk zu, und Gérard machte den Rasenplatz beim stillgelegten Werkbahnhof unsicher. Dort wurde noch für das morgige Fußball-Freundschaftsspiel zwischen der Jugendmannschaft von Monton gegen die des Nachbarortes Segerac trainiert.
    Superhirn aber interessierte etwas anderes.
    Der Bürgermeister von Monton, Herr Ney, spielte vor den Tribünen beim Rathaus öffentlich Schach gegen den Lehrer Colinou. Dazu benutzten sie große, hohle Kunststoff-Figuren, die ihnen bis zum Bauch gingen, aber sehr leicht

Weitere Kostenlose Bücher