Erdwind
stirbst“, sagte das Mädchen.
„Moir“, rief Elspeth und umarmte sie. „Irgend etwas hat mich getroffen … als ich wegrannte …“
„Das hier“, sagte Darren und hielt das behauene Quarzmesser hoch. Die winzigen Kristalle des Steins glitzerten im Fackellicht. Das Messer war unvollkommen zugehauen, doch anscheinend war es ihm wertvoll, denn er hielt es vor ihr hoch, ließ es jedoch nicht los, als sie danach griff und es nehmen wollte.
„Vor ein paar Tagen habe ich mein Kristallmesser verloren“, sagte er, „jetzt habe ich Ersatz. Du hast Glück, daß du noch lebst, Elspeth.“
„Das will ich gern glauben“, antwortete sie. Sie berührte die wunde Stelle am Kopf, spürte verkrustetes Blut und eine schmerzhafte Beule unterm Haar. „Wo sind wir übrigens?“
„In einem Tunnel nicht weit vom crog. Wir sind schon zwei Tage hier.“
„Zwei Tage!“
„Es kommt einem länger vor“, sagte Moir lächelnd. „Du hast geschrien und um dich geschlagen. Du bist sehr schwer zu pflegen.“
„Und ich bin fast verhungert“, sagte Elspeth laut, als ihr das auf einmal klar wurde. „Wer erjagt mir was?“
„Ich“, sagte Darren, „aber erwarte nicht zuviel. Eine ganze Menge von meinen Leuten suchen uns – und auch ein paar von deinen. Ich muß mich vorsehen.“
„Der crog hat seine Tore geschlossen“, erzählte Moir. (Darren war schon eine Weile weg, und Elspeth wollte unbedingt wissen, wie die Dinge draußen standen.) „Und das Schiff ist weg. Es ist an dem Tage abgeflogen, als wir dich vor den Aerani-Kriegern gerettet haben. Die Aerani haben anscheinend große Angst, aber sie suchen das Land ab, um uns zu töten. Drei von deinen Leuten sind hiergeblieben. Zwei junge Krieger und ein älterer schwarzhaariger. Er ist der Führer. Wir drei sind jetzt wohl Verbannte.
Ich glaube nicht, daß die vom crog noch viel länger nach uns suchen werden, aber wir müssen uns vor den drei anderen vorsehen. Sie streifen jetzt in den Bergen umher, aber ich glaube, sie suchen nach dir. Darren glaubt auch, daß zwei oder drei ältere Krieger den crog verlassen, um ehrenvoll im Schneeland zu sterben; und auch die werden nach uns suchen, wenn sie gehen. Daher meine ich, wir sollten so weit wie möglich von hier weg. Darren will die Marsch erkunden und sehen, was für Land dahinter liegt. In den Bergen dürfen wir uns vorläufig nicht mehr sehen lassen.“
„Nein“, sagte Elspeth. Darren hörte auf zu essen und blickte sie scharf an.
„Du wirst tun, was ich sage!“ rief er böse.
„Ich denke nicht daran. Und Moir auch nicht. Nicht wahr, Moir?“
Moir war nicht wohl bei diesem Disput; sie drehte und wand sich, als Darren aufsprang und auf sie hinunterstarrte. Er schien nicht übel Lust zu haben, sie zu schlagen, doch Elspeth forderte ihn auf, sich zu beruhigen. Er sah sie finster an, wurde aber dann wieder friedlicher. „Wir machen es so, wie ich es sage“, wiederholte er jedoch.
„Tut mir leid, Darren“, entgegnete Elspeth gelassen, „aber ich meine, jetzt bin ich nicht mehr eine von euch. Ich bin jetzt wieder ich – Elspeth Mueller, eine Fremde vom Himmel. Und ich nehme von niemandem Befehle an, sei es Mann oder Frau. Und, Darren … ich werde auch nicht versuchen, Befehle zu geben. Ich gehe in die Berge, und wenn du und Moir mitkommen wollt – bitte sehr. Aber als Gleiche unter Gleichen, anders tue ich es nicht. Gleichberechtigung.“
„Ich gehe mit dir“, sagte Moir und starrte Darren an, der von einer zur anderen sah. Dann grinste er etwas verlegen.
„Na schön“, sagte er schließlich, „dann gehe ich voran.“
„Weißt du denn den Weg?“ fragte Elspeth.
„Ja, immer nach oben“, lachte er höhnisch. Elspeth lächelte zurück und erwiderte dann: „Ich will zur Erdwind-Höhle. Weißt du den Weg dorthin?“
Darren war offensichtlich schockiert. Moir starrte Elspeth mit großen Augen an.
„Was willst du denn da?“ fragte sie.
„Du bist verrückt“, fuhr Darren dazwischen, „dort traut sich nur Iondai hin.“
„Ich traue mich auch hin“, versetzte Elspeth und studierte die Schreckensmienen ihrer jungen Freunde mit einem gewissen Gefühl von Distanziertheit.
„Aber da sind Geister. Der Erdwind spukt in der Höhle. Wir sterben da, Elspeth!“ Moir sah ganz verzweifelt aus. Das wunderte Elspeth, denn sie hatte geglaubt, Moir sei viel zu jung, um die kultische Bedeutung der Symbole zu erfassen.
„Wenn wir sterben, sterben wir eben“, erwiderte Elspeth. „Ich bin fest
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