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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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zivilisierte Speisen dufteten.
    Zwei Aerani standen auf der äußeren Düne und starrten stumm auf die Fremdweltler. Sie konnte sie nicht erkennen, doch es waren jedenfalls Männer. Der eine war alt, der andere schien jung zu sein. Beide trugen Krummschwerter aus Knochen, auf denen manchmal der Schein der Schiffslichter gelblich aufblitzte. Elspeth rührte sich nicht, als die beiden Männer um die Brustwehr herumkamen und auf die Lichtung vor dem crog blickten. Sie sahen Elspeth nicht, und nach ein paar Minuten blieben sie wieder stehen, wechselten unhörbare Worte und verschwanden dann im Dünengraben.
    Elspeth schoß aus ihrem Versteck hervor und rannte um die Basis der äußeren Brustwehr bis zu der großen Lücke, die als Eingang diente. Ihr Schatten, den die Scheinwerfer des Schiffes gegen die Fläche des schwarzen Erdwalls warfen, der sich neben ihr erhob, war nur schwach. Daß sie vielleicht von den Fremdweltlern im Schiff beobachtet wurde, störte sie nicht weiter. Wenn sie sich in der Erdburg sehen ließ, würde man sie vielleicht sofort hinrichten. Dem aus dem Wege zu gehen, war ihre einzige Sorge. Immerhin – und das mußte sie sich ständig ins Gedächtnis zurückrufen – wußte sie ja nicht, inwieweit ihre Gesetzesübertretung, trotz allem, was Darren ihr gesagt hatte, den Aerani bekannt war.
    Das äußere Tor war nicht bewacht. Das war bedrückend, denn es zeigte, daß die Anwesenheit des Schiffes bereits Ritual und Sitte durcheinandergebracht hatte.
    Als sie in den Graben zwischen der inneren und der äußeren Wand kam, wurde das Rufen und Streiten lauter.
    In fast völliger Dunkelheit, obwohl eine Fackel, die in einiger Entfernung an der inneren Düne flackerte, spärliches Licht gab, das jedoch Elspeth nicht traf, kletterte sie an der inneren Wand hoch und spähte sehr vorsichtig zum glosenden Feuer hinunter. Die Luft war schwer vom Gestank der Fackeln, die in einem großen Kreis um die Feuergrube und auch um die Krone der inneren Düne brannten. Die Feuergrube selbst war kalt und leer, um sie saßen Gruppen von Männern und Frauen, alten und jungen (viele waren in die einfachen Mäntel gewickelt, welche die Aerani aus dem Leder der Schwarzflügler machten); es waren ihre Stimmen, die so laut tönten. In einiger Entfernung saßen oder standen in besonderen Gruppen die übrigen Angehörigen des crog und sahen lautlos zu; Reihen eindrucksvoller Gesichter, die den Streit beobachteten. Jenseits der niedrigen Decke aus Blaurindenstämmen über der eigentlichen Feuer-Halle glommen ein paar Feuer zwischen den zusammengedrängten Schlafstätten des Dorfes. Irgendwo dazwischen werkte der einsame Künstler geräuschvoll und eifrig.
    In der mittleren Gruppe, direkt unter ihr, saßen sich zwei wütende Männer gegenüber. Elspeth glaubte, Darrens böses Gesicht zu erkennen, doch in dem ungenügenden Fackellicht war es schwer auszumachen. Den anderen Mann, der mit dem Rücken zu ihr saß, konnte sie überhaupt nicht identifizieren. Sie rutschte die Düne wieder hinunter in den Graben, rannte herum zum inneren Tor und schlich sich hinein, unbemerkt, wie sie hoffte, obwohl sie ja jetzt das Recht hatte, hier zu sein. Eine Hand berührte sie, und sie sprang vor Angst in die Höhe; doch als sie sich umdrehte – bereit, um ihr Leben zu kämpfen –, da war es Moir, die sie tränenüberströmt ansah.
    „Sie werden kämpfen“, schluchzte sie. „Oh, Elspeth, sie kämpfen wegen der Ehre, und Darren wird bestimmt gewinnen …“
    Kämpfen wegen der Ehre. Elspeth wurde richtig übel bei diesen Worten. Dann fragte sie: „Darren wird kämpfen?“ Sie spähte in die Menge, doch sie konnte den jungen Mann nicht sehen. „Aber wenn du meinst, er gewinnt – warum regst du dich dann so auf?“
    „Er kämpft gegen Engus“, antwortete sie, und aufs neue flossen ihre Augen von Tränen über. Jetzt wußte Elspeth, wer der Untersetzte war, der mit dem Rücken zu ihr saß: Engus, Moirs Liebster, ihr ‚fester Mann’. Und Darren, ihr Bruder. Bei der starken Familienbindung der Aerani mußte ihr dieses Duell, ganz gleich wie es ausging, tödlichen Schmerz bereiten.
    Arme Moir.
    Elspeth nahm sie in die Arme, alle Gedanken um die eigene Sicherheit waren weg. Nach einiger Zeit zog sich die Menge von der Feuerstelle zurück. Nur Darren und Engus blieben am Rande der Grube hocken und starrten wortlos in die tote Asche des Feuers von gestern.
    Elspeth setzte sich auf die Basis der inneren Düne. Still weinte Moir an ihrer Brust. Mann

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