Erdwind
brocken. Erstau n lich.“
„Die Ecksteine der irischen Gräber waren voll von dieser Orn a mentik, und auf manchen war ganz deutlich ein Fokus zu erke n nen.“
„Bei den Einzelspiralen denkt man an diese Areale, j a wohl … ich hätte es merken müssen … und diese schwa n kenden Linien sind Abweichungen in den Strömen. Aber …“ Er sah sie an. „Mehrere Foci in einem Areal? Mehrere F o kalsteine unter den Grundste i nen von ein und demselben Grab? Sie müssen nach dem Einme i ßeln dorthin gebracht worden sein oder nachdem das Ornament in die kristallin i sche Struktur ei n geschlossen wurde.“
„Offenbar. Und doch sehen Sie die Hauptsache nicht: Woher hat ein primitives Volk eine so ausgeklügelte We l lenform? Erst Ta u sende von Jahren nach dem Untergang der irischen Kultur wurde die Erdenergie sichtbar gemacht.“
Beide starrten auf den Felsen. Ashka erwiderte: „Eine solche Frage liegt auf der Hand. Vielleicht lautet die An t wort, daß pr i mitive Völker von Natur aus mit der Erdenergie vertraut waren, daß ihnen jedoch diese Vertrautheit im Laufe der Zeit abhanden kam; vielleicht sollte man lieber fragen, warum der zivilisierte Mensch gewisse alte Fähigkeiten der Wahrne h mung verloren hat?“
„Um sie mittels der Wissenschaften neu zu entdecken. Und dann hier, wo er wieder in eine Steinzeitkultur zurüc k gefallen ist. Ja. Das ist ebenfalls eine auf der Hand liegende Frage.“
„Ich bin Rationalist und kein Erneuerer“, erwiderte Ashka spitz. Sie gingen zum Fluß zurück. „Mit solch einem B e wußtsein müßte dieses Volk ein Orakel haben, ein spezif i sches Konzept von Zeit und Voraussage.“
„Das hat es“, bestätigte Elspeth. „Sie waren in der Feuer-Halle mit ihrem Seher zusammen.“
„Ah!“ nickte Ashka, befriedigt, weil seine Vermutungen zutr a fen. „Es würde mich sehr interessieren, das hiesige Orakel zu sehen. Ist es von irgendwie bekannter Art?“
„Ich habe es niemals gesehen“, gestand Elspeth, „obwohl ich mich so verhalten habe, wie es vorausgesagt hat. Ich h a be das Gefühl, daß es ziemlich anders ist als das ching.“ Die Untertre i bung des Jahres, dachte sie. Sollte sie ihm sagen, daß das Orakel absolute Voraussagen gegeben hatte? Nein, das würde die Übe r raschung verderben.
„Eine Spirale“, sagte sie, als sie sich längs des Flußufers durch den Wald arbeiteten, „würde wahrscheinlich ein Ko n zept der Seele symbolisieren – sie beginnt mit dem unen d lich Kleinen und wächst ins unendlich Große.“
Einen Augenblick hielten sie an, um zu Atem zu ko m men, und blickten aus dem Gebüsch über das fließende Wasser. Dann sagte Elspeth: „Aber ich bin noch nicht ganz sicher. Was mich so fe s selt, ist die Unterschiedlichkeit der Spiralformen. Da gibt es do p pelte Spiralen, die ganz etwas anderes bedeuten müssen, und dann gibt es Spiralengruppen in augenförmigen Mustern, wissen Sie – zwei Augen gewi s sermaßen. Also, was bedeutet das? Und am häufigsten …“ Sollte sie es ihm sagen?
„Und am häufigsten?“ stieß er nach.
Es wurde jetzt sehr rasch dunkel. „Am häufigsten? Drei ve r schlungene Doppelspiralen im Dreieck.“
Peter Ashka blieb stehen; Elspeth wandte sich um und sah ihn an. Im Zwielicht des Aeran war der ganze Planet voller Geräusche; der Wind im Walde übertönte alles.
„Dieses Symbol habe ich in der Feuer-Halle gesehen“, sagte der Rationalist; „ein sehr faszinierendes Ornament.“
„Sie nennen es den Erdwind, und es bezeichnet etwas sehr Sign i fikantes, von den einfachen Kreisen und Spiralen Verschiedenes. Aber was, das weiß ich nicht. Die Eingeb o renen scheinen … nicht direkt Angst davor zu haben, aber sie strä u ben sich, darüber zu sprechen.“
„Ein Gott-Symbol.“
„Nein. Etwas sogar noch Größeres.“
„Ist das intuitives Gerede, oder haben Sie Beweise?“
Elspeth lächelte in den grauen Abend. „Intuition. Aber ich muß herausfinden, was der Erdwind ist.“
„Die dreifache Spirale, die eine besondere Art von Dreie i nigkeit bedeutet, hat mich an ein Zeichen erinnert, das in zah l reichen taoistischen Kunstwerken auftaucht – eine Sp i rale bedeutet ching, oder die ‚Wandlung’, die einen ästhet i schen Impuls gibt, die Motivationskraft aller inneren küns t lerischen Konze p tion und Inspiration. Die zweite bezieht sich auf shen, den leuchtenden inneren Geist, der die G e danken und Gefühle des Individuums und seinen Sinn für persönliche Identität umfaßt. Die dritte
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