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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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sich von hinten an sie heranschlichen. Morgon fing ihre Witterung auf, die schwer und beißend im Wind lag. Wie rasend stürzte er ihnen entgegen und stieß dabei ein Geräusch aus, das er nie zuvor von sich selbst gehört hatte.
    Die Wölfe stoben auseinander und verschwanden zwischen den Felsen. Nur einer von ihnen, toll vor Hunger, schnappte nach Morgons Gesicht und fuhr dann herum, um die gefangene Vesta anzufallen. Wut schoß in Morgon hoch. Mit beiden Hinterläufen schlug er aus. Die scharfen Hufe trafen den Kopf des Wolfes und zerschmetterten ihn. Blut spritzte in den Schnee. Der widerliche, süßliche Geruch schlug über ihm zusammen; in einer plötzlichen Verwirrung der Instinkte fiel die Gestalt der Vesta von ihm ab, und er stand, ein Mensch jetzt, barfuß im Schnee und kämpfte gegen eine Welle der Übelkeit.
    Er drehte sich gegen den Wind und kniete vor der Vesta nieder. Mit den Händen grub er im Schnee unter ihren Hörnern und entdeckte den versteckten Ast, in dem sich das Gehörn verfangen hatte. Er hob einen Arm, um die Vesta streichelnd zu beruhigen, und blickte in ein blindes Auge.
    Er hockte sich auf die Fersen. Der Wind zerrte an seinem dünnen Kittel und strich mit eisigen Fingern über seinen Körper, doch er merkte es nicht. Neugierig versuchte er in die Tiefen der Seele einzudringen, die hinter dem blinden Auge war, und die Art, wie sich ihm rasch und geschickt alle Gedanken entzogen, verriet ihm, was er wissen wollte.
    »Suth?«
    Reglos beäugte ihn die Vesta.
    »Ich habe Euch gesucht.«
    Finsternis überschwemmte seinen Geist. Verzweifelt kämpfte er dagegen an, wußte nicht, wie er jenem einen, unerbittlichen Befehl entgehen sollte, der sich unablässig bohrend wiederholte wie das Tropfen von Wasser in einer stillen Höhle. Er spürte, wie seine Hände unter den Schnee glitten und an dem Ast rissen. Abrupt verließ ihn der Impuls. Er spürte, wie seine Seele durchforscht wurde und rührte sich nicht, bis der fremde Geist sich zurückzog und er wieder den Befehl hörte: Befreie mich.
    Er riß den Ast los. Die Vesta richtete sich auf, warf den Kopf zurück. Dann löste sie sich auf. Ein Mann stand vor ihm, hager und hochgewachsen. Sein weißes Haar flatterte im Wind. Das eine gesunde Auge funkelte graugolden.
    Die Hand des Mannes strich über Morgons Gesicht, suchte die Sterne. Der Mann hob Morgons Hand, drehte sie mit der Fläche nach oben, zeichnete mit einem Finger die Narben darauf nach, und etwas wie ein Lächeln flammte in seinem Auge auf.
    Dann legte er Morgon die Hände auf die Schulter, als wollte er sein Menschsein spüren, und sagte ungläubig: »Hed? Der Stern der Hoffnung, den ich vor tausend Jahren und früher erblickte, ist ein Fürst von Hed?« Seine Stimme war tief, wie die Stimme eines Windes; wie eingerostet. »Ihr seid bei Har gewesen; er hat Euch mit seinem Mal gezeichnet. Gut. Ihr werdet alle Hilfe brauchen, die Ihr bekommen könnt.«
    »Ich brauche Eure Hilfe.«
    Der schmale Mund des Zauberers verzog sich.
    »Ich kann Euch nichts geben. Har hätte sich etwas Gescheiteres einfallen lassen sollen, als Euch nach mir zu schicken. Er hat zwei gesunde Augen; er hätte es sehen müssen.«
    »Ich verstehe Euch nicht.« Jetzt begann er die Kälte zu spüren. »Ihr habt Har mehrere Rätsel gegeben; ich brauche die Lösungen. Warum habt Ihr Lungold verlassen? Warum versteckt Ihr Euch selbst vor Har?«
    »Warum verbirgt sich wohl einer selbst vor dem, der seinem Herzen am nächsten ist?« Die mageren Hände schüttelten ihn ein wenig. »Seht Ihr’s denn nicht? Nicht einmal Ihr? Ich bin gefangen. Ich bin tot, da ich mit Euch spreche.«
    Morgon starrte ihn schweigend an. Hinter dem Funken des Gelächters in dem einen Auge lauerte eine Leere, die bedrük- kender war als die der nördlichen Einöden.
    »Ich verstehe Euch nicht«, sagte er wieder. »Ihr habt einen Sohn; Har kümmert sich um ihn.«
    Der Zauberer schloß die Augen. Er holte tief Atem.
    »So. Ich hoffte, daß Har ihn finden würde. Ich bin so müde, ich bin dies alles so leid. Sagt Har, er soll Euch lehren, Euch vor dem Zwang zu hüten. Wie kommt ausgerechnet Ihr zu den drei Sternen im Gesicht, wie seid ausgerechnet Ihr in dieses Spiel des Todes hineingeraten?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Morgon gepreßt. »Ich kann ihnen nicht entkommen.«
    »Gern möchte ich das Ende sehen; ja, ich möchte es sehen - Ihr seid so unglaublich, daß Ihr das Spiel vielleicht gewinnen werdet.«
    »Was für ein Spiel? Suth, was ist

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