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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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geistigen
    Banden fesselten und die Zauberbücher jener bannten, die sich in der Kunst der Hexerei übten, wie Madir und Peven. «
    »Und Ylon? Wer war er?«
    Rendel bückte sich, um das Stück Schnur aufzuheben. Sie wand es um ihre Finger und zog leicht die Brauen zusammen, als sie spürte, wie die Schlingen ihr trügerisch glatt und ohne Widerstand durch die Hände liefen.
    »Ein Rätsel.«
    Wenig später kam Imer, um Lyra abzulösen. Dankbar legten sich Lyra und Rendel zu Bett. Das sachte Schlingern des Schiffs auf der ruhigen See schläferte Rendel rasch ein. Bei Tagesanbruch, noch ehe die Sonne aufgegangen war, erwachte sie. Sie zog sich an und ging an Deck. Das Meer, die Luft, die lange zackige Linie der Küste von Ymris schimmerten grau unter dem morgendlichen Himmel; die Nebel am weiten, öden östlichen Horizont färbten sich langsam weiß im Licht der tastenden Sonnenstrahlen. Die letzte der Wächterinnen, die mit schläfrigen Augen auf ihrem Posten stand, warf einen Blick zum Himmel und machte sich auf den Weg zur Kabine.
    Rendel, die in dieser Welt ohne Farbe das Gefühl hatte, richtungslos dahinzutreiben, trat an die Reling. Sie sah ein winziges Fischerdorf, eine Handvoll von Häusern, die sich von den knochenbleichen Felsen abhoben, namenlos in fremdem Land; eine kleine Flotte von Booten schob sich langsam aus dem Hafen zum offenen Meer hinaus. Ein Möwenschwarm kreiste kreischend über dem Schiff, blitzte grau und weiß im Morgenlicht, schoß dann südwärts davon. Sie fragte sich, ob die Vögel wohl nach An flögen. Ihr war kalt, und sie fühlte sich ohne Sinn und Ziel, als hätte sie ihren Namen zusammen mit all ihren Besitztümern in Anuin zurückgelassen. Würgendes Husten an der Reling veranlaßte sie, sich umzudrehen. Stumpf starrte sie auf das fremde Gesicht, fürchtete einen Moment lang, sie hätte ein Schiff voll von Gestaltwandlern aus dem Hafen entführt. Aber kein Gestaltwandler, sagte sie sich, hätte sich absichtlich in ein so unglückseliges junges Mädchen verwandelt. Sie wartete, bis das Mädchen sich den Mund wischte und sich dann bleich niedersetzte wie ein Häufchen Unglück. Die Augen des Mädchens schlössen sich. Rendel, die sich erinnerte, welche Qualen Rood ausstand, wenn er zu Schiff reiste, machte sich auf die Suche nach einem Eimer. Als sie mit dem Kübel zurückkehrte, erwartete sie beinahe, daß sich die Erscheinung in Luft aufgelöst haben würde, doch das Mädchen hockte noch da, klein und unauffällig, wie ein Bündel alter Lumpen.
    Rendel kniete nieder, und das Mädchen hob den Kopf. Sie öffnete die Augen und machte ein beinahe zorniges Gesicht, als hätten sich See und Schiff gegen sie verschworen. Ihre Hand zitterte, als sie den Eimer nahm. Es war eine schmale Hand, kräftig, braun gebrannt und schwielig, zu groß noch für den gertenschlanken Körper. Das Mädchen leerte den Eimer und lehnte sich wieder an die Reling.
    »Ich danke Euch«, flüsterte sie und schloß wieder die Augen. »Nie in meinem ganzen Leben habe ich mich so gräßlich gefühlt.«
    »Das geht vorbei. Wer bist du? Wie bist du auf dieses Schiff gekommen?«
    »Ich kam - ich kam gestern abend. Ich versteckte mich in einem der Ruderboote unter der Persenning bis - bis ich es nicht mehr aushallen konnte. Das Schiff schwankte auf die eine Seite und da’s Boot auf die andere. Ich dachte, ich müßte sterben.«
    Sie schluckte krampfhaft, öffnete die Augen und drückte sie rasch wieder zu. Die wenigen Sommersprossen auf ihrem Gesicht hoben sich scharf von der bleichen Haut ab. Rendel entdeckte etwas in den Linien ihres Gesichts, in dem anmutigen und doch ausgeprägten Schnitt ihrer Züge, das ihr plötzlich den Atem stocken ließ.
    Das Mädchen sog einen Windhauch ein und fuhr fort: »Ich suchte gerade nach einer Unterkunft für die Nacht, als ich Euch bei den Lagerhäusern sprechen hörte. Und da bin ich - da bin ich Euch einfach an Bord gefolgt, weil ihr dorthin fahrt, wo ich hin möchte.«
    »Wer bist du?« flüsterte Rendel.
    »Tristan von Hed.«
    Rendel kauerte sich nieder. Ein Bild von Morgons Gesicht, klarer, als sie es seit Jahren gesehen hatte, überlagerte flüchtig die Züge Tristans; sie verspürte einen brennenden Schmerz, der nur allzu vertraut war. Tristan betrachtete sie mit einem seltsam sehnsuchtsvollen Ausdruck; dann wandte sie hastig ihr Gesicht ab und kuschelte sich ein wenig tiefer in ihren einfachen, formlosen Umhang. Sie stöhnte auf, als das Schiff einen Wellenberg

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