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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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König«, fügte sie ein wenig nervös hinzu, während sie über Lyras Schulter spähte, »kommt an Bord.«
    Rendel, die sich umdrehte, spürte, wie Tristan sie am Arm packte. Auf den ersten Blick wirkte der König furchterregend - dunkel, streng und mächtig. Sein Panzerhemd glitzerte wie das silberne Schuppenkleid eines Fisches unter einem blauschwarzen Umhang, der mit silbernen Stickereien durchwirkt war. Der weißhaarige Mann, der auf dem Kriegsschiff gestanden hatte, begleitete ihn. Nur eines seiner weißen Augen war sehend, das andere war geblendet von etwas, das er gesehen hatte. Wie sie so nebeneinanderstanden, spürte sie das feste Band zwischen ihnen, wie das Band zwischen Duac und Mathom, und sie erkannte mit einem Hauch von Bestürzung den wunderlichen Landerben des Königs von Ymris. Sein gesundes Auge glitt plötzlich zu ihrem Gesicht, als hätte er ihr Erkennen gefühlt.
    Der König betrachtete sie einen Moment lang stumm. Dann sagte er mit schlichter, unerwarteter Güte: »Ich bin Heureu Ymris. Dies ist mein Landerbe, mein Bruder Astrin. Der Kapitän hat mir gesagt, wer Ihr seid, und daß Ihr unter seltsamen Umständen zusammen reist. Er hat um Begleitschutz für Eure Fahrt längs der Küste von Ymris gebeten, da wir uns ja im Kriegszustand befinden. Sieben meiner Kriegsschiffe sind gerüstet, bei Tagesanbruch nach Meremont in See zu stechen. Sie werden Euch südwärts begleiten. Bis dahin seid Ihr in meinem Land und in meinem Hause willkommen.«
    Er schwieg abwartend.
    »Hat Bri Corvett Euch gesagt, daß wir sein Schiff mit Gewalt genommen haben?« fragte Lyra abrupt, das Gesicht leicht gerötet. »Daß wir - daß ich - daß keine der Wachen der Morgol mit ihrem Wissen handelt? Ich möchte, daß Ihr Euch ganz klar darüber seid, wen Ihr in Eurem Hause willkommen heißt.«
    Ein Funken von Überraschung flackerte in seinen Augen, dann sagte er freundlich: »Meint Ihr nicht, daß Ihr genau das tun wolltet, was viele von uns in diesem vergangenen Jahr tun wollten? Ihr habt gehandelt, wir nicht. Ihr werdet mein Haus mit Eurer Anwesenheit ehren.«
    Sie folgten ihm und seinem Landerben den Laufsteg hinunter; er machte sie mit den Rittern von Marcher und Tor bekannt und mit dem rothaarigen Ritter von Umber, während ihre Pferde vom Schiff geführt wurden. In müdem, wenig ansehnlichem Zug folgten sie dem König.
    Lyra, die neben Rendel ritt, flüsterte, die Augen auf den Rücken von Heureu Ymris geheftet: »Sieben Kriegsschiffe! Er läßt sich wirklich auf nichts ein. Wie wäre es, wenn Ihr vor ihnen einen goldenen Faden ins Wasser werft?«
    »Ich überlege«, murmelte Rendel.
    Im Hause des Königs führte man sie in kleine, helle, reichlich ausgestattete Gemächer, wo sie sich frischmachen und ruhen konnten. Rendel, besorgt, wie Tristan in diesem großen, fremden Haus zurechtkommen würde, blieb an der Seite des Mädchens. Ohne der Betulichkeit der Diener und der Üppigkeit zu achten, die sie umgab, kroch Tristan dankbar in ein Bett, das nicht schaukelte. In ihrem eigenen Gemach wusch sich Rendel den salzigen Schaum des Meeres aus dem Haar und ging dann, zum erstenmal seit Tagen mit dem Gefühl, sauber und frisch zu sein, zum offenen Fenster, um ihr Haar trockenzukämmen. Ihr Blick wanderte über das wirre Netzwerk belebter Straßen, fand die alte Stadtmauer, in die hier und dort Tore und Torbögen eingelassen waren. Die Stadt ging schließlich in Ackerland und Wälder über, in Obstpflanzungen, die wie mit sanftem Pinselstrich gefärbte Wolken in der Ferne standen. Als ihr Blick dann wieder nach Osten schweifte, zum Meer hin, sah sie etwas, das sie veranlaßte, ihren Kamm niederzulegen und sich weit aus der Fensteröffnung hinauszulehnen.
    Auf einem Felsplateau unweit der Stadt erhob sich gigantisch und rätselhaft uraltes Mauerwerk. Wie eine halbvergessene Erinnerung stand es da oder wie die Bruchstücke eines unvollständig überlieferten Rätsels. Die Steine erkannte sie, schön, massig, sprühend von Farbe. Das Bauwerk selbst, in seiner Gewaltigkeit weit über die Bedürfnisse des Menschen hinausgehend, schien mit der Leichtigkeit, mit der sie reife Äpfel aus einem Baum geschüttelt hätte, zerschmettert worden zu sein. Sie schluckte trocken, während die Erinnerung an Sagen und Geschichten erwachte, die ihr Vater sie gelehrt hatte, an kurze Bemerkungen in einem von Morgons Briefen, vor allem aber an die Nachricht, die Elieu von Isig mit heruntergebracht hatte, das Erwachen der Kinder der Erdherren in

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