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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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ohnehin sehr geschickt an, wenn man bedachte, dass sie ein Neuling unter den Computerspielern war. Im Unterschied zu Nick hetzte sie den Namenlosen nicht herum, bis seine Ausdaueranzeige am Limit war, sondern teilte sich die Kraft ein. Erst nach etwa zwanzig Minuten des Herumirrens wandte sie sich wieder an Nick. »Gibt es ein Ziel? Oder ist es eine Geduldsprobe?«
    »Es gibt ein Ziel. Irgendwo hier ist ein Feuer und jemand, mit dem du dich unterhalten kannst.«
    Was für Nick damals der Baum gewesen war, auf dem er sich Überblick verschafft hatte, war für Emily ein hoher Felsen. Der Namenlose kletterte hinauf, erstmals sank die Ausdaueranzeige ein wenig. Doch die Aussicht bot dafür Entschädigung genug. Ringsum ein Meer aus Baumwipfeln, zur Rechten ein Hügel mit Lichtpunkten, die auf die Existenz einer Siedlung hindeuteten.
    »Da!«, rief Nick und deutete mit dem Finger auf ein schwaches goldgelbes Leuchten zwischen den Bäumen. »Da musst du hin!«
    Erst Emilys erstaunt-amüsierter Blick brachte ihm zu Bewusstsein, wie aufgeregt er wirken musste.
    »Also … da hinten geht es weiter. Falls es dich interessiert.«
    Auf dem Weg zu der kleinen Feuerstelle stieß auch Emily auf ein Hindernis. Anders als bei Nick war es keine Erdspalte, sondern ein Wall, der sich nicht überklettern ließ, denn jedes Mal wenn der Namenlose sich daran festhielt, um sich hochzuziehen, bröckelten Steine und Erde herab.
    »Und jetzt?«, fragte Emily nach dem fünften vergeblichen Versuch.
    »Du musst lernen, solche Probleme zu lösen. Das wird noch sehr oft nötig sein. Du musst dir vorstellen, es wäre real. Was würdest du dann tun?« Nick kam sich wie ein bescheuerter Lehrer vor, doch er wollte, dass Emily begriff, wie toll und wie lebensecht hier alles war.
    Und Emily begriff schnell. Sie ließ den Namenlosen kleine Felsbrocken heranschleppen, wobei sie immer seine Ausdaueranzeige im Auge behielt, ihm kleine Pausen gönnte und den Wall schließlich ohne Probleme überkletterte.
    Auf der anderen Seite konnten sie bereits das Flackern des Lagerfeuers sehen. Nick erkannte auch den dunklen Schatten, der sich daneben abzeichnete. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Er würde Emily jetzt keine Tipps mehr geben. Sie sollte selbst sehen, was Erebos alles konnte.
    Der Mann am Feuer rührte sich nicht, als der Namenlose langsam näher kam. Doch die silbrig schimmernden Worte erschienen am Rand des Bildschirms.
    »Sei gegrüßt, Namenloser. Ich habe dich erwartet.«
    Das hatte er bei Nick damals nicht gesagt. Ihn hatte er für seine Geschwindigkeit gelobt. Und für seinen Einfallsreichtum.
    Emily führte ihre Spielfigur näher an den Mann heran, versuchte, unter die schwarze Kapuze zu lugen. Doch da hob er schon von selbst den Kopf. Das schmale Gesicht mit dem kleinen Mund hatte Nick beinahe schon wieder vergessen; der Mann war später im Spiel nie wieder aufgetaucht.
    »Du bist neugierig. Das kann dir helfen oder dich vernichten, Namenloser. Dessen solltest du dir bewusst sein.«
    Emily warf Nick einen verunsicherten Blick zu.
    »Möchtest du weitergehen?«, fragte der Mann. »Nur wenn du dich mit Erebos verbündest, kannst du es mit ihm aufnehmen. Das solltest du wissen.«
    Immer noch ratlos sah Emily zwischen Nick und dem Bildschirm hin und her.
    »Er wartet auf eine Antwort«, sagte Nick und deutete auf die Tastatur.
    »Im Ernst?«
    »Ja. Probier es aus, du wirst schon sehen.«
    Emily legte ihre Finger auf die Tasten, zögerte erst, dann tippte sie.
    »Was bedeutet es, mich mit Erebos zu verbünden?«
    Der Mann stocherte mit seinem Stab im Feuer herum. Funken stoben auf, stiegen in die Luft, verglühten.
    »Es bedeutet, Grenzen zu überschreiten, Grenzen zu überwinden. Was es am Ende wirklich bedeutet, hängt von dir ab.«
    Emily nahm die Finger von der Tastatur und sah Nick verblüfft an. »Er hat mir gerade eine Antwort gegeben. Wie funktioniert das?«
    »Keine Ahnung«, sagte Nick. »Das ist eine der Besonderheiten bei diesem Spiel.« Er unterdrückte ein Lächeln, weil er buchstäblich sehen konnte, wie Emily Feuer fing.
    Nun setzte auch eine zarte Melodie ein, etwas mit Flöten und Geigen, sehr sanft, sehr verführerisch. Erstaunlich war nur, dass es eine Melodie war, die Nick während seiner Zeit bei Erebos nie gehört hatte. Kein einziges Mal.
    »Würden Sie mir raten, mich mit Erebos zu verbünden?«, tippte Emily. »Würden Sie mir raten weiterzugehen?«
    Der Mann sah Emily lange und unverwandt an.
    »Nein.«
    »Warum

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