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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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nicht?«
    »Weil die Dunkelheit voller Tücken und Abgründe ist. Aus manchen kommt man nicht wieder heil heraus. Manche verschlingen einen für immer.«
    Es schien Nick, als hätte Emily seine Anwesenheit völlig vergessen. Sie starrte auf die Worte des Mannes, ihre Hände schwebten über der Tastatur und schließlich stellte sie die gleiche Frage, die schon Nick gestellt hatte.
    »Wer sind Sie?«
    Der Mann legte nachdenklich den Kopf zur Seite, ohne Emily aus den Augen zu lassen.
    »Ich bin ein Toter. Nichts weiter.«
    Emily atmete hörbar ein.
    »Wenn Sie tot sind, was machen Sie dann hier?«
    »Ich warte und wache. Willst du nun weitergehen? Oder kehrst du um?«
    Seine Augen waren grün, stellte Nick fest, und sie waren so lebensecht, dass er hätte schwören können, sie schon einmal gesehen zu haben. In einem Gesicht aus Fleisch und Blut.
    »Ich gehe weiter«, schrieb Emily. »Das hatten Sie erwartet, oder?«
    »Alle gehen weiter«, sagte der tote Mann. »Wende dich nach links und lauf den Bach entlang, bis du zu einer Schlucht kommst, die du durchwanderst. Danach … wirst du weitersehen.«
    Das hat er mir auch gesagt, erinnerte sich Nick. Aber das war noch nicht alles.
    »Und achte auf den Boten mit den gelben Augen.«
     
    Nick warnte Emily vor den angriffslustigen Kröten, die ihm so zugesetzt hatten, doch als sie die Schlucht erreicht hatte, kam der Gegner von oben. Kleine, aber höchst bissige Fledermäuse umschwirrten den Namenlosen und schnappten mit spitzen Zähnen zu. Der rote Balken der Lebensanzeige sank beständig.
    »Du musst deinen Stock verwenden! Drück die linke Maustaste!« Nick musste sich beherrschen, um Emily nicht die Maus aus der Hand zu nehmen und die Fledermäuse selbst zu killen. »Mit Escape schüttelst du sie ab. Mit Space springst du.«
    Es dauerte einige Zeit und kostete den Namenlosen eine Menge Blut, doch am Ende hatte Emily alle Fledermäuse erlegt.
    »Das Fleisch kannst du mitnehmen«, erklärte Nick. »Später in der Stadt lässt es sich verkaufen.«
    Achselzuckend steckte Emily die Überreste ein. »Und jetzt?«
    Doch in ihre Frage mischte sich bereits der Klang sich nähernder Hufschläge. Nick duckte sich unwillkürlich. Was würde der Bote sagen, wenn er ihn hier sähe? Im nächsten Moment schüttelte er über sich selbst den Kopf. Er kann mich nicht sehen. Er sieht nur den Namenlosen. Ich hin wirklich bescheuert.
    Emily ließ ihre Spielfigur weiter die Schlucht entlanggehen. Da vorn war die Felswand, in deren Mitte die Höhle klaffte; auf dem Vorsprung genau davor wartete bereits die vertraute Gestalt des Boten auf seinem gepanzerten Pferd.
    »Wow, ist der gruselig«, flüsterte Emily.
    Der Bote sah dem Namenlosen regungslos entgegen, das Pferd schien unruhig, es stampfte auf und schnaubte.
    »Sei gegrüßt, Namenloser. Für den Anfang hast du dich gut geschlagen.«
    »Das freut mich«, tippte Emily.
    »Allerdings solltest du dich weiter im Kampf üben, sonst wird dir kein langes Leben beschieden sein.«
    »In Ordnung.«
    Der Bote wandte seinen Blick vom Namenlosen ab und sah Emily an, die unwillkürlich mit ihrem Stuhl zurückrutschte.
    »Es ist Zeit, dass du einen Namen erhältst. Zeit für den ersten Ritus.«
    »Was muss ich tun?«
    Der Bote wies mit seinen knochigen Fingern auf die Höhle hinter ihm.
    »Geh hinein. Alles andere wird sich weisen. Ich wünsche dir Glück und die richtigen Entscheidungen. Wir sehen uns wieder.«
    Er riss sein Pferd herum und galoppierte davon, auf einem schmalen, kaum sichtbaren Pfad hoch über dem Kopf des Namenlosen.
    »Ich vermute, ich muss diese Treppe hier hinauf, oder?«, fragte Emily.
    »Ja. Die Treppe hinauf und in die Höhle hinein.«
    Der Namenlose verschwand in der Dunkelheit des Berges und der Computerbildschirm verfinsterte sich.
    »Das dauert jetzt wieder seine Zeit«, sagte Nick. »Da darf man nicht nervös werden.«
    Emily ruckelte mit der Maus hin und her, doch nirgends war ein Mauszeiger zu sehen.
    »Es ist wahnsinnig echt«, sagte sie nach einiger Zeit. »Ich hatte den Eindruck, dieser Bote sieht mich richtig an. Als hätte er mir zeigen wollen, dass er genau weiß, es kommt nicht auf die Spielfigur an, sondern auf den, der sie führt.«
    »Das wird noch öfter so sein.«
    Sie betrachteten ihre Spiegelungen im Bildschirm.
    »Ist dieser erste Ritus schwierig? So wie das mit den Fledermäusen?«
    »Nein, ganz anders. Du wirst gleich sehen.«
    Tocktock! Tocktock!
    »Klingt wie ein Herzschlag. Was ist das?«
    »Das heißt

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