Erebos
Mensch, nein, wie witzig. Und lächerlich, findest du nicht?«, meint er zur Begrüßung.
»Nein, gar nicht.«
»Oh, oh, oh. Und eine Bardin dazu. Hältst wohl nicht viel vom Kämpfen? Trällerst lieber herum?«
Emily ignorierte den Gnom und suchte das nächste Kupferschild.
»Wähle deine Fähigkeiten.«
»Heilen ist Mist«, sagte Nick sofort. »Das geht auf deine eigene Lebenskraft. Hab ich genommen und es war echt ein Fehler.«
Der Mauszeiger kreiste um die Worte herum: Kraft, Ausdauer, Todesfluch, Schleichen, Feuer machen, Eisenhaut, Klettern …
»Heilen scheint mir das Beste davon zu sein«, meinte Emily nach einer Weile, in der der Gnom mal nach rechts, mal nach links gehüpft war und dabei wilde Grimassen gezogen hatte. »Man spielt doch mit anderen, oder? Einmal heile ich jemanden, das nächste Mal heilt er mich. Finde ich sehr praktisch.«
»Aber so läuft es nicht!«, rief Nick. »Du musst vor allem darauf achten, selbst weiterzukommen. Wenn du dich schwächst, klappt das nicht.«
Der Gnom drehte den Kopf. »Bist du allein, Menschenfrau? Befolgst du die zweite Regel? Antworte!«
»Natürlich bin ich allein. Wieso denn nicht?«, tippte Emily.
Sie war mit einem Mal blass und auch Nick fror plötzlich. Wie kam der Gnom darauf, so etwas zu fragen? Er konnte sie ja wohl kaum sehen oder hören, auf keinen Fall. Der Bote hatte das auch nicht gekonnt.
»Ich brauche zu lange«, murmelte Emily. »Wenn ich alleine wäre, würde ich schneller entscheiden. Deswegen fragt er, denke ich.«
Sie beeilte sich nun. Wählte Heilen, Schnelligkeit, Feuer machen, Eisenhaut, Sprungkraft. Nach einer kurzen Pause fügte sie Weite Sicht, Ausdauer, Wasserlaufen, Klettern und Schleichen hinzu.
»Nicht übel gewählt«, erklärte der Gnom. »Für einen Menschen. Schade, dass du nicht lang leben wirst.«
»Schicksal«, antwortete Emily und konzentrierte sich auf die Waffenwahl. Sie suchte sich aus der Truhe einen schlanken, geschwungenen Säbel aus, mit Smaragden am Griff. Danach einen kleinen Bronzeschild.
»Sehr hübsch, aber leider Spielzeug«, lästerte der Gnom.
Die letzte Tafel. »Wähle deinen Namen.«
»Das wird ein richtig hässlicher Menschenname werden«, johlte der Gnom. »Petronilla, Bathildis, Aldusa oder Berthegund? Na? Ich warte! Wir warten! Du wirst doch einen Namen wissen!«
Emily zögerte einen Moment. »Ich habe mir tatsächlich einen überlegt. Mal sehen, was er dazu sagt.«
»Hemera«, tippte sie.
Nick war ein bisschen enttäuscht. Hemera war nicht gerade klangvoll. In Nicks Ohren war es ein Name für eine Küchenmaschine. Der Gnom hingegen zeigte sich beeindruckt.
»Da hat sich jemand schlaugemacht, wie? Das kann ja was werden. Hemera! Verscherze es dir nicht mit meinem Herrn, Menschlein!«
Er hüpfte und hinkte auf den Ausgang des Turms zu. Nick erwartete fast, dass er zum Abschluss wieder seine unfassbar lange grüne Zunge herausstrecken würde, doch diesmal war der Gnom nicht in Stimmung, wie es schien. Wortlos knallte er das Tor hinter sich zu. Verputz rieselte von den Turmwänden.
»Was meint er mit ›schlaugemacht‹?«, fragte Nick.
»Find es selbst heraus.« Emily amüsierte sich sichtlich. »So wie ich alles Weitere hier selbst herausfinden möchte. Wir sehen uns morgen, okay? Von hier ab mache ich alleine weiter.«
Aber jetzt wird es doch erst spannend! Die Enttäuschung senkte sich wie ein Bleigewicht in Nicks Magengrube.
»Hör mal, du unterschätzt das. Du wirst viel schneller vorankommen, wenn ich dir helfe, und viel weniger verletzt werden. Glaub mir einfach, hm?«
Emily zog die Kopfhörer von ihrem iPod und stöpselte sie an ihren Computer an. »Das war doch einer deiner Tipps, oder? Wenn ich die in den Ohren habe, höre ich nicht mehr, was du sagst.«
»Aber …«
»Ist schon gut, Nick. Du hast doch gesehen, wie misstrauisch der Gnom vorhin geworden ist. Ich schaff das, okay? Ich halte mich jetzt einfach mal an die Regeln wie alle anderen und spiele allein.«
Nick gab sich geschlagen. »Falls du gleich Beeren pflücken gehen solltest, nimm dich in Acht«, sagte er. So ein letzter kryptischer Kommentar konnte nicht schaden. »Und wenn du stecken bleibst oder Hilfe brauchst – ich mach das gerne. Ehrlich.«
»Gut zu wissen«, sagte Emily lächelnd. »Danke, Nick.«
Zu Hause befragte er Wikipedia und es stellte sich heraus, dass Hemera die Tochter von Erebos war und außerdem das vollständige Gegenteil ihres Vaters. Hemera war die Göttin des Tages, des Morgens,
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