Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
Klingeln riss Nick aus dem Tiefschlaf. Sein Handydisplay war ein grellweiß leuchtender Fleck im stockdunklen Raum.
    Er sprang so schnell aus dem Bett, dass ihm schwindelig wurde und er sich mit den Händen am Schreibtisch abstützen musste.
    1 neue Nachricht.
    Er klickte auf lesen.
    Sieht aus, als war Ortolan jetzt dran. Sie machen den Inneren Kreis fertig für die Schlacht. Fackeln, Eide, weiße Roben, all das Zeug. Ich denke, heute passiert es. Wir belagern einstweilen die Festung. P.S. : Habe vorhin einen Wunschkristall gefunden (gelb). Wenn gleich alles vorbei ist, kann ich ihn mir wohl nur noch an den Hut stecken, oder?
    Victor hatte die Nachricht um 3.48 Uhr geschickt, jetzt war es 3.50 Uhr. Samt Handy kroch Nick in sein Bett zurück und rief ihn an. »Was bedeutet das, ihr belagert die Festung?«
    »Hi! Na ja, wir lungern irgendwie davor herum. Ist ein großer weißer Klotz, der in der Nacht leuchtet und an dem Blut herunterläuft. Igitt.«
    Nick konnte nicht antworten, weil er so heftig gähnen musste.
    »Ich hab dich aufgeweckt, hm? Tut mir leid, aber ich wollte dich unbedingt auf dem Laufenden halten. Hätte ja sein können, dass … uuuups, jetzt schießen sie wieder mit Köpfen!«
    Nick hörte hektisches Klicken.
    »So, erledigt. Was ich sagen wollte: Hätte ja sein können, dass du gleich etwas unternehmen willst.«
    »Ich weiß nicht, was denn? Hat jemand gesagt, was der Innere Kreis tun soll? Irgendein Anhaltspunkt für uns?«
    »Sie sollen Ortolan stürzen. Wenn sie es geschafft haben, wird sein Turm zusammenbrechen und wir werden alle toll belohnt, hat der Bote erklärt. Jetzt hocken massig Leute hier und warten, dass das Ding einknickt, obwohl die vom Inneren Kreis gerade erst weg sind.«
    »Am liebsten würde ich sofort nach Blackfriars fahren.«
    »Es geht noch keine U-Bahn und die Nachtbusse kannst du vergessen. Außerdem – was willst du dort tun? Leg dich lieber noch mal hin, Nick.«
    Das war wohl nur ein Witz. Aber Victor hatte recht, sie brauchten wenigstens den Hauch von einem Plan. »Mit dem ersten Zug komme ich zu dir und dann überlegen wir, was wir tun.«
    »In Ordnung. Mir ist auch ganz schön mulmig. Ich glaube, es wird jetzt wirklich ernst.«
    »Falls etwas Wichtiges passiert, melde dich.«
    »Sicher. Ich halte die nächtliche Stellung, einsam und allein. Von den dreihundert müden Kriegern hier mal abgesehen.«
    Nick setzte sich aufs Bett und hypnotisierte den Zeiger seiner Uhr. Noch mehr als eine Stunde, bis die erste U-Bahn fahren würde. Was, wenn in der Zwischenzeit der Turm einstürzte?
    Er hielt es im Sitzen nicht mehr aus und begann, im Zimmer hin und her zu laufen, was in der nachtstillen Wohnung unverhältnismäßig viel Lärm machte. Bloß niemanden aufwecken. Lieber in die Küche gehen und eine Nachricht schreiben, dass er mit Colin vor der Schule laufen gegangen war. Das war das Beste, was ihm einfiel. Mit etwas Glück würden seine Eltern es glauben, wenn sie in zweieinhalb Stunden aufstanden.
    Als er aus der Wohnung schlich, war es Viertel vor fünf. Seine Schultasche hatte er mit, damit sie Mum nicht zufällig ins Auge stach, aber er parkte sie gleich wieder im Fahrradkeller. Unnötigen Ballast konnte er nicht brauchen.
    Die Straßen waren dunkel und leer; an der Station waren noch die Gitter heruntergelassen. Nick wickelte sich eng in seine Jacke ein und zählte die Minuten. Was würde er tun? Er konnte Ortolan abpassen und ihn zum Zuhören zwingen. Oder mit der Polizei sprechen: Wissen Sie, es gibt da so ein Computerspiel, in dem alles daraufhinweist, dass heute ein fieser Manager ermordet werden soll. – Oh ja. Tolle Idee.
    Mitten in seine Gedanken hinein klingelte sein Handy und meldete eine neue Nachricht.
    Bin jetzt sehr sicher. Es passiert heute. Habe passenden Auftrag bekommen. Melde dich!
    Sofort rief er Victor an.
    »Wenn mich jemand fragt, soll ich behaupten, mit einem gewissen Colin Harris frühstücken gewesen zu sein. Heute, zwischen acht und zehn.«
    Nick kapierte es nicht gleich. »Wieso sollst du mit Colin frühstücken?«
    »Ich soll ihm ein Alibi geben, verstehst du? Vorausgesetzt natürlich, sie erwischen ihn nicht auf frischer Tat. Kennst du diesen Colin Harris?«
    »Allerdings.«
    »Egal. Hör mal, Nick, mich macht das alles scheißnervös.«
    »Ich bin schon auf dem Weg zu dir. Wie sieht der Turm aus? Steht er noch?«
    »Jaja. Steht und strahlt und blutet.«
    Als das Gitter zur Station endlich hochging, rannte Nick die Treppen hinunter, als

Weitere Kostenlose Bücher