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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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jetzt, wie wenig Leben nur noch in ihm steckt, und wagt kaum mehr, sich zu bewegen. Ohnehin lähmt ihn der hohe Ton, der wie beim letzten Mal mit seiner Verletzung einhergeht. Er wird wahrscheinlich abreißen, wenn das letzte bisschen Rot von seinem Gürtel verschwindet, doch das darf nicht passieren, auf keinen Fall. Also jetzt kein Risiko eingehen. Sarius bleibt stehen, bewegungslos. Wer weiß, wahrscheinlich genügt schon ein schlichtes Stolpern, um ihn ins Jenseits zu befördern.
    Doch allem Anschein nach ist ihm keine Erholungspause vergönnt. Jemand nähert sich, Sarius kann Hufschläge hören. Ist es nur einer, sind es mehrere? Nun bewegt er sich doch, zieht sein Schwert und geht langsam auf den Saum des Waldes zu. Drizzel ist vorhin dort verschwunden, das will Sarius nun auch tun, Mut kann er sich nicht mehr leisten. Verdammt, warum konnte er nicht gleich vorsichtiger sein?
    Er steht bereits im Schatten der Bäume, als er das gepanzerte Pferd des Boten erkennt.
    »Sarius«, hört er eine flüsternde Stimme. »Komm hervor.«
    Der Bote bringt sein Reittier direkt auf der erloschenen Feuerstelle zum Stehen. Die gelben Augen unter der Kapuze blicken genau zu Sarius’ Versteck.
    Er tritt nur zögernd aus dem Schutz der Bäume heraus.
    »Die Wasserschwestern haben euch beträchtlich zugesetzt«, stellt der Bote fest.
    »Ja.«
    »Du und Tyrania, ihr habt euch ihnen allein entgegengestellt?«
    »Ja.«
    »Waren sonst keine Kämpfer in der Nähe?«
    Sarius schweigt, aber Tyrania gibt bereitwillig Auskunft.
    »Drizzel und Xohoo waren hier, aber die sind abgehauen.«
    »Tatsächlich?« Der Bote blickt zum Wald hin, in den die beiden Genannten sich gerettet haben. Dann greift er in seinen Mantel und holt einen kleinen Beutel hervor.
    »Für dich, Tyrania. Es sind 44 Goldmünzen, mit denen du dir beim nächsten Händler eine bessere Ausrüstung kaufen solltest. Wenn du von hier aus flussabwärts wanderst, kommst du bald an eine kleine Siedlung. Schere dich nicht um die späte Stunde, wecke den Händler und bestelle ihm, ich hätte dich geschickt. Für deine Gesundheit suche dir am Flussufer die rotblättrigen Kräuter.«
    Tyrania schnappt eilig nach dem Goldsack und macht sich auf den Weg.
    »Sarius?« Der Bote neigt sich im Sattel vor und streckt eine knöcherne Hand aus. »Es steht schlecht um dich. Du solltest mit mir kommen.«
    Die Geste des Boten erfüllt Sarius mit Unbehagen, sie wirkt irgendwie – gierig.
    »Willst du mir helfen?«, fragt er und bereut seine Worte im nächsten Moment. Sie klingen kindlich und albern.
    »Wir helfen einander«, antwortet der Bote und streckt seine Hand noch ein Stück weiter aus.
    Weil er keine Wahl hat und weil der Bote diesmal offenbar nicht daran denkt, ihm einfach eine Flasche Heiltrank zu überreichen, ergreift Sarius die dargebotenen Knochenfinger. Der Bote zieht ihn aufs Pferd, das schnaubt, auf der Hinterhand wendet und davonstiebt.
    Schon geht es Sarius besser. Das Geräusch ist verschwunden und die herrliche Musik hat wieder eingesetzt. Sie sagt ihm, dass alles gut werden wird, es kann ihm nichts passieren. Er ist der Held in diesem Epos, alles hier dreht sich um ihn. Er ist froh, dass er sich dem Kampf mit den sieben Wasserriesinnen gestellt hat und nicht davongelaufen ist wie Drizzel und Xohoo.
    Das Pferd des Boten ist schnell. Sie galoppieren einen Waldweg entlang, der langsam ansteigt. An der rechten Seite werden die Bäume bald von großen Felsen abgelöst, die dunkel sind wie schmutziges Wasser. Der Bote lenkt sein Tier vom Weg weg, auf die Felsen zu. Im Näherkommen entdeckt Sarius eingeritzte Zeichen im Stein, Botschaften, die er nicht entziffern kann. Vor einer Höhle halten sie an und steigen ab. Der Bote deutet mit der Hand auf den Höhleneingang und Sarius tritt ein. Die innere Unruhe, die er beim Aufsteigen auf das gepanzerte Pferd überwinden musste, ist fort und sie kommt auch nicht wieder, als er die Höhle betritt, die geräumig ist wie eine Kathedrale und in der jeder Schritt vielfach widerhallt.
    »Du hast dich beachtlich geschlagen«, sagt der Bote.
    »Danke. Ich habe es auf jeden Fall versucht.«
    »Es ist sehr bedauerlich, dass du so schwer verletzt wurdest. Einen weiteren Kampf wirst du nicht überleben.«
    Nicht dass Sarius das nicht wüsste. Doch so, wie der Bote es sagt, klingt es, als wäre es nicht mehr zu ändern. Als wäre Sarius todgeweiht. Er zögert mit seiner Antwort und entschließt sich letztlich, sie in eine Frage zu verpacken.
    »Ich

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