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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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wieder einsatzbereit war, kam Nick unsagbar lange vor. Er wippte mit dem Fuß und warf einen Blick auf seine Armbanduhr: 1.48 Uhr. Zum Glück war morgen Samstag, da konnte er ruhig noch ein bisschen spielen. Falls er Erebos wieder zum Laufen bekam, aber das würde schon klappen. Notfalls konnte er ja noch eine zweite Spielfigur anlegen – das war ohnehin eine gute Idee. Diesmal vielleicht einen Barbaren oder Vampir. Barbaren waren beneidenswert widerstandsfähig.
    Er suchte auf dem Desktop nach dem Erebos-Icon, einem schlichten roten E, und klickte es an. Für den Bruchteil einer Sekunde verwandelte der Cursor sich in eine Sanduhr, dann nahm er wieder die gewohnte Pfeilform an. Das war alles. Nick doppelklickte noch einmal auf das E, holte die DVD aus dem Laufwerk und legte sie neu ein – nichts.
    Zwei Computerneustarts später gab er es auf. Alle anderen Programme funktionierten reibungslos, nur bei Erebos rührte sich nichts. Verdammt noch mal.
    Um schlafen zu gehen, war Nick viel zu aufgewühlt. Während er hier nutzlos herumsaß, tobten am blauen Fluss oder an der schwarzen Mauer bestimmt die spannendsten Schlachten. Und selbst wenn nicht, konnte man immerhin am Feuer stehen und sich mit den anderen unterhalten.
    Doch so wie es aussah, hatte seine Kopie des Spiels einen schweren Fehler.
    Mit einem Mal sah er Colin wieder vor sich, der Dan um Tipps bat, vor ihm kuschte und sie trotzdem nicht bekam. War ihm damals das Spiel auch so rettungslos abgestürzt?
    Verdrossen öffnete Nick Minesweeper, jagte sich dreimal hintereinander in die Luft und fluchte unangemessen laut. Dann würde er eben doch schlafen gehen.
    Oder Emilys Seite noch einen kurzen Besuch abstatten?
    Nein, dazu war er einfach nicht in der Stimmung. Nicht entspannt genug. Nicht romantisch genug.
    Nicht neugierig genug.
     
    Völlig gegen seine Gewohnheit erwachte Nick um sieben Uhr morgens, Nervosität in allen Gliedern, wie vor einer Prüfung. Seine Augen fühlten sich verklebt an und brannten. Der Gedanke ans Aufstehen machte ihn sofort wieder müde. Andererseits – aufstehen musste er ja nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht. Eigentlich gar nicht. Er vergrub den Kopf tief im Kissen und versuchte an nichts zu denken, ertappte sich aber bald dabei, dass er die Tastenkürzel wiederholte, die er bei Erebos gestern entdeckt hatte: Strg+f für Feuer machen, b für Blocken, Space für Springen, Escape für Abschütteln. Er fragte sich, ob Colin gerade spielte. Quatsch, der schlief. Colin alias – Nick hatte da einen Verdacht. Wie hatte der Dunkelelf geheißen, der sich bei der Schlacht gegen die Trolle in den Hintergrund verdrückt hatte? Lelant, richtig. Der hatte beim Kampf genau so im Abseits gestanden, wie Colin das immer zu tun pflegte, wenn er eine Basketballpartie für verloren hielt. Dann hielt er sich raus, rührte einfach keinen Finger mehr.
    Okay, also Colin verbuchte er in seinen inneren Aufzeichnungen als Lelant. Viel interessanter war aber, wer sich hinter BloodWork versteckte. Wahrscheinlich einer von den Schlägertypen, die so oft bei den Mülltonnen im Schulhof rumhingen und die Elfjährigen erschreckten. Von denen kannte er kaum einen mit Namen.
    Dan? Dan war sicher ein fetter Zwerg wie Sapujapu. Oder er hatte sich extra schlank und schön gemacht – als Vampir zum Beispiel. Oder er war einer der Dunkelelfen, die zu Nicks Leidwesen so häufig waren. Jedenfalls würde er Dan sofort an seinen blöden Sprüchen und seiner Selbstgefälligkeit erkennen und ihm eins mit dem Schwert überziehen.
    Nick seufzte. Mit Weiterschlafen war es wohl nichts, wenn ihm dauernd das Spiel im Kopf herumspukte. Er rekelte sich, setzte sich auf und schwang die Beine über die Bettkante.
    Totteridge war nicht weit. Die Northern Line war seine Heimstrecke, da konnte er schon mal schnell zur St Andrew’s Church fahren, nur der Form halber. Obwohl das Spiel ja nicht mehr startete.
    Probehalber setzte sich Nick an den Computer und versuchte es noch einmal, mit dem gleichen Ergebnis wie vor dem Schlafengehen. Erebos ließ sich nicht öffnen.
    Das Internet funktionierte zum Glück und so hatte Nick innerhalb weniger Minuten per Google maps den Standort der St Andrew’s Church gefunden – und sogar ein Bild von der Eibe, die angeblich zweitausend Jahre alt war und damit das älteste Lebewesen Londons. Wow. Ihre Äste setzten so tief an, dass sie auf dem Bild aussah wie ein enormer Busch.
    Dad war schon vor einer Stunde zum Dienst gefahren und Mum schlief sicher

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