Erebos
gelesen hatte. Schade, dass es im wirklichen Leben keine Wunschkristalle gab; für Chemie hätte er die wirklich gut gebrauchen können. Er würde niemals ein A schaffen, nie.
Er nahm ein Blatt Papier und schrieb den Titel darauf: Die Identifikation von Aminosäuren mittels Dünnschichtchromatografie.
So, der Anfang war gemacht. Jetzt brauchte er eine Einleitung. Obwohl, auf diese Weise lohnte das Arbeiten sich nicht. Wenn schon schreiben, dann richtig. Sich viel Zeit nehmen, am besten morgen, nach dem Frühstück. Da würden ihm keine Skorpione durchs Hirn kriechen und seine Wut auf Colin würde hoffentlich verraucht sein.
Nick warf einen letzten Blick in sein Buch, dann schaltete er den Computer ein. Surfte aus Gewohnheit zu Emilys Seite bei deviantart, wo es nichts Neues gab. Kurz flackerte Enttäuschung in ihm auf, doch dann hatte er eine Idee. Wieso war er nicht schon eher darauf gekommen? Er öffnete Google und gab ›Erebos‹ in das Suchfeld ein. Es musste eine Seite der Entwicklerfirma geben, ein Forum, vielleicht sogar Updates zum Download. Tipps, Cheats, den ganzen Kram.
An oberster Stelle der Suchergebnisse fand Nick einen Wikipedia-Eintrag. Na also, das Spiel war berühmt. Er klickte auf den Link und las:
Erebos (Ερεβος von griech. έρεβος »dunkel«) ist in der griechischen Mythologie der Gott der Finsternis und die Personifizierung dieser. Er entstand laut dem Dichter Hesiod gleichzeitig mit Gaia, Nyx, Tartaros und Eros aus dem Chaos. Laut Hesiod war zuerst das Chaos (der gähnende, hohle Raum), aus dem die lichtlose Dunkelheit der Tiefe, der Erebos, entstand. Nyx und Erebos paarten sich und es entstanden neben dem Schlaf und den Träumen die Übel der Welt: Verderben, Alter, Tod, Zwietracht, Ärger, Elend und Entsagung, die Nemesis, die Moiren und die Hesperiden, die hier als bedrohliche Aspekte der Mondgöttin aufscheinen, aber auch die Freude, die Freundschaft (Philotes) und das Mitleid.
Späteren Legenden zufolge war Erebos ein Teil der Unterwelt. Es war der Ort, den die Toten unmittelbar nach ihrem Tod passieren mussten. Erebos wurde oft auch als Synonym für Hades verwendet, den griechischen Gott der Unterwelt.
Nick las den Text zweimal und klickte ihn wieder zu. Das mochte ganz interessant sein, wenn man sich für griechische Götter interessierte, aber für ihn war es wertlos. Kein Tipp weit und breit.
Er suchte weiter. Lauter Links zur griechischen Mythologie; einige zu einer Death-Metal-Band. Erst der letzte Eintrag auf der Seite entlockte Nick einen leisen Triumphschrei: »Erebos, das Spiel«, stand da. Sonst nichts. Voller Erwartung klickte Nick den Link an. Es dauerte einen Moment, bis die Seite sich aufbaute. Rote Schrift auf schwarzem Grund:
»Keine gute Idee, Sarius.«
Wieso nicht?, war er im ersten Moment versucht zu fragen, dann ging ihm die Ungeheuerlichkeit der Situation auf und er schloss das Fenster, schloss den Browser, als wolle er jemanden aussperren. Das war nicht real, er hatte es sich eingebildet. Es konnte nicht sein, dass das Internet selbst mit ihm sprach. Vielleicht sollte er die Seite noch einmal aufrufen und sich vergewissern, dass er sich geirrt hatte. Ganz bestimmt war es – Sein Handy läutete und Nick blieb beinahe das Herz stehen. Hätte er die Seite nicht schließen dürfen? »Jamie«, las er auf dem leuchtenden Display und atmete erleichtert aus.
»Hi! Hab ich dich gerade gestört? Du klingst so gehetzt.«
»Nein. Alles okay.«
»Gut. Sag mal, hast du Lust, morgen mit dem Fahrrad ins Grüne rauszufahren? Haben wir ewig nicht gemacht und das Wetter soll gut werden.«
Nick brauchte einen Moment, um sich eine passende Ausrede zu überlegen.
»Ist echt eine gute Idee, aber ich sitze gerade an meiner Chemie-Hausarbeit. Da muss ich unbedingt etwas Vernünftiges zustande bringen und ich will nichts riskieren.«
»Oh.« Jamie klang enttäuscht. »Aber weißt du was? Ich helfe dir. Komm doch morgen rüber und wir recherchieren gemeinsam im Internet, dann bist du sicher schnell fertig!«
Scheiße.
»Mal sehen. Aber wahrscheinlich kann ich mich alleine besser konzentrieren. Und das … ist ja irgendwie, äh, auch wichtig.« Nick kniff die Augen zusammen. Gott, hörte sich das verlogen an. Und dämlich obendrein. Auf der anderen Seite der Leitung herrschte verblüfftes Schweigen; im Hintergrund konnte Nick das Quäken eines Fernsehers hören.
»Ist das dein Ernst?«, fragte Jamie nach einer ungewöhnlich langen Pause. »Bisher hast du
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