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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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froh, dass er die Schule ernst nimmt, ich habe gestern mit Mrs Falkner gesprochen; ihr Sohn ist überhaupt nicht mehr zu Hause und in der Schule stiftet er angeblich nichts als Ärger …«
    Nicks Gedanken drifteten wieder ab. Er war noch nicht für die Arenakämpfe registriert. Er wusste nicht einmal, wohin er dafür gehen musste. Was, wenn er den richtigen Ort nicht fand oder vorher noch Aufgaben zu lösen waren? Dann würde es eng werden. Doch jetzt war es nur noch eine knappe Stunde, bis er die Ruhefrist überstanden hatte. Mum würde vor dem Fernseher einschlafen und Dad vielleicht noch auf ein drittes Bier in den Pub verschwinden. Besser wäre es gewesen, wenn Sarius seine Pause später hätte einlegen können – nach Mitternacht, wenn Nick sowieso müde geworden wäre. Er fragte sich, ob die anderen in der Zwischenzeit den roten Fluss gefunden hatten oder immer noch durchs Labyrinth irrten.
    Er rieb sich die brennenden Augen. Der Wirt hatte Sarius von den brillanten Waffenschmieden der Weißen Stadt erzählt und dabei seine Ausrüstung gemustert. Aber Sarius hatte kein Gold und keinen Wunschkristall. Er wusste nicht einmal, wie er sein Zimmer in der Schänke bezahlen sollte, nehmen musste er aber eines. Brieflicher Befehl vom Boten.
    Verdammter Lelant. Am Montag würde Nick sich Colin zur Brust nehmen, diesen Drecksack.
    »… schon nächste Woche?«
    Das plötzlich auftretende Schweigen, das auf diese Frage folgte, ließ Nick vermuten, dass sie an ihn gerichtet gewesen war.
    »Äh, entschuldige – kannst du das noch mal sagen?«
    »Ich habe dich gefragt, ob deine Chemiearbeit schon nächste Woche fällig ist. Herrgott, Nick, was ist denn los mit dir?«
    Dads beträchtlicher Bauch stieß gegen die Tischkante, als er sich erbost vorbeugte.
    »Ich finde es überhaupt nicht in Ordnung, wie du dich aus dem Gespräch hier ausklinkst. Immerhin geht es um dich.«
    »Ja, tut mir leid.« Bloß keine Warum-, Weshalb-, Wieso-Fragen. »Abgabetermin ist nächste Woche, aber ich glaube, ich hab die Dinge im Griff. Wie war dein Dienst heute?«
    Dad nach seiner Arbeit zu fragen, war eine sichere Bank. Es gab absolut immer etwas zu berichten. Heute war es ein Patient, der Pfleger Dunmore fünf Pfund zugesteckt hatte, damit er ihm aus der nahe gelegenen Bude Fish and Chips bringen würde.
    »Dabei hatte der einen Cholesterinwert von hier bis Nepal«, erklärte Dad und nahm noch einmal vom Hühnereintopf. »Man sollte glauben, es gibt den Leuten zu denken, dass sie sich schon bis ins Krankenhaus gefressen haben, aber von wegen.« Nick lächelte automatisch und wünschte sich in die Weiße Stadt zurück. »Kann ich aufstehen?«
    »Sicher«, sagte Mum.
    »Hilf deiner Mutter noch mit dem Geschirr«, nuschelte Dad zwischen zwei Bissen.
    Nick räumte schwungvoll ab, stopfte Teller und Gläser hastig in den Geschirrspüler und lief die Treppe hoch in sein Zimmer. Wider besseren Wissens versuchte er, das Spiel zu starten, und natürlich klappte es nicht.
    Blieben 45 Minuten, die er für Chemie nutzen konnte. Alles in ihm sträubte sich bei dem Gedanken. Komm, überredete er sich selbst. Wenigstens ein paar Formeln ansehen.
    Exakt in dem Moment, als er das Buch aufschlug und gegen die Welle von Missmut ankämpfte, die ihn dabei überrollte, platzte Dad in sein Zimmer herein.
    »Ich habe ganz vergessen, dich zu fragen, ob du morgen … He – du arbeitest ja wirklich!«
    »Äh, ja.«
    »Schwierig?«
    »Das kannst du laut sagen.«
    Dad trat hinter ihn und lugte ins Buch, voll wohlwollendem Interesse, das binnen Sekunden verflog und väterlicher Hilflosigkeit wich.
    »Du liebe Güte. Dabei kann ich dir wirklich nicht mehr unter die Arme greifen, Nick.«
    »Schon gut, Dad. Das musst du ja gar nicht, ich komm damit klar.«
    Sein Vater legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Tut mir leid, dass ich dich unterbrochen habe. Ich bin ganz schön stolz auf dich, weißt du? Immerhin wird aus einem meiner Jungs etwas.«
    Nick unterdrückte den Impuls, die Hand seines Vaters abzuschütteln, und biss sich auf die Lippen. Kurz darauf fühlte er, wie sich das Gewicht von seiner Schulter hob.
    »Ich geh noch in den Pub. Mach nicht zu lange, Nick.«
    Die Tür fiel ins Schloss.
    Noch 43 Minuten. Er rieb sich das Gesicht mit beiden Händen, bevor er sich wieder über sein Buch beugte und auf die Formeln starrte. Wenn er wenigstens ein paar erste Sätze für seine Arbeit fand, war das für heute genug. Nick schloss die Augen und wiederholte, was er gerade

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