Erfindergeist
bis zum Buchstaben ›B‹. Dabei entdeckte ich Namen, von denen ich weder jemals gehört hatte noch je von ihnen hätte hören wollen. Ich hatte keinen einzigen markiert. Plötzlich hatte ich eine zündende Idee. Zufrieden schaltete ich die Nachttischlampe aus und schlief ein.
6. Wer sucht da was und warum?
Eine gefühlte Sekunde später klingelte das Telefon. Das Erste, was ich wahrnahm, war, dass Stefanie nicht neben mir lag. Mein Blick fiel auf den Wecker und ich erschrak. Hatte ich wirklich so lange geschlafen? Ohne Magendrücken, ohne Sodbrennen? Ob das an dem Abendessen lag? Das Telefon war verstummt. Dafür hörte ich im Wohnzimmer die Stimme meiner Frau.
Nachdem ich mich aus meinem Bettzeug befreit hatte, ging ich nach nebenan. Stefanie legte gerade das Telefon in die Ladeschale zurück.
»Das war Jutta.« Es klang etwas angesäuert.
Ich hob beide Hände. »Ich bin unschuldig!«
»Ich weiß. Ich soll dir sagen, dass bei Jacques eingebrochen wurde. Im Wohnhaus, die Werkstatt gibts ja nicht mehr.«
Mit einem Schlag war ich hellwach, was hatte das zu bedeuten? »Hat Jutta gesagt, ob es Zweifel an der Unfalltheorie gibt?«
»Nein, sie hat nichts dergleichen erwähnt. Wieso sollte es kein Unfall gewesen sein, Reiner? Hängt Jacques’ Tod mit deinen sonstigen Ermittlungen zusammen?«
Ich erschrak. Stefanie sollte besser nichts von einer eventuellen Verbindung zu den Mordfällen erfahren, ich musste Rücksicht auf sie und das ungeborene Kind nehmen. »Nein, nein. Ganz und gar nicht. Ich kann es nur immer noch nicht glauben, dass Jacques nicht mehr lebt. Wurde etwas gestohlen?«
»Genau deswegen hat Jutta angerufen. Sie wissen es nicht. Jacques hatte seine ganzen Erfindungen im Keller gelagert. Es ist unmöglich, herauszufinden, ob etwas fehlt.«
»Das kann ich mir gut vorstellen. In seinen Keller hat er so gut wie niemanden reingelassen. Ich glaube, ich bin der Einzige, der halbwegs einen Überblick hat.«
»Bravo, du hast es verstanden, mein Lieber. Und deswegen hat Jutta angefragt, ob du mal kurz vorbeischauen könntest.«
Oje, jetzt bloß kein falsches Wort. »Aber, Stefanie, das geht nicht. Wir wollen heute einen Ausflug machen.«
»Red nicht so dummes Zeug. Ich weiß doch, wie sehr dich Jacques’ Tod belastet. Los, mach dich auf den Weg. Sag mir Bescheid, falls es länger dauern sollte oder mal wieder jemand in deiner Umgebung erschossen wird.«
Als ich zehn Minuten später aus dem Bad kam, hielt Stefanie einen Zettel in der Hand. »›Doktor‹?«, las sie vor. »Was soll das bedeuten?«
Ich lächelte sie verschmitzt an. »Das ist meine Vorschlagsliste für einen Jungennamen.«
»Doktor? So kann man kein Kind nennen!«
»Warum nicht? Das hat bis jetzt nur noch niemand gemacht. Denke doch nur an die Karrieremöglichkeiten, wenn er sich vorstellt: Guten Tag, mein Name ist Doktor Palzki.«
Stefanie antwortete nicht. Ich gab ihr schnell einen Kuss und verschwand. Die Kinder ließen sich nicht blicken.
Ohne von meiner Nachbarin überrascht zu werden, gelangte ich zu meinem Wagen. So langsam machte ich mir ernsthafte Sorgen um Frau Ackermann. Ich nahm mir fest vor, demnächst mal nach ihr zu schauen.
Anders als zwei Tage zuvor nahm ich die Umgebung bis zu Jacques’ Zuhause dieses Mal wahr. Vor dem Haus im Kestenbergerweg entdeckte ich Juttas Dienstwagen. Er war knapp vier Jahre alt, hatte aber so gut wie keine Kilometer auf dem Zähler. Ich vermutete, dass sie heute alles drangesetzt hatte, um für ein paar Stunden dem Innendienst zu entfliehen. Im nächsten Augenblick entdeckte ich sie zusammen mit KPD in der Garageneinfahrt und war baff.
»Ah, guten Morgen, Herr Palzki«, begrüßte er mich eine Spur zu freundlich. »Ich habe Sie heute noch gar nicht auf der Dienststelle gesehen. Was machen die Ermittlungen? Wie man mir vorhin erzählte, gab es gestern einen zweiten Mordfall. Kommen Sie voran?« Ohne mich zu Wort kommen zu lassen, fuhr er fort: »Ich verstehe nicht, warum Ihre Kollegin Sie wegen dieser Lappalie überhaupt angerufen hat, es handelt sich ja allem Anschein nach nur um einen gewöhnlichen Einbruch.« Er wandte sich übergangslos Jutta zu und sprach weiter. »Da reicht es völlig, wenn ich die Untersuchung leite und Sie mir assistieren, Frau Wagner. Da müssen wir nicht die ganze Mannschaft zusammentrommeln.«
Oje, ich begriff. Jutta war nicht freiwillig hier. KPD hatte sie im Schlepptau. Wahrscheinlich wollte er beweisen, dass auch er im Außendienst erfolgreich sein
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