Erfindergeist
herrschte, schaltete ich meine kleine Taschenlampe ein. Ich befand mich in einem Technikraum. An den Wänden hingen einige Schalt- und Sicherungskästen, auf dem Boden lagen unzählige Verlängerungskabel und in einer Ecke standen mehrere Trittleitern herum. Seltsam, was sollte von hier aus wohl gesteuert werden? Die Schalter und Sicherungen waren dermaßen kryptisch beschriftet, dass ich nichts zuordnen konnte.
Ich hatte keine andere Wahl, als die Tür am anderen Ende des Technikraums zu öffnen. Auch dies gelang mir problemlos, und nachdem ich mit meiner Lampe überall herumgeleuchtet hatte, wusste ich, wo ich mich befand: Direkt vor meinen Füßen verliefen ein paar Schienen. Ich war im Innern der Burg Falkenstein angekommen. Was die Erbauer auf der Vorderfront der Burg bis ins kleinste Detail liebevoll modelliert hatten, daran hatten sie auf der trostlos wirkenden Rückseite, die nie ein Besucher zu Gesicht bekam, gespart.
Ich folgte dem Schienenstrang nach rechts, da ich dort in geringer Entfernung einen größeren Raum ausmachen konnte. Nur durch gelegentlichen Einsatz meiner Taschenlampe erreichte ich ohne zu stolpern diesen Saal. Hier war eine mittelalterliche Bankettszene nachgestellt. An einem langen Tisch saßen mehrere echt wirkende Ritter- und Burgfräuleinfiguren, die während der Öffnungszeiten ständig in Bewegung waren. Auf einer Art Wagenrad, das als Kronleuchter diente, lag ein Hofnarr mit roter Harlekinmütze. Zur Belustigung der Gesellschaft tanzte ein Braunbär, auf dessen Kopf ein armer Bauer balancierte. Die ganze Kulisse war durch ein schmückendes Geländer von der Fahrbahn abgetrennt.
Es war mir nicht vergönnt, diese Szene genauer begutachten zu können. Das Licht flammte plötzlich auf und die Figuren begannen, sich zu bewegen. Ein Tonband spielte die dazu passende Geräuschkulisse ab. Irgendjemand hatte die Bahn in Betrieb gesetzt. Die ersten leeren Wagen kamen angefahren. Ich sprang geistesgegenwärtig über das Geländer, um nicht von ihnen erfasst zu werden.
Trotz des hohen Geräuschpegels hörte ich ganz deutlich einen Schuss. Die genaue Richtung, aus der er kam, konnte ich allerdings nicht ausmachen. Ich hechtete hinter den Tanzbären und warf mich zu Boden. Ein weiterer Schuss ertönte; der Hofnarr fiel von seinem Wagenrad und landete direkt auf dem darunter befindlichen Tisch. Bei diesem Sturz verlor er seine Maske und ich konnte deutlich sein kleines Gesicht erkennen.
Das war keine Puppe, die da lag. Es war der Liliputaner! Seine Stirn war blutverkrustet, er musste schon seit einer Weile tot sein.
In der Ferne hörte ich einen Hund bellen. Bevor ich mir weitere Gedanken machen konnte, fiel bereits der nächste Schuss. Der Bär wackelte heftig, er drohte, auf mich niederzustürzen. Ich hechtete zur Seite und knallte mit voller Wucht gegen die Tischkante. Mir wurde schwarz vor Augen und ich verlor das Bewusstsein.
11. Der Stromfresser der Kriminalinspektion
»Diese kleine Transfusion mit dem Bärenblut wird Ihnen bestimmt guttun«, hörte ich eine mir vertraute Stimme sagen. Ich geriet in Panik, wo war ich bloß? Mein Kopf dröhnte. Es fiel mir schwer aufzuwachen. Es dauerte eine Weile, bis meine Augen sich an das helle Licht gewöhnt hatten. Ich lag in einem Krankenzimmer und über mich beugte sich Dr. Metzger. Sein zuckender Mundwinkel verhieß nichts Gutes. Sobald ich irgendwie dazu in der Lage sein sollte, wäre es angebracht, meinen Körper auf fehlende oder veränderte Körperteile hin zu untersuchen.
»Was … mache ich … hier?«, richtete ich meine ersten stammelnden Worte an ihn.
»Ah, der Herr Palzki ist wieder unter den Lebenden. Haben Sie ein Glück. Darf ich Sie gleich mit meinem Nachsorge-Rundumsorglospaket bekannt machen?«
»Wo bin ich?«, fragte ich. »Warum sind Sie hier?«
»Sie hatten einen kleinen Unfall, mein Lieber. Man hat Sie ins Krankenhaus gebracht. Und ich bin Arzt, also liegt es nahe, dass ich hier bin.«
Meine schlimmsten Befürchtungen schienen sich bewahrheitet zu haben. War ich operiert worden? Der Angstschweiß trat mir auf die Stirn.
»Keine Panik, Herr Palzki, die Kollegen haben mich nicht an Sie herangelassen. Ich bin nicht angestellt, sondern vielmehr aus privaten Gründen im Krankenhaus.« Er grinste. »Na ja, wie man es nimmt, ganz so privat sind die Gründe nun auch wieder nicht.«
»Herr Dr. Metzger, was tun Sie hier?« Auf seine Anwesenheit konnte ich mir immer noch keinen Reim machen.
»Ich bin nur zufällig über Sie
Weitere Kostenlose Bücher