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Erfindergeist

Erfindergeist

Titel: Erfindergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wegen seiner langen und streng zusammengebundenen Haare wurde er von jedermann ›Leichenzar‹ genannt.
    »Dr. Hingstenberg hat doch die Gewebeproben untersucht, oder?«
    Jacques zeigte mir seinen linken Daumen, auf dem ein Pflaster klebte. »Ja, ja, das hat er, der gute Junge. Ehrlich gesagt, es hat schon ein bisschen wehgetan, als er mir ein Stück Haut abgeschnitten hat. Wenigstens ist Enrico so nett gewesen, die Wunde etwas zu betäuben.«
    Ich verstand immer noch nicht ganz. »Wieso hat er das getan?«, fragte ich.
    »Reiner, hast du es wirklich nicht kapiert? Enrico benötigte eine Gewebeprobe von mir, da alle Proben von zwei unabhängigen Personen überprüft werden. Nur so konnte er glaubhaft nachweisen, dass ich bei der Explosion ums Leben gekommen bin.«
    »Heißt das, Hingstenberg ist bekannt, dass du lebst?«
    »Na klar. Ohne ihn hätte das Ganze gar nicht funktioniert. Ich brauchte einen Verbündeten. Enrico war sofort Feuer und Flamme, als ich ihn angerufen habe.«
    »Hingstenberg weiß über deine Experimente Bescheid?«
    »Nein, nicht die Bohne, Reiner. Das hat ihn überhaupt nicht interessiert.«
    »Und wieso hat er dir dabei geholfen, deinen Tod vorzutäuschen?«
    »Das war eine meiner leichtesten Übungen. Eine Hand wäscht bekanntlich die andere. So ist es bei den Politikern, den Unternehmensbossen und so war es auch bei Enrico und mir.«
    »Und welche Hand von Enrico hast du gewaschen? Ganz davon abgesehen, dass er deine nicht gewaschen, sondern verletzt hat?«
    Jacques lachte kurz auf. »Sehr gut, Reiner. Deinen Humor habe ich vermisst. Nein, ganz so war es nicht. Enrico hat seit Jahren ein Problem. Er riecht etwas außergewöhnlich.«
    »Er riecht außergewöhnlich? Was soll das, Jacques? Ich war schon oft bei Hingstenberg und habe nichts bemerkt.«
    »Das hast du bestimmt. Überleg mal, wo du Enrico getroffen hast. Es war wahrscheinlich immer bei einer Obduktion, oder? Und wie du weißt, duftet es dabei nicht unbedingt nach Aprilfrische.«
    »Und was hat das jetzt mit Hingstenberg zu tun?«
    »Na ja, Hingstenberg hat beruflich eben viel mit Toten zu tun. Jeden Tag untersucht er ein paar Leichen. Mit der Zeit hat sich der Geruch bei ihm irgendwie festgesetzt. Enrico riecht deshalb selbst in seiner Freizeit immer etwas nach Tod. Das machte ihm die Partnersuche nicht gerade leicht. Auch seine übrigen sozialen Kontakte sind deshalb sehr spärlich gesät.«
    »Mir ist der der Zusammenhang immer noch nicht klar.«
    »Ganz einfach, Reiner, ich habe für ihn ein extrastarkes Rasierwasser mit Dauerwirkung entwickelt. Es neutralisiert den Leichengeruch und lässt ihn so richtig nach Mensch riechen. Nach einem lebendigen Menschen, meine ich.«
    »Aha, und als Gegenleistung hat er die Untersuchung geleitet und den Totenschein ausgestellt.«
    »Ja, so war es.«
    »Oh, Jacques, warum hast du das nur gemacht? Ich bin deswegen fast verrückt geworden!«
    »Tut mir leid, Reiner. Es ging nicht anders. Ich musste damit rechnen, dass man mir nach dem Leben trachtet. Zuerst war es nur dieser seltsame Verein, der ständig bei mir aufkreuzte und Einblick in meine Studien forderte. Als dann noch diese beiden Typen vom Geheimdienst auf der Bildfläche erschienen und mir unmissverständlich zu verstehen gegeben haben, ich solle meine Arbeit einstellen, wurde es mir zu brenzlig. Stell dir mal vor, die haben mich auf Schritt und Tritt verfolgt. Glücklicherweise haben sie sich dabei dermaßen stümperhaft angestellt, dass ich sie jedes Mal abschütteln konnte. Ich hatte viel Spaß dabei.«
    »Nicht jedes Mal, Jacques. Einmal ging es schief.«
    »Was sagst du? Woher willst du das wissen?«
    »Ganz einfach. Die beiden Kerle vom Geheimdienst tauchten auch bei mir auf und erzählten, dass sie dich bei einem der Ausflüge bis hierher zum Holiday Park verfolgt hätten.«
    »Also doch«, mischte sich Herr Schleicher ein. »Mensch, Jacques, ich habe dir gesagt, dass es gefährlich ist, daheim wohnen zu bleiben, während du hier bereits experimentierst. Vermutlich haben diese Geheimdienstler unseren Brezano und den Wolf auf dem Gewissen.«
    »Langsam«, unterbrach ich die beiden. »Keine voreiligen Schlüsse ziehen. Das scheint mir zu einfach zu sein. Irgendwie muss auch der Verein seine Finger im Spiel haben.«
    »Das denke ich auch«, sinnierte Jacques. »Wenn ich gewusst hätte, welche Gefahr von meinen Experimenten ausgeht, hätte ich längst aufgehört. Ich konnte ja nicht damit rechnen, dass deshalb mehrere Menschen einem

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