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Erfindergeist

Erfindergeist

Titel: Erfindergeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Donnerfluss und anschließend zum See.«
    Endlich erreichten wir das Ende der Treppe. Sie mündete in einen kleinen kahlen Raum mit schlichten Betonwänden. Am Ende dieses Raums standen wir vor einer massiven Metalltür. Herr Schleicher holte einen Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss auf. »Jacques wollte eine elektronische Zugangssperre mit Zahlencode installieren. Das fand ich etwas übertrieben. Nun, Herr Palzki, jetzt gelangen wir gleich ins Labor. Fragen Sie nicht, wie wir das alles heruntergebracht haben. Es war ein hartes Stück Arbeit, kann ich Ihnen sagen. Für das andere, was Sie jetzt gleich entdecken, möchte ich mich im Voraus bei Ihnen entschuldigen. Doch ich glaube, Sie werden Verständnis haben.«
    Oje, was wird mich hier wohl erwarten?, dachte ich mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Ich musste immer wieder an meinen toten Freund denken.
    Herr Schleicher ließ mir den Vortritt. Das Labor war hell erleuchtet, obwohl er keinen Schalter betätigt hatte, zumindest hatte ich das nicht bemerkt. Der Keller war größer, als ich es erwartet hatte. Das Labor bestand aus zwei gleich großen Räumen mit je etwa 40 Quadratmetern Grundfläche, die durch einen breiten und raumhohen Durchgang verbunden waren. Überall an den Wänden hingen Schränke, darunter standen fast durchgängig Labortische, Waschbecken und andere undefinierbare Gegenstände. Hier unten konnten locker zehn Wissenschaftler gleichzeitig arbeiten. In der Mitte des vorderen Raums stand ein Tisch mit einem kompliziert aussehenden Versuchsaufbau. Mit den vielen Röhren und Glaskörpern konnte ich nicht das Geringste anfangen. Während ich mir ehrfurchtsvoll das seltsame Gebilde anschaute, hörte ich aus dem zweiten Teil des Labors schlurfende Schritte näher kommen. Reflexartig drehte ich mich um und stand meinem Freund Jacques gegenüber.
    Mir wurde schlecht. Litt ich infolge meiner Bewusstlosigkeit jetzt etwa an Halluzinationen? Mein Mund war trocken, ich war nahe dran, zusammenzubrechen. Verwirrt drehte ich mich zu Herrn Schleicher. Er lächelte. Ich blickte zurück auf Jacques, der immer noch an derselben Stelle stand.
    »Hallo, Reiner, nett, dass du mich mal besuchen kommst.«
    Mein staubtrockener Mund und mein zugeschnürter Hals ließen momentan keine Antwort zu. Mit meinem Gleichgewichtssinn stand es nicht zum Besten, deshalb musste ich mich an der Tischkante festklammern.
    »Ich kann verstehen, dass Sie jetzt etwas verwirrt sind, Herr Palzki«, übernahm Herr Schleicher das Wort. »Mein Pressesprecher und ich haben Jacques fest versprochen, keiner Menschenseele etwas über ihn oder das Labor zu verraten, das galt natürlich auch für Sie. Er wollte nicht, dass Sie als Polizeibeamter in seine getürkte Geschichte hineingezogen würden und Gewissensbisse bekämen. Deshalb der Umweg über diesen Notar. Jacques meinte, so könnten Sie neutral in seiner Sache ermitteln und müssten sich keine Vorwürfe machen. Für ihn war es ein Spaß, seine Verfolger zu verwirren, er nannte es ein Abenteuer. Das mit den Morden war selbstverständlich nicht geplant und hat uns sehr schockiert. Seit Tagen überlegen wir gemeinsam, wie wir diesem Spuk ein Ende setzen könnten. Wir wissen, dass wir Mist gebaut haben.«
    Ich konnte es immer noch nicht fassen. Einen guten Meter vor mir stand Jacques mit seinen wirren Einstein-Haaren und dem obligatorischen schmutzig grauen Kittel, ohne den ich ihn in den letzten 20 Jahren wahrscheinlich nie gesehen hatte. Ein kleines Männlein stand hier vor mir, uralt und doch war er einer der intelligentesten Menschen auf diesem Planeten.
    »Jetzt krieg dich mal wieder ein, mein lieber Reiner, sonst fang ich noch an zu glauben, du hättest mich vermisst.«
    Nun konnte ich nicht mehr anders und fiel meinem Freund um den Hals und heulte hemmungslos.
    »Jetzt mach mal halblang, mein Sohn. Erzähl mir lieber, wie draußen das Wetter ist. Hier unten ist es nämlich ein bisschen eintönig.«
    Ich riss mich zusammen, wischte meine Tränen am Ärmel ab und sprach schluchzend: »Mensch, Jacques, wir haben alle gedacht, du wärst tot!«
    »Na, das will ich auch schwer hoffen«, antwortete mein Freund, der Erfinder, mit erstaunlich cooler Stimme.
    »Wieso lebst du denn überhaupt noch? Hingstenberg hat doch eindeutig deinen Tod bestätigt!«
    »Ach ja, der Enrico.«
    Ich war irritiert. Dr. Dr. Enrico Hingstenberg war eine Koryphäe auf seinem Gebiet. Er war erst Ende 20 und die große Hoffnung des Rechtsmedizinischen Instituts.

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