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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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die, dass Miriam nicht gut darin war, sich zurückzuhalten. Sie konnte Dinge vertuschen, doch sich über eine lange Zeit zurückzuhalten, war nicht ihrs. Sie konnte ihr Begehren nicht bezähmen, sie konnte ihre Selbstsicherheit nicht bezähmen, und sie konnte ihre Neugierde nicht bezähmen.
    Und unglücklicherweise konnte sie auch ihre Dummheit nicht bezähmen, dachte sie, als sie allein durch die Gänge des Kellers wanderte. Ashton hatte ihr mit Freuden eine elektrische Lampe gemacht, ihr jedoch nicht erklärt, dass man den Auslöseimpuls fortwährend drücken musste, wenn das Licht nicht wieder ausgehen sollte. Miriam drückte ihn hektisch alle paar Sekunden, öfter als es nötig gewesen wäre, damit das Licht kontinuierlich brannte, obwohl ihr Finger schon angespannt und verkrampft war. Sie suchte eine Weile nach dem Zeichen, das sie beim letzten Mal hinterlassen hatte, einer ungleichmäßigen Linie im Staub der Wände. Es hatte sich bereits weiterer Staub darauf gelegt, doch im Licht der Lampe war die Linie noch zu erkennen. Sie fuhr mit dem Finger daran entlang, um sie tiefer und leichter sichtbar zu machen, während sie durch die Gänge lief. Die Reibung durch die unebenen Steine und den Staub machten ihre Fingerspitze rau. Sie war allein gekommen, weil sie die Roboter noch einmal sehen, weil sie prüfen musste, ob sie wirklich die Züge des Dukes in ihnen gesehen hatte, doch das konnte sie niemandem sagen. Es implizierte ein Geheimnis, das zu düster war, um es mit jemandem zu teilen, selbst mit Toby. Und sie mochte den Duke. Er war ein guter Arbeitgeber, und wenn sich ihre Befürchtungen als wahr erweisen sollten – wenn er nicht ganz menschlich war – , würde sie diese Information dagegen abwägen müssen, was sie von ihm wusste … wenn nicht als Mann, dann als Lebewesen. Und zwar als ein ganz und gar gutes. Sie musste seine Natur niemandem gegenüber enthüllen. Sie musste es nur für sich selbst wissen.
    Miriam war keine Wissenschaftlerin. Sie wusste nicht, wie man einen mechanischen Mann konstruieren konnte, der so lebendig war wie der Duke, beziehungsweise ob das überhaupt möglich war, doch sie hatte, seit sie in Illyria arbeitete, schon viele Dinge gesehen, die sie vorher für unmöglich gehalten hätte, und auf ein weiteres kam es nicht an. Im letzten Jahr war sie einmal in sein Labor gekommen und hatte etwas an seinem Bein gesehen, das wie ein metallischer Oberschenkel ausgesehen hatte. Er hatte einen nervösen Eindruck gemacht und gesagt, dass er nur ein Teil für Bunburry mache, falls er einen weiteren Unfall haben sollte, was zu dieser Zeit einleuchtend erschien, doch Miriam fragte sich, ob sie vielleicht nicht doch etwas anderes gesehen hatte – den Duke, der ein neues Ersatzteil für sich selbst anfertigte oder vielleicht sogar seine tatsächliche Haut unter den Kleidern. Miriam blieb stehen, als etwas ihr Kleid streifte. Sie richtete die Lampe auf ihre Füße, sah jedoch nichts. Der Lichtstrahl erschien sehr klein verglichen mit der Größe des Kellers. Jedes Mal, dass sie hier war, kam er ihr dunkler vor. In der Ferne hörte sie eine Tür zuschlagen und etwas, das wie ein Kichern klang. Sie hörte auch die Geräusche der Getriebewand, die undeutlich in der Dunkelheit pulsierten wie leise Schritte.
    Was passierte sonst noch im Keller? Sie hatte einige der anderen Dienstboten danach gefragt, doch sie hatten mit den Schultern gezuckt oder sie stehen gelassen. Die Einzige, die mit ihr gesprochen hatte, war das Mädchen, das ihr Bett machte, sie hatte ihr erzählt, dass sie glaubte, dass niemand sehr weit in den Keller hineinging. Alles, was dort gelagert war, befand sich im Umkreis der Treppe. Die anderen Dienstboten mochten Miriam nicht. Es gefiel ihnen nicht, dass eine Jüdin mit dunkler Haut eine höhere Stellung bekleidete als sie und dass sie ihr die Laken wechseln und ihr das Essen servieren mussten. Jetzt wünschte sie, dass sie es geschafft hätte, die Dienstboten mehr für sich einzunehmen. Vielleicht hatte einer von ihnen eine Karte des Kellers oder wusste zumindest etwas, doch alle behaupteten, dass er nicht genutzt wurde.
    Doch das stimmte nicht. Es gab Türen, die sich schlossen, Gelächter aus unbekannten Quellen, warme, unsichtbare Dinge, die ihr Kleid streiften und einen Haufen von Skelettrobotern. Nur dass diese inzwischen fort waren, wie Miriam sah, als sie die Stelle erreicht hatte, wo die Linie an der Wand aufhörte. Es war definitiv die richtige Stelle, eine Biegung im

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