Erfindung der Violet Adams
egoistisch«, erklärte Violet. »Ich sollte Ihnen wohl sagen, dass mein Bruder manchmal ein richtiges Scheusal sein kann, Miss Worthing.«
»Nein!«, rief Cecily.
»Er hat sehr viele Bewunderinnen«, fuhr Violet fort. »Ich argwöhne, dass ich bereits einen unehelichen Neffen habe.« Cecily keuchte. »Meine arme, verletzte Cecily«, sagte Violet und legte ihr eine Hand aufs Knie.
Cecily umklammerte sie mit ihrer. »Aber er macht einen so einfühlsamen Eindruck.«
»Das ist er auch«, sagte Violet. »Aber Männer auf viele Seiten, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Cecily und sah mit feuchten Augen zu Violet auf, »und danke, dass Sie es mir erzählt haben. Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe.«
»Ja?«, fragte Violet und umklammerte Cecilys Hand.
»Ich muss ihn ändern«, sagte Cecily entschlossen. Violet unterdrückte einen Seufzer. »Wie bei einer armen, kranken Pflanze werde ich Ashtons guten Seiten helfen zu wachsen und die schlechten abschneiden. Ja. Mir ist jetzt klar, dass Liebe eine komplizierte Angelegenheit ist, aber ich bin für den Kampf, der vor mir liegt, bereit. Und ich hoffe, Sie werden mir dabei helfen, meine liebe, arme Violet«, fuhr sie fort und drückte Violets Hände gegen ihre Brust, »denn er hat auch Sie verletzt. Doch mit Ihnen als Schwester und mir als Freundin wird er sich ändern, nicht wahr?«
»Ja«, antwortete Violet kleinlaut. Ihr Plan war gescheitert.
»Und jetzt hätte ich doch gerne etwas Brot und Butter, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Cecily, ließ Violets Hand los und stand auf.
»Natürlich«, gab Violet sich geschlagen und betätigte die Klingel.
Als Mrs Wilks hereinkam, fragte Violet nach Brot und Butter für sie beide. Als sie zurückkam, starrte Mrs Wilks Cecily lange an, bevor sie das Brot auf den Tisch stellte.
»Woher kennen Sie Violet, wenn ich fragen darf?«, fragte Mrs Wilks und zwang ihren Mund zu einem clownesken Lächeln.
»Oh«, sagte Cecily, »wir haben uns gerade erst kennengelernt. Ich kenne ihren Bruder, Ashton.«
»Oh«, meinte Mrs Wilks und nickte, als käme ihr das verständlicher vor.
»Vielleicht könnten Sie uns allein lassen, wir haben miteinander zu reden, Mrs Wilks?«, bat Violet zuckersüß. Mrs Wilks nickte erneut und ging.
Während sie aßen, erzählte Cecily Violet von ihren wissenschaftlichen Projekten, die Violet bereits kannte, für die sie jedoch trotzdem Interesse zu zeigen vermochte.
Kurz darauf kamen die Männer zurück, und Violet spürte, wie sie sich versteifte.
»Ein wunderschöner Astronomieturm«, meinte der Duke, »und Ihr Cousin kennt alle Details seiner Konstruktion.«
»Genau wie ich«, sagte Violet.
»Da bin ich mir sicher«, sagte der Duke und errötete leicht.
»Wir essen gerade etwas Brot und Butter und trinken Tee. Möchten die Herren auch etwas?«
»Ich hätte gerne etwas«, sagte Jack und setzte sich neben Cecily. »Gibt es auch Muffins?«
»Gibt es«, sagte Ashton. »Ich hole sie.«
»Ich hatte gedacht, dass Sie mir vielleicht die Ehre eines Spaziergangs über das Anwesen erweisen«, sagte der Duke zu Violet. »Ich habe etwas gesehen, dass wie eine Gruppe Eschen an einem See ausgesehen hat.«
»Ja«, sagte Violet. »Das war der Lieblingsplatz meiner Mutter.«
»Und Ashton hat gesagt, dass im Frühjahr dort Veilchen blühen – sind Sie nach Ihnen benannt?«, lächelte der Duke.
»Ja. Ich fürchte jedoch, dass die Veilchen jetzt nicht blühen«, gab Violet zurück.
»Dessen bin ich mir bewusst, Miss Adams.«
»Und doch sprechen Sie davon. Sagen sie, Miss Worthing, spricht Ihr Cousin mit Ihnen auch nur über Blumen? Als ich ihm das erste Mal begegnet bin, schien er nicht in der Lage, über etwas anderes zu reden.«
»Nun, Ernest mag Blumen … «, begann Cecily nervös.
»Ich denke, Sie überschätzen mein Interesse für die Botanik, Miss Adams«, sagte der Duke mit gerunzelter Stirn.
»Ich glaube, Sie überschätzen meins, Sir«, konterte Violet und runzelte ebenfalls die Stirn. Ihr Herz raste, und sie fühlte, dass sie rot wurde.
»Komm, zeig ihm die Bäume, Violet«, sagte Ashton, als er mit einem Tablett mit Muffins zurückkam. Mrs Wilks folgte ihm mit einem Teetablett und weiteren Tassen. Sie stellten ihre Tabletts auf den Tisch.
»Wir hatten hier noch nie so hohen Besuch«, meinte Mrs Wilks. »Ashton, woher kennen Sie –«
»Nun gut«, schnitt Violet ihr das Wort ab und erhob sich. »Ich begleite Sie hinaus, wenn Miss Worthing nichts dagegen hat, allein in der Gesellschaft dieser
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