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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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vor.«
    »Große Tonnen«, wiederholte Violet langsam und tief, ohne jedoch wie ein Mann zu klingen.
    »Nicht schlecht«, bemerkte Jack anerkennend. Sie saßen mit Büchern in der Hand auf Mutters Bank, um Mrs Wilks glauben zu machen, dass sie ein Theaterstück spielten.
    »Es ist furchtbar, es ist eine Katastrophe«, sagte Ashton. »Du bist dem Duke schon einmal begegnet. Du musst verhindern, dass er dich wiedererkennt. Und obwohl ich zugeben muss, dass du zwar mit dem Anzug und den falschen Koteletten wie ein Junge aussiehst, der langsam zum Mann heranwächst, und dass du den Gang auch schon ganz gut beherrschst, ist … «
    »Ich stelle mir einfach ein langsam arbeitendes Getriebe vor«, überlegte Violet laut. Jack grinste.
    »… ist deine Stimme noch immer sehr weiblich«, schloss Ashton.
    »Dann bin ich eben noch nicht im Stimmbruch«, entgegnete Violet mit in die Hüften gestemmten Händen.
    »Mit siebzehn?«, fragte Ashton. »Das alleine wäre schon eine naturwissenschaftliche Einzigartigkeit. Komm, versuch es noch einmal.«
    »Tonnen, Tonnen die auf mich drücken«, sagte Violet.
    »Schon besser«, lobte Ashton, »doch es besteht kein Grund, dir die Aussprache der Arbeiterklasse anzugewöhnen.«
    »Ich bin gespannt, wie das Gebäude von innen aussieht«, warf Violet ein, noch immer mit ihrer männlichen Stimme.
    »Ein Mann hat mir die Tür geöffnet, als ich meine Bewerbung abgegeben habe«, sagte Jack. »Ich konnte nicht viel hinter ihm erkennen, doch was ich gesehen habe, sah nach hohen Gewölbedecken in Gold und Bronze aus, und ich habe das Klicken gehört.«
    »Die gesamte Akademie bezieht ihre Energie über das Wasserrad, dessen Arbeit über diverse Getriebe transportiert wird oder so, hat mir der Duke erzählt«, erzählte Violet.
    »Langsamer, sprich langsamer«, forderte Ashton sie auf. »Du klingst zu affektiert.«
    » Du sprichst auch nicht langsam« sagte Violet.
    »Ich bin ein Mann. Ich muss nicht so tun, als ob ich einer wäre.«
    »Dann bin ich eben so ein Mann wie du«, erwiderte Violet. »Das würde Sinn ergeben, schließlich sind wir Zwillinge. Wäre ich ein Mann, wäre ich bestimmt wie du, denke ich.«
    »Nein, du musst ein ganz langweiliger Mann sein«, sagte Ashton. »Durchschnittlich, farblos, damit niemand auf die Idee kommt, du könntest eine Frau sein.«
    »Wird meine Weiblichkeit nicht mehr betont, wenn ich einfach nur fade bin?«, fragte Violet. »Sollte ich meine Verkleidung nicht so weit wie möglich der Realität anpassen? Und ein mädchenhafter Dandy sein? Dann würde man einfach denken, dass ich ein Mann bin, der sich wie eine Frau verhält.«
    »Nein«, widersprach Ashton bestimmt. »Wissenschaftler sind in der Regel keine Dandys und selbst dann, wenn sie welche sind, keine überzeugenden.«
    »Entschuldige mal«, beschwerte sich Jack pikiert. »Ich bin manchmal ein ganz schöner Dandy.«
    »Du bist ein Witzbold, ein Possenreißer, ein Komödiant«, gab Ashton zurück. »Das kommt zwar alles einem Dandy sehr nahe, ist aber etwas anderes.«
    »Ich denke, dass ich durchaus mehr bin als das«, sagte Jack verärgert.
    »Natürlich bist du das. Wir alle sind mehr als das, was die Gesellschaft in uns sieht, doch wenn die Gesellschaft uns schon in Schubladen steckt – und das tut sie – , dann sollten wir uns wenigstens aussuchen, in welche. Und du, mein verehrter Bruder Violet, musst in die Schublade ›farblos‹ passen. Genial natürlich, doch in allen anderen Bereichen durchschnittlich. Die Art Mann, der heiratet und seine Kinder Mary und John nennt … «
    »Entschuldige mal«, sagte Jack ein weiteres Mal.
    »… und den man, obwohl er brillant ist, auf Partys nie neben den Gastgeber setzt, da seine Konversation so vorhersehbar ist.«
    »Ich glaube nicht, dass ich so ein Mann sein möchte«, sagte Violet. »Ich denke, da würde ich doch lieber eine Frau sein, Illyria hin oder her.«
    »Nun, dann sprich wenigstens wie ein farbloser Mann. Dann kannst du dich verhalten, wie du willst.«
    »In Ordnung«, gab Violet nach und nahm wieder ihre Männerstimme an. »Ich bin Ashton Adams, und ich rede, als wäre ich der langweiligste Mann auf der Welt. Was du sicher sehr beruhigend findest, da die, die langweiliges Zeug reden, unweigerlich die sind, die einen Skandal verheimlichen wollen, und die, die reden, als ob ihr Leben ausschließlich aus Abenteuern besteht, meist ziemlich langweilig sind und das auch wissen.«
    »Das ist schon ganz gut«, sagte Ashton. »Gut genug für das

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