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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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nicht viel zählt, doch Jack ist ziemlich genial, und er sagt, dass seine Genialität nur eine Flamme ist verglichen mit deinem Leuchtfeuer.«
    Violet lächelte. »Jack ist bescheiden«, sagte sie. »Er ist viel klüger als ich. Ich könnte kein Flügelfrettchen kreieren.«
    »Und er könnte keine Handtasche konstruieren, die so nützlich ist wie die, die du in der Hand hältst. Ihr habt beide eure eigenen Stärken. Und du bist ein ganz passabler Mann, wenn ich das sagen darf. Ein wenig seltsam, aber auf eine liebenswerte Weise. Es wird alles gut gehen, und ich bin sicher, dass du im Oktober durch die Hallen von Illyria wandelst.«
    »Danke«, sagte Violet und legte ihre Hand auf seine. Sie fuhren schweigend weiter, bis Antony vor ihrem Stadthaus hielt und ihnen die Kutschtür öffnete. Sie traten in die kühle Frühherbstluft hinaus, die von dem Geruch nach Rauch und sterbenden Blättern geschwängert war.
    »Und nun, Antony, werden wir etwas ziemlich Schockierendes tun«,begann Ashton. »Es ist sehr wichtig, dass Sie niemandem davon erzählen, insbesondere nicht Mrs Wilks. Das werden Sie doch für mich tun, nicht wahr?« Ashton legte Antony die Hand auf die Schulter. Er hatte schon des Öfteren vermutet, dass der junge Kutscher eine ganz spezielle Zuneigung für ihn hegte. Er hatte sich gelegentlich sogar darauf einlassen wollen, war sich jedoch nicht sicher gewesen, ob das nicht ungehörig wäre. Eine Beziehung mit dem Diener von jemand anderem zu haben, schien absolut in Ordnung, doch einen der eigenen Angestellten zu lieben, kam ihm ein wenig stillos vor, als fände man keinen Liebhaber außerhalb des eigenen Hauses. Doch sein Lächeln hatte bei Antony die gewünschte Wirkung, der vertrauensvoll und mit weit aufgerissenen Augen nickte, als Violet und Ashton ins Haus gingen, um Violet in ihren Zwillingsbruder zu verwandeln.
    Violet konnte sich inzwischen selber ankleiden und verkleiden, wie sie es als Schüler auch würde tun müssen. Sie strich sich das Haar zurück und steckte es in ihren Hemdkragen, sodass es deutlich kürzer wirkte, und befestigte vorsichtig die Koteletten. Sie blickte noch einmal in den Spiegel und fand ihre Erscheinung recht beeindruckend, wenn auch nur deshalb, weil sie einen Mann mit Handtasche sah, was schon ziemlich seltsam wirkte. Daran konnte sie jetzt allerdings nichts ändern. Sie öffnete die Tür ihres Ankleidezimmers, damit Ashton hereinkommen und sie in Augenschein nehmen konnte.
    »Du siehst ganz wie ein Ehrenmann aus«, sagte er. »Setz dich in die Kutsche, bevor ich die Nerven verliere.«

    Antony hatte sich immer für ziemlich normal gehalten. Zugegeben, er hatte in der letzten Zeit ein ungewöhnliches Interesse an dem jungen Mr Adams entwickelt, doch er wusste, dass er im Grunde seines Herzens ein einfacher Kutscher war. Eines Tages würde er sich irgendwo niederlassen und Kinder haben. Eines Tages würde er auf seine Tage als Kutscher einer Familie von verrückten Wissenschaftlern zurückblicken und sie als Abenteuer ansehen. Sein Leben würde nicht herausragend sein, aber angenehm, ohne große Überraschungen. Und daher erkannte er Violet auch erst nicht, die wie ein kleiner, eleganter Mann aussah, als sie aus dem Stadthaus trat. Und als er sie schließlich erkannte, war ihm der Schock ins Gesicht geschrieben. Sein Mund stand offen, und seine Augen traten aus ihren Höhlen.
    »Schauen Sie nicht so überrascht drein, Antony«, sagte Violet, als sie in die Kutsche stieg. »Ich möchte in Illyria studieren, was ich auch verdiene, nicht wahr? Und das ist der einzige Weg.« Ashton zwinkerte Antony zu, der schnell seinen Mund schloss und zu Boden blickte, nicht nur wegen des Zwinkerns, sondern auch wegen des unglaublichen Plans, von dem er nun ein Teil war.
    »Bringen Sie ihn nach Illyria«, befahl Ashton. »Reden Sie ihn mit meinem Namen an. Ich verspreche Ihnen, dass man Ihre Diskretion zu schätzen wissen wird.«
    Mit einem tiefen Seufzer setzte sich Antony wieder auf den Kutschbock. Als er zu der Illyria-Akademie fuhr, tat er sein Bestes, nach vorn zu schauen und sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, doch er musste wieder und wieder an den Plan der Zwillinge denken. Natürlich wusste er von Violets wissenschaftlichen Ambitionen, und selbstverständlich wünschte er ihr nur das Beste, doch dieses Verhalten war mit Sicherheit ungehörig für eine junge Dame. Wenn sie enttarnt würde und herauskäme, dass er davon gewusst hatte … Nein, Violet und Ashton würden ihn nie

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