Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
Vom Netzwerk:
bestand aus allen fünf Professoren und aus dem Duke. Sie schluckte, ihr Mund war ganz trocken. Würde der Duke sie wiedererkennen? Und wenn ja, würde er sie enttarnen? Welchen Eindruck hatte sie bei ihm hinterlassen? Würde er sich wohlwollend an sie erinnern?
    »Entspann dich«, sagte Jack, »du zitterst ja wie ein Mädchen.«
    Violet sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und grinste breit. »Woher hast du überhaupt gewusst, dass ich nervös sein würde?«, fragte Violet.
    »Du bist schon ein selbstsicheres … Kerlchen«, begann Jack, der gerade noch verhindern konnte, Mädchen zu sagen, »aber ich kenne dich, seit du ein Kind warst. Jedes Mal, bevor du eine Erfindung ausprobiert hast, hast du an den Nägeln gekaut und herumgezappelt und dir genauso viele Sorgen gemacht wie Mrs Wilks. Ich dachte, das würde heute nicht anders sein.«
    »Nun«, sagte Violet herzlich, »danke, dass du mich so gut kennst.«
    Violet und Jack warteten ungeduldig, während das Rad der Zeit sich träge drehte, zu langsam und zu schnell zugleich. Andere Bewerber verschwanden in dem Raum hinter den hölzernen Flügeltüren, wenn sie von einem Diener aufgerufen worden waren und traten einige Minuten später wieder heraus, einige glücklich, andere mit hängenden Köpfen, einige wenige weinten sogar. Jack und Violet unterhielten sich, und Jack machte sich einen Spaß daraus, zu sehen, ob er Violet zu kleinen, unschuldigen Fehlern provozieren konnte. Violet genoss die Herausforderung, doch beide waren nicht mit dem Herzen bei der Sache. Ihre Herzen schlugen im Takt der großen Wanduhr mit ihren sichtbaren Uhrwerken und der ächzenden, mechanischen Geräusche, die im ganzen Gebäude zu hören waren.
    »John Feste junior«, rief der Diener plötzlich. Jack riss die Augen auf. Violet wollte ihm beruhigend die Hand drücken, doch sie wusste, dass das eine weibliche Geste war, deshalb schlug sie ihm nur beherzt auf die Schulter.
    »Viel Glück«, sagte sie mit tiefer Stimme.
    »Danke«, sagte Jack quietschend, da die Nervosität ihn nun fest im Griff hatte. Beinahe hätte er sein zweites Flügelfrettchen vergessen, er musste nach einigen Schritten umkehren, um es zu holen. Die Tür schloss sich geräuschvoll hinter ihm. Violet schaute ihm nach, während sie ein stilles Gebet für seinen Erfolg sprach.
    Doch eine Minute später schien es, als würde er das nicht brauchen, denn aus dem Raum kamen lautes Lachen und Applaus. Erleichtert konzentrierte sich Violet auf die Geräusche des Gebäudes. Sie hörte das ausgedehnte Echo des Wasserrads und das vielfältige Klicken und Schleifen von Hebeln irgendwo im Haus, auch wenn sie nicht sagen konnte, wozu diese dienten. Die miteinander harmonisierenden Geräusche waren für Violet eine Art Musik, begleitet von den Tönen der Sprungfedern, die hin und wieder wie Geigen über dem Ganzen schwebten. Waren das die Getriebe, die den Strom für die gesamte Akademie erzeugten? Violet biss sich auf die Unterlippe und versuchte, sich all die Maschinen vorzustellen, die es in der Akademie geben musste: Babbages Rechenmaschinen natürlich – in ihrer Vorstellung waren es mehr als eine – , einen Aufzug, einen Schmiedeofen und jede Menge mehr.
    Violet kam der Gedanke, dass es wahrscheinlich sehr weiblich war, sich auf die Unterlippe zu beißen. Sie hörte genau in dem Moment damit auf, als Jack aus der Halle trat. Er schien ein wenig aufgeregt, aber sehr zufrieden, sein Gesicht war gerötet, doch er lächelte, sein Haar war zerzaust und klebte ihm verschwitzt im Gesicht. Seine grünen Augen glänzten vor unterdrücktem Lachen. Der Käfig in seiner Hand wackelte, und aus dem Inneren war ein leises Quietschen zu hören.
    »Ich habe Sheila rausgelassen, um zu beweisen, dass sie fliegen kann«, erklärte er. »Sie konnte es, aber sie wieder einzufangen, war ein wenig abenteuerlich.«
    Bevor Violet fragen konnte, wie es ihm gelungen war, das Frettchen wieder einzufangen, sagte der Diener: »Bewerber, die ihr Gespräch bereits hinter sich haben, müssen die Akademie verlassen«, und warf ihnen einen nicht misszuverstehenden Blick zu. Jack zuckte mit den Schultern und schnitt eine Grimasse in Richtung des Dieners, als er sich umdrehte und ging.
    »Viel Glück, Kumpel«, sagte Jack und schlug Violet auf den Rücken. »Wir sehen uns heute Abend.« Violet nickte und wartete weiter. Andere Jungwissenschaftler wurden in den Raum gerufen und kamen wieder heraus, alle sahen erschöpft aus.
    »Ashton Adams«, rief der Diener.

Weitere Kostenlose Bücher