Erfolg
Stimmung, dem Klenk zugetan. Er wird sich anstrengen, der Klenk muß mitmachen, er muß den Klenk dabeihaben. Es wird schiefgehen, wenn der Klenk nicht dabei ist.
Die Insarowa, als Kutzner Weisung gab, nach Berchtoldszell zu fahren, glitzerte auf. Sie hatte sich in der letzten Zeit eng an Erich Bornhaak angeschlossen. Der, seitdem Klenk sich von den Wahrhaft Deutschen zurückgezogen hatte, riß immer mehr Macht an sich. Er vervielfältigte sich in hitziger Geschäftigkeit, in wilden Vergnügungen. Die Insarowa bewunderteihn, wie er sich verschwendete; ihr gefiel die spielerische, zynische Achtlosigkeit, mit der er sie nahm. Sie freute sich darauf, den Klenk zu kitzeln, Erich mit ihm eifersüchtig zu machen.
Klenk, als er die beiden sah, erhob sich. Kutzner, nach einigen allgemeinen Wendungen, begann gleich zu reden. Er hatte einen guten Tag, die Worte flossen ihm kräftig und herzhaft aus dem Mund. Klenk dachte sich: Der kann’s. Er stand riesig da, hörte gelassen zu, nicht unhöflich; hier in seinem Wald fühlte er sich diesem traurigen Tropf von einem Kutzner zehnmal überlegen. Der und die Insarowa, nach der langen Autofahrt, froren, hatten das Bedürfnis nach einem warmen Zimmer. Das hagere Gesicht der Russin äugte aus ihrem dichten, grauen Pelz. Sie trippelte von einem Fuß auf den andern, ein kleines, zierliches, behaartes Tier, zitternd im Frost. Trotzdem das Luder schuld war damals an seiner Nierengeschichte und allem, was darauf folgte, hätte er ihr etwas Wärme gegönnt. Aber noch feiner war, den Kutzner frieren zu lassen. Er ließ ihn frieren.
Der Führer, um sich warm zu machen, redete doppelt dringlich. Eifrig das winzige Schnurrbärtchen bewegte er, seine höckerige Nase sprang bedeutend auf und ab. Klenk dachte: Zu spät, Herr Nachbar. Deine Bäume sind abgeblüht. Er genoß das bildhafte Wesen des Mannes, hörte sich schmeckerisch die langen Beschwörungen an.
Nach geraumer Weile erst führte er die Gäste ins Haus, gab den Halberfrorenen zu essen und zu trinken. Er stellte sich unschlüssig und hatte seine Freude, als der Führer darauf hereinfiel und seinen Salm von neuem anfing. Diesmal kam er auf die Schublade zu sprechen und den großen Plan. Schon als er seinerzeit das erstemal davon sprach, hatte dem Klenk diese Schublade imponiert. Eigentlich war sie das einzige, was ihm an Kutzner imponierte. Mehrmals in der Zwischenzeit hatte er sich in seinem bilderreichen Kopf ausgemalt, wie da der große Plan in der Lade lag, von keinem gekannt, alle bewegend. Als jetzt der Führer wieder geheimnisvoll davonanfing, warf er, war es Scherz, war es ein wirkliches Projekt?, ihm beiläufig hin, auch er arbeite an einem Schriftstück, das keiner so bald zu Gesicht bekommen soll. Der Führer, der bisher träumerisch auf die Beinknöpfe an Klenks Lodenjoppe gestarrt hatte, horchte hoch, schaute ihm in die braunen, listig vergnügten Augen. Ja, erklärte Klenk, er arbeite an seinen Erinnerungen. Der Führer, Minuten hindurch, schwieg, beschäftigte sich nur mit Essen, nachdenklich. In diesen Erinnerungen, meinte er schließlich, Unbehagen hinter gemachter Munterkeit verbergend, werde wohl auch er eine Rolle spielen. »Und ob, Herr Nachbar«, sagte Klenk.
Der Insarowa gefiel Klenk, seine gescheiten Augen, sein langer, knochiger Schädel, seine gegerbte Haut, der ganze Mann, wie er so gelassen und groß herumging in seinem Haus und in seinem Wald. Sie begriff nicht, warum sie sich den ganzen Sommer auf Erich Bornhaak beschränkt hatte. Sie dachte nicht daran, den Rat des vertrauenswürdigen Internisten Bernays zu befolgen. Daß sie nicht mehr lange zu leben haben wird, das hatte auch seine Vorteile; denn wer, wenn nicht sie, sollte seine Tage ausgenießen? Gleich, auf die erste Aufforderung hin, versprach sie dem Klenk, einmal allein zu ihm herauszukommen. »Wann?« fragte Klenk. »Morgen abend«, erwiderte die Insarowa, rasch entschlossen. Morgen Abend, das war die Zeit des Absprungs: es wird Erich kratzen, wenn sie ihm da nicht zuschaut.
7
Nordische List gegen nordische List
Der Staatskommissar Dr. Flaucher arbeitete zielbewußt an der Ausführung seines neuen Planes. Es war eine vom Himmel gesendete Eingebung, die notwendige Preisgabe der Wahrhaft Deutschen als freiwilligen Entschluß hinzustellen, sie gegen das Zugeständnis bayrischer Reservatrechte an das Reich zuverkaufen. Ums Leben gern hätte er den Klenk wissen lassen, was er da für ein großartiges Ei gelegt hat. Wenn der Klenk von dieser
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