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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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holen gebe.
    Der Greiderer indes arbeitete an der Skizze des »Dorfapostels Petrus«. Arbeitete ohne große Lust. Er hatte den Abend vorher stark getrunken. Er ärgerte sich über die zwei Dollar, die der hinterfotzige Bauer ergaunert hatte, auch über das Haserl, das so ausgeschämt mit dem Sauhammel herumflirtete. Herr von Osternacher suchte ihn immer wieder zu der Skizze zurückzuholen. Gab Ratschläge. Der Greiderer lehnte das meiste ab, bemühte sich, in seiner schwerfälligen, schwerverständlichen Manier auszudrücken, was eigentlich er machen möchte. Es gelang ihm schlecht. Aber der Osternacher hörte gut zu, schaute gierig zu.
    Der Greiderer wurde immer fauler. Richtig angelegt war die Skizze schon, aber es war so verdammt schwer. Die schlechte Luft in dem überheizten Zimmer machte müde. Der Apostel Petrus lächelte verständnisvoll. Ja, der Herr Greiderer hatte schon recht. Nur nicht zu hastig. Wenn es etwas Gutes ist, wird es nächste Woche immer noch zur rechten Zeit fertig. Nur sich nicht anstecken lassen von diesem modernen Blitzzugtempo. Der Greiderer nickte, blies einigesauf der Mundharmonika, zog sich mit dem Haserl zurück.
    Herr von Osternacher, allein, spazierte durch das Dorf, sich konzentrierend, scharf nachdenkend. Er ging auf die Hügel der Umgebung, kam nochmals an dem Haus des Rochus Daisenberger vorbei. Er notierte sich genau seine Adresse, forderte den Geschmeichelten auf, ihn in der Stadt zu besuchen.
16
Kasperl und der Torero
    Jacques Tüverlin trat aus dem warmen Augustvormittag in die muffige Kühle des Theaters. Schnüffelte nervös die modrige Luft. Der Plüsch der Sitze, die bröckelnde Vergoldung der Logenbrüstungen, die Stuckatur der Bühnenrahmung, wie scheußlich das aussah in dem leeren, riesigen Raum. Wie übel das roch. Trostlos waren die Proben. Statt an seinem »Weltgericht« zu arbeiten, drückte er sich herum unter faden Schönlingen, platten, angestrengten Komikern, gelangweilten Mädchen, die, nackt unter ihren armseligen Mänteln, trist, dürftig dahockten. Es war Wahnwitz gewesen, daß er sich auf diese Sache einließ.
    Man probierte an dem Bild »Tut en Kamen«. Das Grab dieses ägyptischen Königs war kurze Zeit vorher gefunden und eröffnet worden, der Stil jener Epoche, vor allem auf Gegenstände der Frauenkleidung angewandt, wurde rasch große Mode. In dem Bild »Tut en Kamen« gingen die Girls im Profil über die Bühne, in hieratischen Posen, und der Reliefstil der Ägypter, auf Auto, Tennis, Fußball, Negertanz übertragen, hätte, wären nicht die hoffnungslos leeren Gesichter der Girls gewesen, scharfe Wirkungen ergeben können. Kultisch Antikes und Aktuelles mischte sich frech, stimulierend, zusammengehalten durch eine nicht schlechte Musik. Aber Herr Pfaundler hatte die Verse Tüverlins als zu hoch getilgt,ein beliebter Operettenlibrettist hatte jetzt diese Verse geschrieben, neckisch, banal, gemein. Was ging das Tüverlin an?
    Herr Pfaundler schrie etwas durchs Sprachrohr, ging auf die Bühne, stritt sich mit dem Regisseur, gab neue Anordnungen, warf sie um, kam wieder in den Zuschauerraum an sein erleuchtetes Regiepult, schimpfte mit seiner hellen, fetten Stimme, die wunderlich verzerrt aus dem Megaphon kam.
    Er war schwer zu handhaben während dieser Proben. Er hatte vielen kleinen Ärger. Ein klavierspielender Pavian zum Beispiel hatte angeblich Kolik. Pfaundler vermutete, das sei Vorwand, der Affe solle andernorts zu höheren Preisen gezeigt werden; aber der gekränkte Theaterarzt erklärte sich für unzuständig, die von dem Pavianbesitzer beigebrachten tierärztlichen Gutachten zu widerlegen. Ähnlich war es mit der Truppe der Liliputaner. Die hatte er zu besonders günstigen Bedingungen bekommen. Aber es stellte sich heraus, daß sie nur deshalb so billig mit ihm abgeschlossen hatten, weil das englische Arbeitsministerium ihnen als unlauteren Wettbewerbern mit englischen Liliputanern die Einreise nicht gestattet hatte. Jetzt war dieses Verbot zurückgenommen, und die tückischen Zwerge versuchten, durch passive Resistenz von Pfaundler Lösung ihres Kontrakts oder bessere Bedingungen zu erzwingen. Dies alles aber kratzte Pfaundler nur die Haut: tiefer saß und stets nagend der Ärger, daß er sich mit diesem verflixten Tüverlin eingelassen hatte. Wie konnte, nach so langer Praxis, er alter Schafskopf pfeilgerade auf diesen Bruch, auf dieses Künstlerische hereinfallen? Daß das Projekt einer künstlerischen Revue gut, aber nur in Berlin

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