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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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niederträchtige Art davongejagt.Nun wird er sie halt gegen sie drehen. Jetzt ist er frei, keiner kann ihn mehr schwach anreden. Er kann den Wind machen, wie es ihm beliebt. Es wird ein gewaltiger Wind sein, ein Mordswind, ein Riesenfurz, an dem mancher erstickt und verreckt. Hin müssen sie sein, dachte er an das alte Zornwort seines Landes, und er dachte an den Flaucher und den Hartl und den Toni Riedler und an manchen von den vielen, denen er im Vorübergehen jovial die Hand drückte.
    Er kam auf die Bühne, suchte die Garderobe der Insarowa. Die Tänzerin, nackt unter einem Kimono, sah zart aus, von einem Kind umzublasen, süß und verderbt. Heiß von den Erregungen der Premiere, schaute sie aus schiefen Augen auf den riesigen Mann, traurig, spöttisch, wartend, was er zu sagen habe. Ein Duft, von Schminke, Parfüm, Frauenhaut war im Raum. Sie saß zusammengekauert, winzig, er füllte die kleine Koje fast aus. Mit seiner tiefen Stimme sprach er herunter zu ihr, schaute sie an aus seinen braunen, ungebändigten Augen. Bemühte sich, liebenswürdig zu sein. Sprach davon, wie delikat sie auf der Bühne gewirkt habe, viel zu schade für diese gescherten Hammel, vor denen nur das Grobe zur Geltung komme. Da sie andauernd schwieg, setzte er von neuem an. Wie er sich freue, jetzt endlich Zeit zu haben für die Dinge, die ihm wirklich am Herzen lägen. Ob sie mit ihm auf seine Besitzung Berchtoldszell kommen wolle. Man werde bergkraxeln, auf die Jagd gehen, spazierenfahren, rudern. Er stelle sich das sehr angenehm vor, ihr werde etwas Landleben sicher guttun. Er sprach ziemlich lange.
    Die Insarowa ließ ihn reden, schminkte an sich herum, ihn aus dem Spiegel beobachtend. Er wollte schon ungeduldig werden. Bezwang sich. Sie, aus dem Spiegel, kokett, mit gemachter Schwermut, leckte sich mit der Zunge die Mundwinkel, schaute ihn schief an, schüttelte den Kopf. Nein. Sie sei, wie sie ihm ja schon geschrieben habe, krank. Auch habe sie Pech, niemals stimmten ihre Passionen zu denen der anderen. Wenn sie jemanden wolle, dann wolle der nicht. Manbehandle sie wie ein kleines, albernes Kind. Das sei sie nicht. Der Doktor Bernays habe ihr ein englisches Sanatorium genannt, wo sie nach menschlichem Ermessen gerettet werden könne. In einem Krankenraum, der nach der vierten Seite hin offen sei, auf Rasen, Bäume, Licht, Sonne hinaus, liege man da so gut wie regungslos, eingeschient. Nicht Wochen oder Monate, sondern Jahre. Das koste Entschluß. Sie habe sich entschlossen. In Leder und Eisen werde sie liegen, nur die Arme seien frei, und der Kopf auf dem Kissen habe ein wenig Bewegung. Man habe ihr geschildert, und sie könne es sich gut vorstellen, wie Patienten mit diesen Armen verzweifelt in die Luft langten, Ärzte und Pfleger beschwörend um Erlösung oder ein Ende. Dies genau wissend, habe sie sich entschlossen, nach England zu gehen.
    Sie erzählte das fast boshaft, wie ihm zum Trotz. Er hörte sie schweigend an. Sie saß mit dem Rücken zu ihm, immer mit der Schmückung ihres Gesichtes befaßt, sah ihn im Spiegel. Sah, daß er von der Krankheit sehr mitgenommen war, blaß, jetzt noch tiefer erblaßt vor Wut.
    Er dachte, es sei eine Gemeinheit. Erst mache sie ihn krank, dieses Sauluder, und dann, wenn er gesund sei, habe er nichts von ihr. Er glaubte ihr kein Wort; aber er wußte, es war aus. Er dachte: gut, um so besser. Habe er um so mehr Zeit, seine Pläne gegen gewisse Leute fertig zu machen. Es muß ja nicht gerade dieses Frauenzimmer sein. Hat er nicht längst vorgehabt, sich seinen Sohn einmal anzuschauen, den Simon, den Bams, was aus ihm geworden ist?
    Er kaute an seiner Pfeife herum, die sie sichtlich störte. Er wünsche nur, sagte er nach einer Weile, daß diese Kur ihr wirklich helfe. Anständigerweise müsse er sie darauf aufmerksam machen, daß er auf so lange Zeit für seine Gefühle nicht einstehen könne. Sie lächelte nur. Er fühlte sich hereingelegt, geschlenkt , war sehr erbost, als es zum Wiederbeginn der Vorstellung klingelte und er gehen mußte. Sie freute sich. Später dachte sie, wie blaß und heruntergekommen er aussah, und bereute, daß sie ihn nicht mehr geärgert hatte. Sieerinnerte sich an einen alten Fluch, den sie vor langer Zeit, als Kind, gehört hatte: »Möge die Erde dir leicht sein, daß die Hunde dich besser auskratzen können.«
    Nach der Pause sodann, sogleich und überraschend schnell, entschied sich endgültig das Schicksal der Revue. Da der Kasperl Balthasar Hierl herausgestrichen

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