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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Kilpi
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spenden nur zwei Baustellenlampen. Die eine hängt über dem Tisch, die andere liegt darauf. Das kalte bläuliche Licht schafft eine frostige Atmosphäre.
    Auf dem Tisch stehen ein Karton, zwei kleine weiche Plastikflaschen, die etwa drei Deziliter fassen, und eine große Plastikdose, die dem Aufkleber nach irgendwann einmal Gummibärchen enthalten hat.
    Der Mann schüttet eine helle, bröcklige Masse aus einer Papiertüte in die Plastikdose, bis der Boden gut bedeckt ist. Dann setzt er die Tüte auf dem Fußboden ab und nimmt einen kleinen Plastikkanister zur Hand. Als er den Verschluss aufdreht, dringt stechender Benzingeruch aus dem Kanister. Der Mann gießt Benzin auf die Masse, bis die Dose halb voll ist. Dann verschließt er den Kanister sorgfältig und trägt ihn an das andere Ende des Raums.
    Eine Zeit lang verrührt er Masse und Benzin mit einem Holzspatel, überprüft die Geschmeidigkeit der Mischung und gibt noch ein wenig von den hellen Bröckchen hinzu. Dann schüttet er feines Mehl aus einer kleinen Dose darüber und verrührt das Ganze.
    Er nimmt einen kleinen Trichter, setzt ihn sorgsam auf die erste Plastikflasche und gießt die zähflüssige Mischung vorsichtig hinein. Nachdem er beide Flaschen bis zum Hals gefüllt hat, bleibt nur noch ein winziger Rest in der Dose zurück. Dann verschließt er die Flaschen sorgfältig, vergewissert sich, dass sie dicht sind, legt sie in den Karton, der exakt die richtige Länge hat, und fixiert sie mit dickem Isolierband.
     

    Die Zwillinge haben ihre Mäntel angezogen. Die Mutter hilft dem Jungen noch, den Rucksack aufzusetzen, obwohl er seiner Meinung nach keine Hilfe braucht. Er kann das doch allein! Die Mutter bückt sich und sagt etwas und das Mädchen drückt ihr einen Kuss auf die Wange. Auch der Junge will seiner Mutter einen Kuss geben, stolpert aber über die Schuhe, die im Flur herumstehen.
    Inzwischen hat das Mädchen bereits die Haustür geöffnet. Der Wagen steht mit laufendem Motor vor dem Haus, während der Vater eilig die Garage schließt und wieder zu seinem Auto läuft. Jedes der Kinder ist der Meinung, es sei an der Reihe, vorn zu sitzen. Der Vater beeendet den Streit, indem er das Mädchen auf den Vordersitz schickt, und so kann die Fahrt endlich beginnen.
    Bald entfernt sich das Fahrzeug. Die Mutter winkt ihm nach und geht fröstelnd zurück ins Haus.
    Es ist ganz still. Die Mutter genießt die Ruhe einen Augenblick lang. Dann ruft die Pflicht. Sie ist Hausfrau, und sie hat ihre Aufgaben. Ihre Ertragsverantwortung. Sie müsste Wäsche waschen. Und spülen. Die Sauna wartet schon seit Wochen darauf, geputzt zu werden. Die Frau muss nur noch entscheiden, womit sie anfangen will.
    Sie trifft ihre Entscheidung: Sie beginnt mit dem Sofa. Die Beine hochgelegt, in einer Illustrierten blätternd, das Alleinsein genießend. Das ist Luxus, dieser intime Moment nur mit sich selbst.
     

    Der Mann nimmt eine kleine, mit glasklaren Kristallen gefüllte Röhre, in deren Mitte eine dünne, an einen Glühfaden erinnernde Leitung verläuft. Außerhalb der Röhre teilt sie sich in zwei mit Plastik isolierte Kabel. Vorsichtig legt er die Röhre zwischen die beiden Flaschen in den Karton. Der Abstand ist ein wenig zu klein, er muss die Röhre dazwischendrücken, wobei die Flaschen eingedellt werden und zusätzlicher Druck entsteht. Das bereitet ihm Sorgen. Er versucht, die Flaschen weiter auseinanderzuschieben, und vergewissert sich, dass nichts ausläuft.
    Nun bleibt noch der Zündmechanismus. Dabei handelt es sich um eine komplizierte Kombination aus Kabeln, Elektronik und Stromquelle. Der Mann legt den Zünder auf die Flaschen und die Röhre und fixiert ihn ebenfalls mit Isolierband. Dann verbindet er die Kabel der Röhre mit den Kontaktflächen am Zünder.
     

    Die Illustrierte liegt auf dem Parkett. Ein Arm hängt schlaff auf der Lehne des Sofas. Etwas bewegt sich. Ein Schatten fällt ins Wohnzimmer. Ein Schritt ist zu hören oder eher das Knirschen von Sandkörnern zwischen einem Schuh und einer Betonplatte. Der Schatten verschwindet, und die Schritte entfernen sich. Sie sind leise, man nimmt sie kaum wahr, wenn man nicht ausdrücklich auf sie achtet. Dennoch glaubt die Mutter im Schlaf, etwas zu hören. Sie wimmert leise und dreht sich auf die andere Seite.
    An der Tür, die vom Wohnzimmer in den Garten führt, wird langsam die Klinke nach unten gedrückt. Dann folgt ein kurzer Ruck. Die Tür geht nicht auf. Langsam bewegt sich die Klinke in ihre

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