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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Kilpi
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über den Teppichboden zum Fenster. Er blickt hinaus, während er sich mit dem Handtuch die Ohren reinigt. Unter dem Fenster verläuft eine stark befahrene Straße. Die Ampeln an der nahe gelegenen Kreuzung sorgen dafür, dass sich von Zeit zu Zeit lange Autoschlangen bilden. Auch einige Fahrräder sind unterwegs. Jenseits der Straße steht ein großes Gebäude aus Holz, hinter dem Gleise verlaufen. Der Bahnhof.
     

    Olli trommelt nervös auf den Deckel des Handschuhfachs. Sie haben es eilig. Die Straße ist frei, es herrscht kaum Verkehr, doch Tossavainen kriecht dahin wie ein alter Opa auf dem Weg zum Sonntagsgottesdienst.
    Seit die verbrannte Leiche entdeckt wurde, ist Tossavainen distanziert und still, brummt nur gelegentlich einzelne Worte und hat sich eingesponnen wie eine Made. Olli, den sein Verhalten irritiert, sucht schon seit einer ganzen Weile nach der richtigen Methode, seinen Praktikumsbetreuer aus dieser rätselhaften Schweigsamkeit zu reißen.
    »Verdammt noch mal!«, ruft Tossavainen plötzlich, bremst heftig und hält an einer Bushaltestelle.
    Eine Weile sitzen sie reglos da, während der Motor im Leerlauf stottert. Tossavainens Blick ist auf den Strahl der Scheinwerfer geheftet. Seine Hände krampfen sich um das Lenkrad, bis er sich entscheidet, den Motor abzustellen. Das Klopfen des Ventils am dritten Zylinder, das ihn schon lange gestört hat, überschreitet jetzt die Grenze des Erträglichen.
    »Du musst begreifen, dass die Welt voller Idioten ist«, jammert Tossavainen. »Diese Blödmänner fahren im eigenen Wagen vor, wenn sie eine Bank ausrauben. Sie stellen das Fluchtfahrzeug zu weit von der Bank entfernt ab und sind nicht fit genug, um hinzulaufen. Sie erschießen ihre Frau mit einer Flinte, die später in ihrem Waffenschrank gefunden wird, und behaupten, die Frau hätte Selbstmord begangen. Idioten, die bei einem Einbruch plötzlich Durchfall kriegen, mitten im Zimmer ihr Geschäft verrichten und sich den Hintern mit einem Stück Papier abwischen, das sie zufällig in der Hosentasche gefunden haben und bei dem es sich um eine Vorladung handelt, auf der ihr eigener Name steht. Wenn man die Unternehmungen dieser Herrschaften untersucht, liegt die einzige Schwierigkeit darin zu begreifen, wie idiotisch sie sein können.«
    Tossavainen schweigt einen Moment, schluckt und blickt nach draußen. »Manchmal fällt es einem schwer zu glauben, dass es außer den Idioten auch noch andere gibt.«
    Obwohl die allermeisten Verbrechen von Tölpeln begangen werden, gibt es auch das andere Extrem. Kriminelle, deren Taten man sich kaum vorzustellen wagt. Denn es ist überaus wahrscheinlich, dass sie keine Spuren hinterlassen, dass man keine Beweise gegen sie finden wird.
    Tossavainen verspürt Beklemmung. Er kann nicht begreifen, warum er sich in diesen Fall hat hineinziehen lassen. Immerhin war er krankgeschrieben und hätte endlich einmal Zeit für seine Familie gehabt. Er hätte sich bemuttern lassen sollen. Aber es ist anders gekommen. Nun sitzt er in seinem rappligen Wagen und verflucht den Moment, als er der hartnäckigen Forderung seines betrunkenen Praktikanten nachgegeben hat und mitten in der Nacht, aus dem schönsten Schlaf gerissen, in eine stinkende Kneipe gegangen ist. Vielleicht verflucht er auch seine Bereitschaft, überhaupt einen Praktikanten zu betreuen. In diesem Moment fällt ihm keine vernünftige Erklärung dafür ein.
    Vielleicht wollte er sich erinnern. Den Grund wiederfinden, aus dem er vor langer Zeit beschlossen hatte, Polizist zu werden. Vielleicht wollte er daran erinnert werden, was richtig und was falsch ist. Der jahrelange Umgang mit Lügnern und Missetätern hinterlässt seine Spuren, verwischt auch das eigene Rechtsempfinden. Er wusste, dass er als Betreuer eine große Verantwortung übernahm. Deshalb hat er nun das Gefühl, gründlich versagt zu haben, weil er es zugelassen hat, dass sie beide in einen Bereich vorgedrungen sind, in dem sie nichts zu suchen haben. Denn Tossavainen hat etwas erkannt, was ihm überhaupt nicht gefällt. Er kann die Situation nicht ertragen, in der sie sich jetzt befinden. Es ist ihm äußerst unangenehm, dass sein Praktikant mit hineingezogen worden ist.
    Er stöhnt gequält auf und springt aus dem Wagen. Die Tür wird so heftig zugeschlagen, dass Olli die Ohren dröhnen. Olli überkommt ein Kältegefühl, das alles andere überlagert. Es wird durch den Hunger verstärkt, der an ihm nagt. Und sein Frieren erinnert ihn an sein Zuhause, in dem

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