Erfrorene Rosen
verwandelt. Er hat versucht, die Wohnungstür zu erreichen, ist aber in die entgegengesetzte Richtung getaumelt, weil seine Augen als Erstes verbrannt sind. Und um ihn herum stand alles in Flammen. Nach ein paar Schritten ist er unter höllischen Qualen zusammengebrochen.«
Kylmänen seufzt, kreuzt die Arme vor der Brust und sieht sich um.
»Hier ist schlagartig die Hölle losgebrochen«, fährt er fort. »Eine ungeheure Hitze, die so schnell entstand, dass der Sauerstoff einfach verbrannte. Danach ist der Rest der Wohnung dann langsam verkohlt.«
Olli berührt die Wand. »Noch warm«, stellt er fest.
»Es muss spät abends passiert sein«, spekuliert Kylmänen. »Die Nachbarin hatte sich schon seit einer ganzen Weile über diese Wohnung gewundert, weil die Fenster immer verhängt waren und sich nie jemand blicken ließ. Nur gestern Abend hat sie ein merkwürdiges Poltern gehört.«
Tossavainen tritt ans Fenster, das ebenfalls von einer dicken Rußschicht bedeckt ist. Ein dünner Sprung zieht sich von unten bis fast an den oberen Rand durch die Scheibe. Die Hitze hat das Fenster beinahe zerspringen lassen. Wenn der Sprung sich bis ganz nach oben erweitert hätte, wäre es zerborsten, und dann wäre es ganz schlimm gekommen.
Vor dem Fenster liegt ein Haufen Asche, die von irgendwelchen Textilien zu stammen scheint. Von der Decke, die vor das Fenster gespannt war.
»Wieso hat die Nachbarin nichts gemerkt?«, wundert sich Olli.
»Es ging alles so schnell. Nachdem der Sauerstoff verzehrt war, konnte sich das Feuer dank der Stahlbetonwände nicht weiter ausbreiten. Wenn jemand im falschen Moment die Tür aufgemacht hätte oder wenn auch nur eins der Fenster zersprungen wäre, wäre die ganze Wohnung explodiert.«
Olli tritt zu der verkrümmten Leiche und bückt sich, um sie genauer anzusehen.
»Das kann unser Verdächtiger sein«, meint Kylmänen. »Oder das Opfer.«
»Ich frage mich nur«, sagt Olli nachdenklich, »wer Henry Weeman ist, wenn das wirkliche Opfer hier liegt. Oder umgekehrt.«
»Das hat wohl nicht mehr viel zu bedeuten«, wirft Tossavainen ein, der inzwischen zu der Überzeugung gelangt ist, dass er im Fall Weeman daneben getippt hat.
»Was habt ihr im Krankenhaus herausgefunden?«, erkundigt sich Kylmänen. Er sieht nachdenklich aus, als sei er von Weemans Bedeutungslosigkeit nicht völlig überzeugt.
»Nicht viel«, sagt Olli. »Der Mann hatte sich mit falschen Personalien eingeschrieben, aber selbst das festzustellen, war nicht ganz einfach.«
»Mit falschen Personalien«, wiederholt Kylmänen langsam und sieht Olli so fordernd an, dass er aus dem Konzept kommt.
»Ja«, fährt Olli unsicher fort. »Er kam in aller Eile in die Klinik und sagte, er hätte seine Papiere zu Hause vergessen, und dann hat er nur seinen Namen und seine Personalkennziffer angegeben und wurde aufgenommen.«
»Unter welchem Namen?«, fragt Kylmänen und macht einen Schritt auf Olli zu.
»Laitinen«, antwortet Olli und spürt den dringenden Wunsch zurückzuweichen. »Der richtige Laitinen wusste von der ganzen Sache nichts.«
»Warum ist er in die Klinik gekommen?«, fragt Kylmänen, der nun direkt vor Olli steht und ihm unablässig in die Augen sieht.
»Wegen Blinddarmentzündung«, antwortet Olli langsam und vorsichtig.
»In letzter Minute«, ergänzt Tossavainen. »Die Entzündung war schon aufgebrochen, er hatte also bis zuletzt gezögert, in die Klinik zu gehen, und wenn er noch etwas länger gewartet hätte, wäre jede Hilfe zu spät gekommen.«
Kylmänen wendet den Blick ab, seufzt und wandert langsam durch das Zimmer.
»Er hat etwas zu bedeuten«, sagt er nach einer Weile.
»Wer?«, fragt Tossavainen.
»Dieser Weeman.«
»Wieso?«, will Olli wissen.
»Diese Wohnung wurde unter seinem Namen gemietet.«
»Tatsächlich?«, wundert sich Tossavainen.
»Ja. Nur deshalb haben wir sie gefunden. Weeman selbst wusste wahrscheinlich gar nichts davon.«
»Natürlich!« Olli schlägt sich mit der Hand an die Stirn. »Der Kerl verwendet die Personalien der Leute, die er jagt. Wie praktisch.«
»Genau«, bestätigt Kylmänen. »Jetzt müssen wir feststellen, was in letzter Zeit im Namen dieser Leute getan wurde.«
Ein offener Koffer liegt auf dem Bett des kleinen Zimmers in einer anspruchslosen Pension. Aus dem Radio kommt leise Musik. Ein Wasserhahn wird aufgedreht, das Wasser rauscht eine Weile ins Waschbecken und versiegt dann. Ein Mann kommt aus dem Bad, frottiert sich das Gesicht und geht barfuß
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