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Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!

Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!

Titel: Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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Lebensunterhalt zu verdienen.
    Sie liebte es, ihren Schülern etwas beizubringen; sie waren so wissbegierig und aufmerksam. Nach anfänglichem Widerstand der Eltern, die keinen Nutzen darin gesehen hatten, dass ihre Söhne und Töchter Lesen, Schreiben und Rechnen lernten, weil sie selbst ihr Leben ohne jegliche Bildung meisterten, durften die Kinder inzwischen zum Unterricht kommen, wenn sie nicht auf dem Feld gebraucht wurden. Da Charlotte ihnen gestattet hatte, die jüngeren Geschwister mitzubringen, fanden sie sich regelmäßig in dem leer stehenden Kutscherhaus ein, das als provisorisches Schulzimmer diente.
    Lesen und Rechnen lernten alle Kinder, und den Klügeren unter ihnen brachte sie zudem das Schreiben bei. Manche konnten bereits kleine Aufsätze zu Papier bringen. Doch das war bei Weitem nicht alles: Sie vermittelte ihren Schülern Kenntnisse in Geschichte und Geographie und nahm sie mit in die nähere Umgebung, wo sie Gelegenheit bekamen, die Natur zu erforschen. Die Kinder genossen die Ausflüge sehr, so auch Elizabeth und Frances, die jedes Mal dabei waren. Sir William hatte gelegentlich sein Missfallen darüber bekundet, dass seine Enkelinnen gemeinsam mit Bauernkindern unterrichtet wurden. Charlotte hingegen vertrat die Meinung, es schade den Mädchen nicht – ganz im Gegenteil: Auf diese Weise lernten sie mehr über das Leben als andere Kinder ihres Standes.
    Die kleinen Dorfbewohner waren den zwei Mädchen, die warme Sachen und robuste Schuhe trugen, zuerst argwöhnisch begegnet, zumal Elizabeth und Frances ihre Mitschüler am Anfang ein wenig von oben herab behandelt hatten. Nach kürzester Zeit jedoch waren auf beiden Seiten die Vorurteile aus dem Weg geräumt, und Charlotte freute es, dass die Dorfkinder sich ihre Töchter zum Vorbild nahmen – manchmal auch umgekehrt, was nicht in jedem Fall wünschenswert war, vor allem dann nicht, wenn sie sich Unsitten aneigneten.
    Die kalte Jahreszeit schien sich endgültig verabschiedet zu haben, und Charlotte genoss den Ausflug mit den Schülern; die Luft war klar, der Wind nicht übermäßig stark, und als die Ebbe einsetzt hatte, waren letzte seichte Wellen am Ufer ausgelaufen, um schäumend im feuchten Sand zu versickern. Sie hatten Pfützen in Felsmulden hinterlassen, in denen winzige Meereslebewesen auf die nächste Flut warteten, und diese Tiere ließen sich vortrefflich beobachten.
    Sie lächelte. „Ja, Sir. Heute haben wir einmal auf den Unterricht im Klassenzimmer verzichtet, um etwas über die Gezeiten und jene Meerestiere zu lernen, die sich nicht in die See zurückziehen, sondern im Watt oder in Felsmulden ausharren, bis das Wasser wieder ansteigt.“
    „Das sehe ich.“ Wieder blitzten die Augen des Gentleman amüsiert auf. „Ich wünschte, mein Unterricht damals wäre so anschaulich gestaltet worden.“
    Charlotte konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass er sich über sie lustig machte. „Sind Sie nicht gern zur Schule gegangen?“, fragte sie, während ihre Schützlinge sich um sie versammelten und den Fremden neugierig musterten. Sie wandte sich ihnen zu. „Zieht euch die Schuhe an, Kinder.“
    Der Viscount beobachtete, wie die Jungen und Mädchen der Aufforderung ihrer Lehrerin bereitwillig nachkamen und die Größeren den Kleineren halfen. Zwei von ihnen besaßen offenbar keine Schuhe, schienen sie an einem warmen Tag wie diesem aber auch nicht zu vermissen. Die Kinder werden wohl in die hiesige Dorfschule gehen, überlegte er. Die meisten dieser Einrichtungen beschränkten sich darauf, den Schülern das Alphabet beizubringen, und manchmal lernten die Kleinen nicht viel mehr, als ihren Namen zu schreiben. Die Lehrer waren oft kaum gebildeter als ihre Schüler, doch diese Frau hier war anders. Sie wirkte kultiviert, sprach ohne jede mundartliche Färbung und bot selbst in dem schlichten schwarzen Kleid ein eleganteres Erscheinungsbild als so manche junge Dame des ton. „Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen“, antwortete er. „Der Unterricht war ein notwendiges Übel für mich.“
    „Wie können Sie Schule als ein notwendiges Übel bezeichnen? Ihnen wurde ohne Zweifel eine privilegierte Ausbildung zuteil, während es schon schwierig ist, diesen Kindern hier die notwendigsten Grundlagen zu vermitteln.“ Charlotte wusste nicht, weshalb sie das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen, aber es ärgerte sie, dass der vornehme Fremde auf seinem prächtigen Pferd auf sie herabsah und ihre Arbeit infrage stellte. „Und ich

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