Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
werden. Ohne Zweifel war Mrs. Hobart couragiert und ließ sich nicht leicht einschüchtern, doch allein mit zwei kleinen Mädchen und ohne die Aussicht auf eine rasche Lösung für ihre missliche Lage mochte sie sich am Ende genötigt sehen, in eine Ehe mit dem Schwager einzuwilligen.
Mr. Hardacres Ausführungen hatten den Viscount nachdenklich gemacht und sein Mitgefühl für Mrs. Hobart verstärkt. Und statt sich in den Sattel zu schwingen und wie geplant aus Parson’s End abzureisen, hatte er kurzerhand beschlossen, die Einladung seines entfernten Vetters anzunehmen, um sich selbst ein Bild über die Verhältnisse in Easterley Manor zu machen. Während des Krieges war er so selten daheim gewesen, dass es auf die paar Tage, die er länger fort sein würde, nicht wirklich ankam. Und was Julia anbetraf – sie dürfte dankbar über jede Minute sein, die sie nicht mit ihm, dem strengen Vater, verbringen musste.
Lord Darton bereute seine Entscheidung nicht. Gleich bei der Ankunft der Gäste hatte er den Eindruck gewonnen, es mit geradezu vulgären Menschen zu tun zu haben, denen es in bedenklichem Maße an Anstand und guten Manieren mangelte. Sein Bedürfnis, Mrs. Hobart zu beschützen, war mit jeder Minute größer geworden, die er diese Leute beobachtet hatte. Ihr indes erfolgreich zur Seite zu stehen würde ihm nur gelingen, wenn er vorgab, eines Sinnes zu sein mit Cecil und seinen Freunden. Denn nur so war es ihm möglich, für eine gewisse Zeit in Easterley Manor zu bleiben, ohne dass jemand Verdacht schöpfte und sein Gastgeber ihn vorzeitig hinauskomplimentierte. Und Mrs. Hobart zu erklären, er nehme aus Sorge um sie an der Hausparty teil, wäre unsinnig, denn entweder würde sie ihm nicht glauben, oder sie verriet ihn durch ihr verändertes Verhalten unbeabsichtigt an den Schwager.
Stacey wagte einen Blick über die Schulter zu ihr hinüber und gewahrte, dass sie ihn beobachtete. Ihm blieb nur, ihr freundlich zuzulächeln – woraufhin sie das Kinn reckte und sich abwandte.
„Kommen Sie, Stacey, warum trödeln Sie?“, wollte Cecil wissen, der sich bereits am oberen Ende der Tafel hingesetzt hatte. „Später gibt es Gelegenheit genug, mit unseren Damen zu flirten.“
4. KAPITEL
Charlotte wünschte von ganzem Herzen, Cecils ungehobelte Gäste würden auf der Stelle wieder abreisen, denn all ihrer extravaganten Kleider und dem vornehmen Gehabe zum Trotz handelte es sich bei diesen Leuten um nichts anderes als gewöhnliches Gesindel von der Straße. Selbst Lady Grey, wenn sie überhaupt eine Dame von Stand war, unterhielt sich immerzu ungebührlich laut und hatte regelmäßig einen Schwips. Der Einzige, der sich zumindest den Anschein gab, ein Gentleman zu sein, war Lord Darton – obwohl er Cecil manchmal darin nacheiferte, sie bis auf das Äußerste zu reizen.
„Kommen Sie, Mrs. Hobart“, sagte er eines Abends beim Dinner und zwinkerte ihr vertraulich zu. „Haben Sie kein Lächeln mehr für Ihre Gäste übrig?“
Charlotte spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, und brachte damit den Rest der versammelten Gäste zum Lachen, vor allem Mr. Spike.
„Sie sind Sir Cecils Gäste, nicht meine“, versetzte sie kurz angebunden und presste die Lippen zusammen.
„Wollen Sie uns zu verstehen geben, dass wir Ihnen nicht willkommen sind?“, ließ Mr. Spike sich entrüstet vernehmen.
„Diese Frage stellt sich erst gar nicht, da mir das Haus nicht gehört.“
„Nein, Easterley Manor gehört Ihnen in der Tat nicht, Madam“, pflichtete der Schwager ihr bei. „Sie sind nur ein Gast. Und ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich wie einer verhalten.“
„Ich soll zu viel trinken, Hasard spielen und die Dienstmädchen belästigen, meinen Sie? Es tut mir leid, wenn ich Sie enttäusche, Sir. Ihr Vater …“
„Ah, mein Vater“, fiel Cecil ihr ins Wort. „Ich beginne mich zu fragen, was er Ihnen wohl bedeutete. Wie es scheint, war es Ihnen ein Leichtes, den alten Herrn um den kleinen Finger zu wickeln. Wenn Sie weiterhin meine Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen wünschen, sollten Sie dem offenkundigen Bedürfnis widerstehen, den Namen des verblichenen Baronet bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu erwähnen.“
Charlotte wollte gerade den Mund auftun, um dem Schwager zu widersprechen, als sie aus dem Augenwinkel wahrnahm, dass der Viscount kaum merklich den Kopf schüttelte. Sie sah flüchtig in seine Richtung, da warf er ihr einen warnenden Blick zu. Obwohl er den Anschein erweckte, er habe
Weitere Kostenlose Bücher