Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
ihrem Blickfeld entschwunden, ging sie auf ihr Zimmer, holte ihren Umhang und begab sich wieder in die Küche.
„Madam, können Sie sich vorstellen, was er alles zum Dinner geordert hat?“, empfing die Köchin sie und schwenkte die Liste in ihrer Hand. „Es ist nicht zu bewältigen. Ich habe nur zwei Hände. Betsy ist ein gutes Mädchen, aber sie kann sich auch nicht zerteilen.“
„Ich gehe ins Dorf und sehe zu, dass ich Hilfskräfte anheuern kann“, beschwichtigte Charlotte die Frau und legte sich den Umhang um die Schultern.
„Dem Herrn sei Dank“, seufzte die Köchin. „Je eher, desto besser.“
„Da sind Sie ja, Mrs. Hobart“, versetzte Cecil ungnädig, als Charlotte erschöpft in der Tür erschien. Sie hatte kaum mehr Zeit gehabt, sich für das Abendessen umzuziehen, doch zum Glück war es ihr gelungen, pünktlich im Gesellschaftszimmer zu erscheinen. „Wo haben Sie gesteckt?“
„Ich war im Dorf auf der Suche nach Dienstboten.“
„Gut“, warf Sir Roland ein. „Ich musste zweimal nach heißem Wasser klingeln, bevor jemand kam. Um ein Haar wäre ich zu spät zum Dinner erschienen.“
„Und ich habe eine Flasche Cognac bestellt und stattdessen einen Sherry serviert bekommen“, beschwerte sich ein anderer Gast. „Sind Ihre Dienstboten so unfähig, dass sie einen Cognac nicht von einem Sherry unterscheiden können, Hobart?“
„Verzeihung, Gentlemen“, erwiderte Cecil und verzog das Gesicht, während die ersten Gäste sich in den Speisesalon begaben. „Es wird nicht wieder vorkommen.“
„Und mein Mädchen hat keine Magd gefunden, die mir die Falten aus dem Kleid bügelt“, fügte Lady Grey hinzu. „Mir blieb tatsächlich nichts anderes übrig, als mit diesem zerknitterten Kleid vorlieb zu nehmen. Ich biete gewiss einen schrecklichen Anblick.“
„Ich muss Ihnen widersprechen, Mylady. Sie sehen reizend aus“, bemerkte der Viscount.
Mit bedeutungsvoller Miene wandte Lady Grey sich zu ihm um und klopfte ihm spielerisch mit dem Fächer auf den Arm. „Sie Schmeichler! Als Dank für Ihr charmantes Kompliment dürfen Sie mich zum Dinner geleiten.“
Aus Höflichkeit bot Stacey ihr den Arm, obwohl er eigentlich lieber Mrs. Hobart in den Speisesalon eskortiert hätte. Sie wartete nahe der Tür auf Nachzügler und würde sich gewiss als Letzte an den Tisch setzen. Da er Lady Grey indes nicht vor den Kopf stoßen wollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als ihrem Wunsch zu entsprechen.
Mrs. Hobart wirkte vollkommen ruhig, nur ihr blasser Teint und ihre angespannten Züge ließen vermuten, dass sie die Wende, die sich in ihrem Leben vollzog, alles andere als leicht nahm. Armes Ding! Er hatte kurz nach ihrer Begegnung im Dorf in Erfahrung gebracht, wie sie hieß, und war zu dem Schluss gekommen, dass sie dem Namen nach Cecils Schwägerin sein müsse – jene junge Frau, über die sein entfernter Vetter bei „White’s“ so respektlos gesprochen hatte. Stacey war nur Lob über sie zu Ohren gekommen. Sämtliche Leute, denen er ganz beiläufig eine Bemerkung über sie entlockt hatte, schätzten sie wegen ihrer Güte und Großzügigkeit gegenüber den Armen.
Dass er jetzt in Easterley Manor weilte und nicht längst auf dem Weg nach Ipswich war, um die Schule zu besichtigen, verdankte er der zufälligen Begegnung mit einem alten Bekannten. Denn sosehr ihn diese Frau auch faszinierte – Julia zuliebe hatte er zu jenem Zeitpunkt bereits die Entscheidung getroffen, Parson’s End zu verlassen.
Er war ins „Dog und Fox“ zurückgekehrt, um zu Mittag zu essen und sich anschließend auf den Weg nach Ipswich zu begeben, als John Hardacre das Wirtshaus betreten hatte. Stacey kannte ihn von früher; er war über eine gewisse Zeit der Berater seiner Familie gewesen.
Bei einer Tasse Tee berichteten der Anwalt und er einander, was sie ausgerechnet an einen entlegenen Ort wie diesen verschlagen hatte. Stacey wusste ja bereits, dass Mrs. Hobart und die charmante Lehrerin ein und dieselbe Person waren, und zeigte sich umso interessierter, als Mr. Hardacre ihn bezüglich der Verfügung des alten Sir William ins Vertrauen zog und ihm am Ende erklärte, wie sehr er um den Ruf der Dame besorgt war. Dem Anwalt missfiel nicht nur, dass Männer wie Mr. Spike und Sir Roland sich in Easterley Manor einquartiert hatten und Mrs. Hobarts Anstandsgefühl verletzten, sondern er machte sich auch Sorgen, dass Cecil seine Schwägerin aufgrund der testamentarischen Verfügung bedrängen könnte, seine Frau zu
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