Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
Salon. Es war auch bereits an der Zeit, nach Betsy zu läuten, damit sie das Teegeschirr abräumte.
Charlotte öffnete die Fenster, um nach einer langen Nacht die frische Morgenluft in den Speisesalon hereinzulassen, als Cecil den Raum betrat. Er trug eine weiße Nachtmütze und einen burgunderfarbenen gesteppten Morgenmantel, unter dem seine unverhüllten Beine zum Vorschein kamen. „Ah, Charlotte, bereits zu früher Stunde auf, wie ich sehe“, begann er bemüht höflich.
„Es ist bereits halb elf, Sir.“
„Himmel, ist es wirklich schon so spät? Aber das macht nichts, ich muss Sie sprechen.“
„Oh“, sagte sie und wartete.
„Ja. Die Sache ist die, dass ich ein wenig knapp bei Kasse bin. Hatte gestern eine hartnäckige Pechsträhne und bin nun gezwungen, einen Teil sofort zu begleichen. Eine Sache der Ehre, verstehen Sie?“
„Und?“ Sie wusste, was kommen würde, doch sie wollte es aus seinem Mund hören.
„Ich brauche ein wenig Bargeld. Nur eine kleine Summe, damit ich sie zufriedenstellen kann. Sie können mir aushelfen, nicht wahr?“
„Mit Geld?“
„Ja, mit ein paar Guineas, damit ich meinen guten Willen zeige.“
„Und wo, glauben Sie, nehme ich ein paar Guineas her, Sir? Wachsen sie auf Bäumen? Oder vielleicht zwischen den Rüben unter der Erde?“
„Ich bin jetzt nicht zum Spaßen aufgelegt.“
„Ich auch nicht. Sie haben leider wirklich Pech, Cecil. Ich besitze kein Geld. Nehmen Sie tatsächlich an, ich befände mich noch hier, wenn es anders wäre?“
„Ich glaube Ihnen nicht. Mein Vater schätzte Sie sehr, heißt es. Er hat Ihnen etwas hinterlassen, da bin ich sicher. Aus welchem anderen Grund, wenn nicht aus diesem, war der Topf leer, als ich mein Erbe antrat? Sie haben ihm das Geld aus der Tasche gezogen.“
„Ganz gewiss nicht!“, widersprach sie entrüstet. „Sir William besaß nicht so viel, dass die Summe, die er Ihnen alljährlich zukommen ließ, nicht ins Gewicht fiel. Er führte ein sehr bescheidenes Leben, besonders die letzten Jahre, als er nicht mehr in der Lage war, das Anwesen zu verwalten. Vielleicht entsinnen Sie sich, dass ich Ihnen kürzlich riet, sich um das Land zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass die Erträge wieder steigen.“
„Sie wagen es schon wieder, mich zu belehren?“ Cecil kam ihr so nahe, dass ihr der Geruch von Brandy in die Nase stieg. Seine Augen funkelten zornig, und für einen kurzen Moment huschte ein Ausdruck von schierer Angst über sein Gesicht. Lord Darton hat recht, dachte sie. Ein Mann, der so verzweifelt ist wie mein Schwager, kann unberechenbar werden.
„Sie sind eine gerissene Lügnerin“, zischte Cecil und spannte die Wangenmuskeln an. „Sie haben das Geld irgendwo gehortet, und ich werde es mir nehmen.“
„Ich kann Ihnen nichts geben, da ich nichts besitze. Sie haben die Verfügung Ihres Vaters zur Kenntnis genommen. Ihnen steht das Haus und der Grundbesitz zu, das restliche Vermögen wird treuhänderisch verwaltet zugunsten der Enkelkinder. Ich bin mittellos.“
„Seine Enkelkinder sind Ihre Töchter.“
„Ja, aber ich habe keinen Zugriff auf das Geld, denn laut Testament steht es ausschließlich den Mädchen zu …“ Charlotte presste die Lippen zusammen. Er wusste ja nicht, dass sie tatsächlich hoffte, über das Erbe verfügen zu können.
Cecil lächelte steif. „Zweifellos hat mein Vater Ihnen Geschenke gemacht, bevor es mit ihm zu Ende ging. Schmuck, wenn nicht Geld …“
Sie wollte gerade den Mund aufmachen, um ihm auch in diesem Punkt zu widersprechen, als die Tür aufging und Lord Darton ins Zimmer spazierte. „Guten Morgen, Hobart“, grüßte er seinen Gastgeber vergnügt.
Charlotte war zutiefst erleichtert, den Viscount zu sehen, wiewohl sie ihm des Kusses wegen nicht in die Augen zu blicken wagte. Rasch wandte sie sich ab und ging zum Büffet, um sich zu vergewissern, dass für das Frühstück sämtliche Speisen bereitstanden.
„Oh, Sie sind es, Darton.“ Cecil gab sich keine Mühe, sein Missfallen über die Störung zu verbergen. „Sie sind verflixt früh auf den Beinen.“
„Das trifft auch auf Sie zu, Vetter.“ Stacey musterte den unziemlichen Aufzug seines Gegenübers. „Haben Sie gut geschlafen?“
„Gut genug.“
„Das ist schön. Ein Mann sollte trotz einer Pechsträhne beim Glücksspiel ausreichend Ruhe finden, damit er am nächsten Tag eine Revanche einfordern und seine Verluste wieder wettmachen kann.“ Wieder maß er Cecil mit einem befremdeten Blick.
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