Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
Malcomby Hall war es selbst im Sommer häufig so kühl, dass Feuer in den Kaminen brannten. „Beruhige dich erst einmal.“
Stacey nahm der Mutter gegenüber auf einem gepolsterten Stuhl Platz. „Was genau ist geschehen?“, wandte er sich an den Vater.
„Alles begann mit einem winzigen Welpen“, erzählte der Earl und sank seufzend auf das Kanapee. „Du weißt, wie sehr Julia Tiere liebt.“
Stacey hatte es nicht gewusst, sagte aber nichts. „Fahr fort“, bat er ruhig.
„Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass das Tier vermutlich zu schwach sei, um zu überleben, dass es sich für die Zucht nicht eignet und sogar die Rasse schwächen könnte, wenn man es am Leben ließe.“
„Du sprichst von unseren Jagdhunden.“
„Ja, natürlich. Doch Julia hatte den Welpen in ihr Herz geschlossen, und als Bolton ihn ersäufen wollte, griff sie sich den Hund und lief fort. Bolton folgte ihr, aber mit seinen gichtgeplagten Gelenken vermochte er nicht so schnell zu laufen wie sie und gab schließlich auf. Wir dachten, sie würde heimkommen, wenn sie Hunger hat, aber nachdem sie spätabends noch nicht da war, stellten wir einen Suchtrupp zusammen, der das gesamte Anwesen durchkämmte und selbst im Dorf nach ihr Ausschau hielt. Sie blieb unauffindbar. Als es dann zu regnen anfing, brachen wir die Suche erst einmal ab, in der Hoffnung, dass sie irgendwo Schutz suchen und am Morgen nach Hause kommen würde.“
„Und wo habt ihr sie gefunden?“
„In der Heide, dort, wo das Marschland beginnt. In dieser Gegend hätten wir sie niemals vermutet. Als wir am nächsten Morgen unsere Suche fortsetzten, lag so dichter Nebel über den Feldern, dass man die Hand vor Augen nicht sehen konnte, und wir mussten unermüdlich nach ihr rufen. Schließlich verriet der Hund durch sein Winseln, wo sie steckte. Sie hatte sich unter einem Felsvorsprung an der Küste verborgen, der allerdings kaum Schutz vor Regen bot, und zu unserer größten Bestürzung trug sie nicht einmal eine Jacke. Der Hund saß auf ihrem Schoß, als wir sie fanden, und muss ihr etwas Wärme gespendet haben. Sie war nicht bei Bewusstsein, und dieser Zustand hält bis heute an. Dem Welpen geht es übrigens gut. Bolton päppelt ihn auf.“
„Wo warst du?“, wollte die Mutter wissen. „Es sieht dir so gar nicht ähnlich, dass du deine Pflichten vernachlässigst.“
Hilflos fuhr Stacey sich über die Stirn. Nun, da seine Tochter zwischen Leben und Tod schwebte, erkannte er, wie sehr er an ihr hing, und er hoffte inständig, dass er die Möglichkeit bekam, seine Fehler wiedergutzumachen. „Das werde ich dir später erzählen“, erwiderte er und erhob sich. Er wollte zu Julia und bei ihr wachen, bis sie über den Berg war.
Stacey hatte mehr als vierundzwanzig Stunden an ihrem Bett gesessen, als Julia die Augen aufschlug. Nicht, dass er es bemerkt hätte: Er war tief und fest eingeschlafen. Sein Haar war in Unordnung geraten, und die dunklen Schatten um Mund und Wangen zeugten davon, dass er sich mehrere Tage nicht rasiert hatte.
„Papa. Bist du es?“
Die zarte Stimme weckte ihn sofort. Er richtete sich auf und sah seine Tochter an. „Ja, mein Herz“, versicherte er, neigte sich zu ihr vor und ergriff ihre Hand. Ihre Augen glänzten, und ihre Wangen waren gerötet, doch das Fieber war gesunken. „Wie fühlst du dich?“
„Seltsam. Ich habe Durst.“
Er half ihr, sich aufzusetzen, stützte ihren Rücken und gab ihr Tee zu trinken. Nachdem sie ein paar Schlucke genommen hatte, ließ er sie behutsam zurück in die Kissen sinken.
„Was tust du hier?“, fragte sie, als sei Malcomby Hall der letzte Ort, an dem sie den Vater vermutete.
Stacey zog sich das Herz zusammen. „Ich wache bei dir. Du hast uns allen große Angst eingejagt, weißt du.“ Er lächelte. „Zum Glück bist du über den Berg und scheinst auf dem besten Weg zu sein, wieder gesund zu werden; nur das zählt.“
„Der Welpe – sie haben ihn mir weggenommen.“
„Du bist sehr krank und musst das Bett hüten, aber keine Angst. Dem kleinen Hund geht es gut, und man kümmert sich um ihn.“ Stacey erhob sich, tätschelte Julia die Hand und verließ das Zimmer. Zehn Minuten später kam er zurück – mit dem Welpen auf dem Arm.
Die Pflegerin, die in der Zwischenzeit gekommen war, warf dem Viscount einen entsetzten Blick zu, als sie den Hund erblickte. „Mylord, Sie können doch nicht einfach ein Tier ins Krankenzimmer bringen!“
„Oh, doch, das kann ich. Meine Tochter wäre um ein
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