Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
zurückschrecken.“
„Mord?“ Sie blieb stehen und sah schockiert zu ihm auf.
Er nahm ihre Hände in seine und drückte sie sacht. „Wenn ihnen jemand im Weg steht, könnten diese Kerle unerbittlich sein. Aber wir wollen nicht gleich das Schlimmste annehmen, Madam. Im Augenblick beschäftigt mich die Frage, wie wir mit den Helfern aus Parson’s End verfahren sollen, die sich von der Beteiligung an der Löschung der Fracht einen Lohn erhoffen können, den sie sonst in einem Monat nicht erwirtschaften. Würden sie verhaftet und ins Gefängnis gebracht, müssten ihre Familien, insbesondere die Kinder – Ihre kleinen Schüler –, darunter leiden.“
Charlotte entzog ihm ihre Hände nicht; sie musterte Lord Darton in der Hoffnung, seine Gedanken zu erraten. „Werden Sie sich blind stellen wie die meisten Leute?“, hakte sie nach.
„Ich habe mich noch nicht entschieden, aber ich versichere Ihnen, ich werde alles tun, damit Ihnen, Julia und den anderen Kindern kein Leid geschieht.“ Er legte sich ihre Hand in die Armbeuge, und sie setzten ihren Spaziergang fort. Der Himmel hatte sich inzwischen bezogen, und der Wind wurde böig, als wollte es jeden Augenblick zu regnen beginnen. „Heute Nacht nicht“, murmelte Stacey fast unhörbar. „Die See ist zu rau.“
„Wissen Sie“, sagte Charlotte nach einer Weile nachdenklich, „Sie haben recht: ‚The Crow’s Nest‘ bietet eine vortreffliche Aussicht auf das offene Meer. Auf der Plattform des Turms steht sogar ein Fernrohr, mit dem man alles bis zum Horizont beobachten kann. Captain MacArthur hat sich zwar ausdrücklich ausbedungen, dass wir die Plattform nicht betreten, aber unter diesen Umständen würde er gewiss nichts dagegen einwenden, wenn ich Wache hielte.“
Er lächelte sanft und drückte ihre Hand. „Und dann?“
„Dann lasse ich Sie wissen, was ich gesehen habe. Ich werde natürlich nicht selbst nach Easterley Manor kommen, indes wäre es sicher möglich, Ihnen ein Lichtsignal zu geben.“
„Nein, das könnte von anderen gesehen werden. Die Schmuggler würden annehmen, Sie wollen sie an die Küstenwache verraten, und diese wiederum wird überzeugt davon sein, dass Sie eine Komplizin der Gesetzesbrecher sind. Nein, Sie dürfen nichts dergleichen tun. Ich muss Ihnen verbieten, sich in irgendeiner Form in diese Angelegenheit einzumischen.“
„Verbieten, Mylord?“, wiederholte sie entrüstet. „Woher nehmen Sie das Recht, mir irgendetwas zu verbieten? Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig über mein Tun und Handeln.“
„Oh, doch, das sind Sie. Sie sind …“ Stacey verstummte abrupt, als er begriff, dass er einen Fehler begangen hatte. Was konnte er tun, damit sie verstand? Wie sollte er die Mauer niederreißen, die sie ständig um sich errichtete? Sie war eine andere geworden, seit sie nicht mehr in Easterley Manor lebte. Damals hatte er sie für ihren Mut bewundert, der Willkür ihres Schwagers die Stirn zu bieten, und sich in sie verliebt. Er hatte sie geküsst, und sie war äußerst empfänglich gewesen für seine Liebkosungen. Jetzt brauchte sie ihn scheinbar nicht mehr und gebärdete sich abweisend. Gewiss, er hatte sie im Stich gelassen – unverschuldet, was sie offenbar nicht zur Kenntnis zu nehmen gewillt war. „Ich bitte um Verzeihung“, sagte er und verneigte sich. „Das war anmaßend von mir, obgleich mir nur Ihr Wohl und das der Kinder am Herzen liegt. Ich wäre der schlimmste Schurke von allen, wenn Ihnen durch meine Unachtsamkeit etwas zustieße.“ Oh, wie steif und förmlich er klang!
„Ich verstehe.“ Zumindest glaubte sie zu verstehen. Er war besorgt um seinen Ruf als Gentleman, um seinen Stolz und seine Ehre. Und natürlich um Julia. „Seien Sie versichert, dass ich nichts unternehmen werde, das Ihre Tochter oder meine anderen Schutzbefohlenen in Gefahr bringt.“ Wenn er auf seinem Stolz beharrte, dann konnte sie das genauso.
Sie kehrten um. Charlotte war zum Weinen zumute. „Ich dachte, Sie wollten sich noch etwas ansehen.“
„Ich habe gesehen, was ich sehen wollte“, erwiderte er kühl.
„Und offenbar auch alles gesagt, was Sie sagen wollten“, fügte sie spitz hinzu. „Wie mir scheint, haben Sie mich nur aus einem Grund an den Strand geführt – um mich wie ein Kind zurechtzuweisen.“
„Nein, da irren Sie sich. Solange Sie allerdings nicht bereit sind, mir zuzuhören, werde ich meine Stimme schonen.“
Stacey biss die Zähne zusammen. Wie hatte es so weit kommen können? Nichts war
Weitere Kostenlose Bücher