Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
bislang so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Und wie hatte er so töricht sein können zu erwarten, dass sie ihm in die Arme fallen würde, nur weil er ihr den Schmuck zurückbrachte? Weshalb war er überhaupt wiedergekommen? Er hätte ihr den Schmuck per Kurier zusenden und auch eine andere Schule für Julia finden können. Stacey seufzte unhörbar. Er kannte die Antwort auf all diese Fragen: Er hatte zu ihr zurückkehren müssen, denn sein Leben war unwiderruflich mit ihrem verbunden, und früher oder später würde sie ebenfalls erkennen, dass sie zusammengehörten.
Als Charlotte am nächsten Morgen ins Schulzimmer kam, fand sie Julia umringt von den jüngsten Schülern. Mit vor Eifer geröteten Wangen beugten sich die Kleinen über ein Buch mit Bildern von Seevögeln und blickten nicht einmal auf, als ihre geliebte Mrs. Hobart den Klassenraum betrat. Frances und Elizabeth verfassten einen Aufsatz über die Jakobiter und deren fehlgeschlagenen Aufstand im Jahre 1745, den ihre Gouvernante ihnen aufgetragen hatte zu schreiben. Alle Kinder wirkten emsig beschäftigt, und da Charlotte sich sicher sein konnte, dass ihre Schützlinge bei Miss Quinn und den anderen Dienstboten in guter Obhut waren, beschloss sie, nach Parson’s End zu gehen. Sie wollte einer bedürftigen Familie Lebensmittel bringen und einige andere Besorgungen erledigen. Unter Umständen würde sie sogar Neuigkeiten über die Ankunft des Schmugglerschiffs erfahren.
Als sie in die Hauptstraße einbog, fiel ihr auf, dass eine seltsame Unruhe im Ort herrschte – eine eigentümlich vergnügte Betriebsamkeit, um genau zu sein. Zwar gingen die Leute ihren gewohnten Beschäftigungen nach, aber Mrs. White, die sonst stets mürrische Frau des Fleischers zum Beispiel, sang beim Ausklopfen des Teppichs vor sich hin, und auch die meisten anderen Dorfbewohner wirkten viel heiterer als sonst. Sie wissen etwas, dachte Charlotte. Ob ich sie vor den Folgen warnen sollte?
„Guten Morgen, Mrs. Hobart.“ Plötzlich stand Lord Darton vor ihr und verneigte sich. Zunächst schien er erstaunt, sie hier im Dorf zu treffen, doch dann wurde seine Miene unergründlich, und er sah sie mit funkelnden Augen an.
Sie spürte sich erröten. „Guten Morgen, Mylord.“
„Geht es Ihnen und den Kindern gut?“
„Ja. Julia und meine Mädchen streiten sich zwar ab und zu, am Ende aber vertragen sie sich und spielen zusammen, als habe nie etwas anderes als Eintracht zwischen ihnen geherrscht. Sie unterscheiden sich eben nicht von anderen Kindern in diesem Alter.“ Sein Blick fiel auf den Korb an ihrem Arm, und sie erklärte: „Ich möchte einer Familie, die hier im Dorf wohnt, etwas Brot und Fleisch vorbeibringen. Außerdem wollte ich ein paar Einkäufe erledigen.“
„Müssen Sie sich selbst darum kümmern? Sicher hätte sich jemand finden lassen, der für Sie nach Parson’s End geht.“
„Ich erledige diese Dinge lieber selbst. Ich kümmere mich gern um die Bedürftigen und um die Kranken, und daheim sind alle mit anderen Dingen beschäftigt.“
„Haben Sie Ihre Einkäufe schon erledigt?“
„Nicht alle, Mylord. Ich muss noch zu einem Bauern, um Eier zu besorgen. Und heute nehme ich sogar ein Huhn mit, da werden die Kinder sich freuen.“ Sie wies auf die nächste Seitenstraße, in die sie einbiegen wollte, und setzte sich in Bewegung. Der Viscount nahm ihr den Korb ab und begleitete sie.
„Das Wetter ist heute besser als gestern“, bemerkte er mit einem vielsagenden Hochziehen der Brauen.
„Denken Sie, dass es heute Nacht so weit ist?“, erkundigte Charlotte sich flüsternd, obwohl niemand in ihrer Nähe war.
„Nein, ich sitze ja gewissermaßen an der Quelle, und aufgrund der ein oder anderen Bemerkung, die gefallen ist, gehe ich davon aus, dass die Sache aufgeschoben wurde. Den Grund für die Verzögerung kenne ich nicht. Vielleicht wollen sie die Leute vom Zoll auf eine falsche Fährte locken.“
„Ist die Küstenwache ihnen denn bereits auf der Spur?“
„Ich weiß es doch nicht.“ Stacey zuckte mit den Schultern und wechselte das Thema. „Ich habe morgen in Ipswich zu tun, und wenn Sie möchten, nehme ich Sie in meiner Chaise mit.“
„Oh.“ Charlotte zögerte verlegen. „Ich bräuchte in der Tat noch einige Dinge für die Ausstattung der Schulräume. Ein gewisser Mr. Tyler und seine Gattin scheinen nämlich die Absicht zu haben, ihre Tochter in meinem Institut anzumelden, und für diesen Fall möchte ich, dass alles tadellos ist.
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