Erfuellt
Langsam war ich mir nicht mehr sicher, ob ich diesen Kerl wirklich leiden konnte.
»Nein. Es ist mir völlig ernst. Wenn Della mit uns nach Phoenix möchte, dann nehmen wir sie mit. Und ich werde jede verdammte Minute nutzen, wiedergutzumachen, dass ich sie damals im Stich gelassen habe. Ich werde ihr die Familie geben, die sie verdient, und dafür sorgen, dass sie sich geliebt und willkommen fühlt. Gleichzeitig musste ich aber wissen, dass es hier jemanden gibt, auf den sie sich verlassen kann, falls sie hierbleiben möchte.«
Momentchen … Er wollte sie trotzdem noch fragen, ob sie nach Phoenix ziehen wollte?
»Della und ich sind nicht nur zusammen. Wir gehören auch zueinander .«
Nile nickte. »Schön. Wenn sie das genauso sieht, wird sie mein Angebot ja auch ausschlagen. Und ich weiß dann, dass ihr ein schönes Leben bevorsteht. Übrigens erwarte ich natürlich eine Einladung zu eurem großen Tag!«
»Sie wird mich auf keinen Fall verlassen«, sagte ich energischer als nötig.
»Na, wir werden sehen, nicht wahr?«, sagte er, ehe er sich ganz auf seinen Schlag konzentrierte.
A uch wenn Jasmine nur ein paar Minuten früher geboren worden war als Jocelyn, wirkte sie doch um Jahre älter. Sie lag auf ihrem Handtuch wie ein Teenager und plauderte mit mir über Modelabel, von denen ich keinen blassen Schimmer hatte. Dennoch gab ich mir die größte Mühe, irgendwie mitzukommen.
Jocelyn und July überredeten mich, mit ihnen eine Sandburg zu bauen, und danach tollten wir gemeinsam durch die Wellen, bis sich eine Alge um Julys Bein schlang und sie kreischend zurück ans Ufer rannte.
Wenn die Mädchen uns die Chance ließen, unterhielten Jillian und ich uns ein wenig, aber irgendwie spielte ich doch lieber mit meinen Schwestern. Sie steckten so voller Leben! Scheinbar war Nile ein guter Vater. Sie vergötterten ihn. Und alle drei nannten ihn Daddy, was ich total süß fand.
»Wirst du dann echt bei uns wohnen? Ich habe gehört, wie Mommy und Daddy gestern Abend darüber gesprochen haben. Sie haben gedacht, dass ich schlafe!« Jasmine sah mich gespannt an.
Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet gewesen. Sie hatte damit gewartet, bis Jillian aufgestanden und mit July auf die Toilette gegangen war. Mir war auch überhaupt nicht klar, wie Nile auf so eine Idee kam – ich war doch glücklich hier. Ich hatte ein Zuhause.
»Ich bin hier daheim«, erklärte ich ihr.
Sie nickte. »Ja, schon klar, aber Daddy meinte, dass du ja noch nicht verlobt bist und so und dass es auch nicht danach aussähe. Er findet, dass du bei uns wohnen und aufs College gehen könntest. Wir könnten deine Familie sein!«
Ich war mir ziemlich sicher, dass Nile nicht gewollt hätte, dass ich von diesem Gespräch erfuhr.
»Ich glaube nicht, dass wir uns darüber jetzt unterhalten sollten. Wenn dein Dad möchte, dass ich davon weiß, dann wird er es mir schon sagen.«
Jasmine rollte herum und sah mich an. »Wird er sowieso. Aber so bist du schon mal vorgewarnt.«
War dieses Kind wirklich erst neun?! Sie benahm sich wie eine Fünfzehnjährige. Mindestens.
»Oh, da kommt Daddy ja!«, sagte sie und grinste verschmitzt.
Ich spähte über meine Schulter und sah, wie Nile in gelb-blaukarierten Shorts und weißem Polo-Shirt auf uns zuschlenderte. Sah ganz so aus, als käme er direkt vom Golfplatz.
»Daddy!«, quietschte Jocelyn, die sich gerade an einer weiteren Sandburg versucht hatte, und stürzte auf ihn zu. Er wirbelte sie durch die Luft und drückte sie an sich. Dann tat er so, als wäre er wegen des Sandes, den sie auf ihm verteilt hatte, ganz entrüstet. Es war wirklich süß.
»He, Daddy, was hast du für einen Score?«
»79. Bin ein bisschen eingerostet! Woods hat es mit 70 Schlägen geschafft. Ziemlich beeindruckend.«
Ich war froh, dass die beiden ein wenig Zeit miteinander verbracht hatten. Schon morgen würden Nile und seine Familie wieder nach Hause fahren, und ich hatte keine Ahnung, ob und wann ich sie wiedersehen würde.
»Na, hattet ihr Mädels Spaß hier am Strand?«, fragte er und ließ sich neben mir in den Sand plumpsen.
»Mal abgesehen von dem Moment, in dem July von einer wilden Alge attackiert wurde, lief es ziemlich gut, würde ich sagen«, meinte ich lächelnd.
Jasmine kicherte. »O ja, das war ziemlich dramatisch!«
Nile sah sie an und grinste. »Kann ich mir vorstellen!« Dann blickte er sich um. »Wo stecken denn Jillian und July?«
»Die sind auf der Toilette«, informierte ich ihn.
Ein paar
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