Erfuellung
wollte Mark beschäftigen, damit er gar keine Zeit hatte, sich Gedanken zu machen. Für mich war Arbeit ein Allheilmittel, und schnell merkte ich, dass sie auf ihn die gleiche Wirkung hatte.
Als es Zeit war für die Mittagspause, ging ich an meinen Schreibtisch und legte meinen Tablet-PC dort ab. Dabei entdeckte ich einen Hauspostumschlag, und sofort klopfte mir das Herz vor Aufregung bis zum Hals. Meine Hände zitterten leicht, als ich die dünne Schnur aufband und eine Karte entnahm.
Du hast mich verzaubert.
Du lässt meine Träume wahr werden.
X
Ich presste die Karte an meine Brust und wünschte mir, stattdessen den Verfasser umarmen zu können. Ich dachte gerade an Rosenblätter auf unserem Bett, als das Telefon klingelte. Ich war alles andere als überrascht, die rauchige Sexbombenstimme meiner Mutter am anderen Ende zu hören.
»Eva. Clancy hat mir alles erzählt. Bitte sei nicht wütend! Du musst doch verstehen …«
»Ich hab’s verstanden.« Ich öffnete meine Schublade und legte Gideons kostbare Botschaft in meine Tasche. »Folgendes: Du kannst Nathan nun nicht mehr als Entschuldigung vorschieben. Wenn du weitere Wanzen oder Peilsender in meinen Sachen versteckt hast, dann gestehst du mir das am besten sofort. Denn eins verspreche ich dir: Falls ich noch irgendetwas finde, dann nimmt unsere Beziehung unwiderruflichen Schaden.«
Sie seufzte. »Können wir uns bitte persönlich darüber unterhalten? Ich lade Cary zum Mittagessen ein, und ich bleibe danach bei euch, bis du nach Hause kommst.«
»Na gut.« Mein Zorn verrauchte genauso schnell, wie er gekommen war. Ich fand es toll, dass meine Mutter Cary wie den Bruder behandelte, der er für mich war. Sie schenkte ihm all die mütterliche Liebe, die er nie bekommen hatte. Und sie waren beide so sehr auf Äußerlichkeiten und Mode fixiert, dass sie sich immer fantastisch verstanden.
»Ich liebe dich, Eva. Mehr als alles andere.«
Ich seufzte. »Ich weiß, Mom. Ich liebe dich auch.«
Auf der anderen Leitung ging ein Anruf von der Rezeption ein. Ich verabschiedete mich also und hob ab.
»Hey.« Megumis Stimme klang leise und gedämpft. »Die Tussi, die schon einmal für dich hier war, und die du damals nicht sehen wolltest, ist wieder da und fragt nach dir.«
Ich runzelte die Stirn. Mein Gehirn brauchte eine Weile, um zu begreifen, von wem sie sprach. »Magdalene Perez?«
»Ja. So heißt sie. Was soll ich tun?«
»Nichts.« Ich stand auf. Im Gegensatz zum letzten Mal, als Gideons »Freundin, die gerne mehr wäre« mich besucht hatte, war ich nun bereit, es mit ihr aufzunehmen. »Bin auf dem Weg.«
»Kann ich zusehen?«
»Ha! Ich bin in einer Minute da. Es dauert nicht lange, dann essen wir zu Mittag.«
Aus Eitelkeit trug ich etwas Lipgloss auf, bevor ich meine Tasche nahm und mich auf den Weg zum Empfang machte. Der Gedanke an Gideons Grußkarte zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht, mit dem ich Magdalene im Wartebereich begrüßte. Sie erhob sich, als sie mich bemerkte, und sah so umwerfend aus, dass ich sie unwillkürlich bewundern musste.
Als ich sie kennenlernte, war ihr dunkles Haar lang und glatt gewesen wie das von Corinne Giroux. Jetzt trug sie es in einem klassischen Bobschnitt, der die exotische Schönheit ihres Gesichtes erst richtig zur Geltung brachte. Zu einer cremefarbenen Hose trug sie eine ärmellose schwarze Bluse, die an der Hüfte eine große Schleife zierte. Perlenohrringe und eine Perlenkette machten den eleganten Look perfekt.
»Magdalene.« Ich bedeutete ihr, sich wieder hinzusetzen, und wählte den Sessel auf der anderen Seite des kleinen Beistelltisches. »Was führt Sie her?«
»Tut mir leid, so in Ihr Büro hereinzuplatzen, aber ich habe Gideon besucht, und dachte, ich sollte kurz auch mal bei Ihnen vorbeischauen. Ich muss Sie etwas fragen.«
»Ach ja?« Ich stellte meine Tasche neben mich, schlug die Beine übereinander und strich meinen burgunderfarbenen Rock glatt. Ich nahm es ihr übel, dass sie offen Zeit mit meinem Freund verbringen konnte, während mir das verwehrt blieb. Es ließ sich nicht anders sagen.
»Eine Reporterin kam heute in mein Büro und stellte persönliche Fragen über Gideon.«
Meine Finger umklammerten die Armlehnen. »Deanna Johnson? Sie haben ihre Fragen doch nicht beantwortet, oder?«
»Wo denken Sie hin?« Magdalene beugte sich nach vorn und stützte die Ellbogen auf die Knie. Ihre dunklen Augen blickten düster drein. »Hat Sie auch schon mit Ihnen gesprochen?«
»Sie hat es
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