Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück
dir einen guten Preis. Ohne sie fehlt das Glück im neuen Haus.«
Thorgest rieb die Knöchel seiner Fäuste aneinander. »Nichts, nichts rück ich raus. Den Totschläger will ich nicht zum Nachbarn. Weg muss er aus unserer Gegend.« Hass und Triumph hoben seine Stimme: »Und die Hochsitzpfosten? Oh, ich kann sie gut gebrauchen. Zerhacken werd ich sie, ins Feuer werfen und mir dann eine Suppe kochen.«
»Das wagst du nicht!« Tyrkir versuchte zu drohen: »Unsere Balken sind das Heiligtum der Familie. Wenn du sie auch nur beschädigst, werden dich die Götter dafür strafen.«
Hart fasste ihn Erik am Arm. »Komm jetzt! Es hat keinen Zweck.« Trotz heftiger Gegenwehr zog er Tyrkir vom Gatter weg und befahl seinen drei Knechten, ihnen mit den Pferden zu folgen.
»Verschwindet! Wehe, ihr lasst euch hier noch mal blicken! Absaufen soll euer Schiff! Mörder! Verfluchte Mörder!« Immer neue Verwünschungen gellten hinter ihnen her.
Stumm kämpfte Tyrkir gegen die Tränen. Als sie außer Rufweite waren, riss er sich los. »Vielleicht hätte ich es geschafft. Aber du? Du gibst einfach auf. Was willst du Thjodhild sagen? Sag es mir!«
»Halt’s Maul, Sklave!« Erik holte zum Schlag aus.
»Nur zu! Worauf wartest du?«
Sofort war der Augenblick vorüber, die mächtigen Schultern sanken. »Du weißt es genau. Feige bin ich nicht.«
Tyrkir konnte ihn nicht um Verzeihung bitten, er sah an Erik vorbei zu den Inseln im Fjord hinüber. »Und jetzt? Womit sollen wir unser Haus bauen?«
Da wirbelte ihn der Rote herum und zog ihn näher. Fast berührten sich ihre Gesichter. »Niemand stiehlt Erik Thorwaldsson die Hochsitzbalken.« Im Bernstein der Augen stand wieder das gefährliche Glühen. »Bei meiner Ehre, ich hole mir, was mir gehört!«
Langsam löste sich der Knoten. Wie konnte ich nur an meinem Wikinger zweifeln? »Ich bin ein verdammter Narr. Du planst einen Angriff. Deshalb. Und wir müssen erst unsere Leute holen.« Keine Furcht befiel Tyrkir wie im vergangenen Jahr, als Erik den Mördern seiner Knechte Rache schwor. Im Gegenteil, heute wollte er selbst Genugtuung. Die erlittene Schmach, die Ungerechtigkeit mussten gesühnt werden. »Doch einfach wird es nicht. Breidahof ist gut zu verteidigen.«
»Ich will mein Eigentum, keinen Krieg. Wie wir das schaffen, lass meine Sorge sein! Davon versteh ich mehr als du.« Erik spannte die Lippen und wandte sich um. Lange stand er da und betrachtete das freie Hügelgelände bis hinauf zu den Gebäuden vom Breidahof. Dem Heuschober, nur einen Pfeilschuss westlich des Zauns, galt seine größte Aufmerksamkeit. Schließlich murmelte er: »Nicht morgen, aber in zwei Tagen hab ich meine Hochsitzbalken wieder.«
Bei Dunkelheit waren Hallweig und Thjodhild aufgestanden. Weder der leise Spott des Hausherrn noch die besorgten Warnungen der Mägde hatten sie von ihrem Plan abhalten können. Heute wollten sie den Gletscher besuchen.
Noch saßen sie mit entblößtem Oberkörper nebeneinander am Herdfeuer und stillten ihre Kinder. Während des Tages sollte ihnen als Ersatz süßer Milchbrei gefüttert werden.
Thorbjörn kam nur mit einem Hemd bekleidet aus der Schlafkammer, gähnte ausgiebig, dann betrachtete er die Kleinen, wie sie gierig an den Brüsten saugten. »Und ich? Ihr geht aus dem Haus und ich soll verhungern?«
Hallweig deutete auf ihren freien Busenplatz neben Gudrid. »Bitte! Ich hab genug. Bediene dich!« Als er das Gesicht verzog, lachte sie. »Ach, du möchtest eine andere Nahrung. Für Suppe, Brot und Käse ist gesorgt, dazu benötigst du mich nicht.« Mit einem betont tiefen Seufzer sagte sie zu Thjodhild: »Männer. Da fahren sie mit dem Schiff hinaus, bleiben oft Monate weg und wir sagen kein Wort. Aber wenn wir nur für ein paar Stunden allein aus dem Haus wollen, da raufen sie sich die Haare und fürchten eine Hungersnot.«
Thjodhild tätschelte ihrem satt getrunkenen Leif den Rücken. »Daran siehst du, wer in Wahrheit das Oberhaupt der Familie ist.«
Eine schnelle Antwort fiel Thorbjörn nicht ein. »Ihr habt euch gegen mich verschworen.« Mit einem Mal geschäftig, schritt er durch die Halle. Kurz bevor er den Ausgang erreicht hatte, rief er über die Schulter: »Ich bin nicht nur der Herr am Warmquellhang. Vergesst das nicht. Ich bin auch der Gode dieser Gegend.«
Ohne ihn weiter zu beachten, betteten die Frauen ihre Kinder wieder in die geflochtenen Wiegen und begannen sich für die Wanderung anzukleiden. Zuerst das wollene, lange Unterhemd. Hallweig
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