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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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ausreichender Opfer schien sein Gott ihn vergessen zu haben. Wie sonst konnte Thor ihnen heute solches Wetter schicken? Etwas Wind und ein wolkenverhangener Himmel, um mehr hatte er nicht gebeten! Und jetzt?
    »Absagen!«, schrie Tyrkir gegen das Sturmheulen. »Du musst … den Krieg verschieben …« Weiter kam er nicht.
    »Halt dein schiefes Maul!«, blaffte der Rote und hielt betroffen inne. »Das hab ich nicht gesagt, tut mir Leid.« Er schob den Schmächtigen vor sich her zurück ins Zelt. »Soll ich zum Gespött des Fjords werden? Bei Spitzklipp steht der Breidabauer mit seinen Leuten und wartet auf uns.«
    Tyrkir trat dicht vor ihn hin. »So ist es nun mal. Keines unserer Schiffe bringen wir sicher durch die Riffe und Inseln.« Das Sprechen hielt mit den Gedanken nicht Schritt, dennoch war er bemüht, sich deutlich auszudrücken. »Und selbst wenn es gelingt, bei diesem Sturm können wir lediglich in einer einzigen Bucht anlanden. Das wird Thorgest sofort herausfinden und lässt seine Leute den Strand besetzen. Ehe wir von Bord sind, ehe wir durchs Wasser zu Fuß das Ufer erreichen, ist mehr als die Hälfte unserer Leute bereits Opfer der Pfeile.«
    »Das weiß ich selbst!« Erik schlug die Fäuste gegeneinander. »Verflucht. Meine Ehre verblutet. Es muss einen anderen Weg geben. Und zwar heute, sonst war alle Mühe umsonst.«
    Darauf antwortete Tyrkir nichts. Abgesehen von Richter Thorbjörn hatten sich die Verbündeten nur für diesen einen Tag verpflichtet, seinem Wikinger Beistand zu leisten. Heute galt ihr Wort, heute würden sie selbst das Unmögliche wagen. Ob sie sich aber morgen oder, falls das Wetter weiterhin so schlecht blieb, vielleicht erst in einer Woche noch zur Schlacht bereit fänden, daran zweifelte er.
    Thorbjörn trat ins Zelt. Umständlich schlug er den Regen von seiner Kappe. »Unsern Plan müssen wir aufgeben.« Das Treffen war um die Mittagsstunde angesetzt, doch vorher schon sollten zwei Schiffe weitab von Spitzklipp rechts und links je einen Trupp unbemerkt an Land bringen. Während dann das dritte Schiff zur verabredeten Zeit direkt in die Bucht einlief und dort vom Gegner erwartet würde, hätten die abgesetzten Waffenknechte ihn von beiden Seiten überraschen können.
    Thorbjörn zuckte die Achsel. »Ich habe nachgedacht. Eine Chance bleibt. Der Erfolg ist zweifelhaft und sie bringt uns in jedem Fall den Verlust vieler Sklaven.« Knapp unterbreitete er seinen Vorschlag: Verteilt auf Beiboote könnte das gesamte Heer trotz des Wellengangs zur Bucht vor Spitzklipp rudern. Die tüchtigsten der Waffenknechte müssten versuchen, das Ufer zu erreichen. »Selbst gute Bogenschützen treffen bei Sturm nur zufällig ihr Ziel.«
    »Und weiter?«
    »Wenn unsere Vorhut den Strand freigekämpft hat, landen wir Herren mit dem Haupttrupp.«
    Schweigen. Der Wind drückte gegen die Zeltplane. Tyrkir zwang sich, nicht gleich empört zu widersprechen. Bei allem Zorn auf den Bauern des Breidahofes, ein Plan, der von vornherein den Tod der eigenen Leute einbezog, durfte nicht ausgeführt werden. Ein so erkauftes Glück hält nicht lange, warnte er stumm und starrte den Freund und den Richter an.
    Erik kratzte sich im Bartgestrüpp, schließlich zog er die Streitaxt halb aus dem Gürtel. »Noch nie hab ich andere vorgeschickt. Das ist meine Rache, also muss ich auch als Erster mit an den Strand.«
    »Die Antwort habe ich erwartet und befürchtet.« Thorbjörn seufzte, ehe er fortfuhr. »Womöglich trifft dich ein verirrter Pfeil, ehe du deinem Feind ins Auge gesehen hast. Ohne für die Reinwaschung der Ehre zu kämpfen, hättest du dann dein Leben sinnlos weggeworfen.« Er fasste den Arm des Roten. »Es bleibt nichts anderes …«
    »Schon gut«, unterbrach ihn Erik. »Ich weiß, was ich zu tun hab. Heute gibt’s keinen Krieg. Und das muss ich diesem hinterhältigen Betrüger noch vor dem Mittag sagen. Verdammt, ich höre schon sein Gelächter.«
    Sofort versprach der Richter ihn auf dem Beiboot zu begleiten. Erst aber wollte er die drei verbündeten Gutsherren in ihren Zelten aufsuchen. »Wenigstens diesen Gang will ich dir ersparen.«
    Wieder allein mit dem Freund schlug sich Erik an die Stirn. »Falsch, alles hab ich falsch gemacht. Jedes Kind weiß, wie schnell das Wetter hier sich ändert. Gestern schon hätte ich unsere Leute an Land bringen müssen. Erik der Rote, der große Anführer!«
    »Hör auf, dich zu bedauern!«
    Verblüfft blickte der Hüne auf seinen Verwalter hinunter. »Wie redest

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