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Erinnerung an meine traurigen Huren

Erinnerung an meine traurigen Huren

Titel: Erinnerung an meine traurigen Huren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel García Márquez
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keiner, eine Rede zu improvisieren. Ich wäre lieber gestorben, als darauf antworten zu müssen. Zum Abschluss der Feier brachte uns der Chefredakteur, der mir nie besonders sympathisch gewesen war, in die unbarmherzige Realität zurück. Nun also, verehrungswürdiger Neunziger, sagte er zu mir, wo bleibt Ihre Glosse?
    Tatsächlich brannte sie schon den ganzen Nachmittag über wie eine glühende Kohle in meiner Jackentasche, doch die Rührung hatte mich dermaßen gepackt, dass ich es nicht über das Herz brachte, die Feier mit meiner Kündigung zu verderben. Ich sagte: Diesmal gibt es keine. Der Chefredakteur war verärgert über ein Versäumnis, das seit dem letzten Jahrhundert nie vorgekommen war. Verstehen Sie doch, sagte ich, ich habe eine schwierige Nacht hinter mir und bin mit einem bleiernen Kopf aufgewacht. Nun, genau das hätten Sie schreiben müssen, sagte er mit seinem säuerlichen Humor. Die Leser werden erfreut sein, aus erster Hand zu erfahren, wie das Leben mit neunzig ist. Eine der Sekretärinnen vermittelte: Wer weiß, vielleicht handelt es sich um ein reizvolles Geheimnis, sagte sie und schaute mich schelmisch an. Eine glühende Woge überflutete mein Gesicht. Verdammt, dachte ich, wie treulos das Erröten ist. Eine andere Sekretärin zeigte strahlend mit dem Finger auf mich: Wundervoll! Er hat noch die Gabe, rot zu werden! Ihre Impertinenz ließ mich abermals erröten. Es muss eine stürmische Nacht gewesen sein, sagte die erste Sekretärin: Da kann man nur neidisch werden! Und sie gab mir einen Kuss, der mir auf die Wange gemalt blieb. Die Fotografen ließen nicht von mir ab. Betreten übergab ich dem Chefredakteur meine Glosse, es sei nur ein Scherz gewesen, sagte ich, hier ist sie, und betäubt von der letzten Applaussalve machte ich mich davon. Ich wollte nicht mehr da sein, wenn sie entdeckten, dass es sich um meinen Kündigungsbrief nach einem halben Jahrhundert der Fron handelte.
    Die Beklemmung war auch spätabends, als ich daheim die Geschenke auswickelte, noch nicht gewichen. Die Maschinensetzer hatten sich mit einer elektrischen Kaffeemaschine vergriffen, die den dreien, die ich von vorangegangenen Geburtstagen hatte, genau glich. Die Setzer hatten mir einen Gutschein für eine Angorakatze überreicht, die bei der städtischen Tierzucht abzuholen war. Die Geschäftsführung ließ mir eine symbolische Gratifikation zukommen. Die Sekretärinnen schenkten mir drei seidene Unterhosen mit aufgedruckten Kussspuren und erboten sich auf einer Karte, mir die Unterhosen auszuziehen. Mir kam in den Sinn, dass einer der Reize des Alters die Provokationen sind, die sich junge Freundinnen erlauben, weil sie uns außer Gefecht wähnen.
    Ich erfuhr nie, wer mir die Platte mit den vierundzwanzig Präludien von Chopin, interpretiert von Stefan Askenase, zugedacht hatte. Die meisten Redakteure hatten mir Bücher geschenkt, die gerade im Gespräch waren. Ich hatte noch nicht alle Geschenke ausgewickelt, als Rosa Cabarcas anrief und die Frage stellte, die ich nicht hören wollte: Was ist dir mit dem Mädchen passiert? Nichts, sagte ich, ohne weiter nachzudenken. Was heißt, nichts, wenn du sie nicht einmal geweckt hast?, sagte Rosa Cabarcas. Eine Frau verzeiht es nicht, wenn sie beim ersten Mal von einem Mann verschmäht wird. Ich brachte vor, dass die Kleine nicht nur vom Knopfannähen so erschöpft gewesen sein könne und sich vielleicht schlafend gestellt habe, weil sie Angst hatte. Schlimm ist nur, meinte Rosa, dass sie jetzt wirklich glaubt, dass du nicht mehr taugst, und ich fände es nicht schön, wenn sie es überall herumerzählte.
    Ich tat ihr nicht den Gefallen, mich aufzuregen. Selbst wenn es so wäre, sagte ich, ihr Zustand ist derart jämmerlich, dass man nicht mit ihr rechnen kann, weder in wachem noch in schlafendem Zustand: Sie gehört ins Krankenhaus. Rosa Cabarcas senkte die Stimme: Schuld daran ist nur die Eile des Arrangements, aber es lässt sich ändern, du wirst schon sehen. Sie versprach, die Kleine zur Rede zu stellen, und wenn meine Vermutung zuträfe, sollte sie das Geld zurückgeben. Einverstanden? Lass es auf sich beruhen, sagte ich, es ist nichts passiert, aber mir hat es immerhin als Probe aufs Exempel gedient, solche Geschichten sind nichts mehr für mich. In diesem Sinne hat das Mädchen Recht: Ich tauge nicht mehr. Ich hängte auf, erfüllt von einem Gefühl der Befreiung, das ich mein Lebtag nicht gekannt hatte, und endlich erlöst von einem Zwang, der mich seit meinem

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