Erinnerung Des Herzens
schwöre Ihnen, dass es so war. Sie hat sogar gesagt, sie hätte Papiere darüber, von Anwälten, mit denen sie es beweisen könne.« Er war immer noch zu erschrocken, um sich zu rühren oder sich auch nur seine laufende Nase zu putzen. »Die Summers geriet in Wut, schrie herum und zertrümmerte Porzellan. Dann kamen die beiden anderen - Travers und Soloman - aus dem Haus gelaufen. Da bin ich zur Garage zurückgegangen, um weiter zu beobachten. Ich konnte hören, wie sie herumschrien, wie Eve weinte. Etwas später lief die Summers zum Gästehaus zurück. Ich wusste, dass Sie das interessiert. Ich habe nicht gelogen. Ich schwöre es.«
Nein, dachte Delrickio, er war nicht schlau genug, um sich das alles auszudenken.
Er steckte die Pistole wieder ein, ohne darauf zu achten, dass Lyle die Hände vors Gesicht geschlagen hatte und schluchzte.
Eve hatte also ein Kind, dachte er, ein Kind, das sie zweifellos beschützen wollte.
Zufrieden lehnte er sich zurück. Lyle war ein revoltierendes Schwein. Aber Schweine hatten ihr Gutes.
Julia hatte nie soviel Chintz in einem Raum gesehen. Offensichtlich hatte Gloria den Dekorateur angewiesen, ihr ein gemütliches, altmodisches Büro einzurichten. Und das hatte sie bekommen. Mit zahllosen Rüschen besetzte rosa Vorhänge und Sessel, die so tief waren, dass man ein kleines Kind, das darin versunken war, wohl nie mehr wiederfinden würde. Überall auf dem Holzfußboden waren Teppichläufer verteilt. Kupfer- und Messingtöpfe standen herum, überfüllt mit frischen oder getrockneten Blumensträußen. Winzige Tischchen waren vollgestellt mit kleinen Nippesgegenständen. Ein Alptraum, hier Staubwischen zu müssen.
Auch ein Besucher hatte es nicht leicht, sich durch all den Kram hindurchzuschlängeln, ohne blaue Flecken an der Hüfte oder einen verstauchten Zeh davonzutragen.
Dann waren da noch die Katzen. Drei von ihnen an einem sonnigen Platz neben- und übereinanderliegend, ein glänzender weißer Fellball.
Gloria saß an einem kleinen, gedrechselten Schreibtisch, der viel besser in das Boudoir einer Dame gepaßt hätte als in ein Büro, in dem gearbeitet wurde. Sie trug ein blaßrosa Kleid mit langen, weiten Ärmeln und einem Quaker-Kragen. Sie sah darin aus wie die Verkörperung von Reinheit, Gesundheit und Entgegenkommen.
Aber Julia sah an ihren abgekauten Nägeln, wie gestreßt sie war. Ihre eigenen waren in keinem besseren Zustand, weil sie heute morgen eine Stunde damit verbracht hatte, sich zu überlegen, ob sie diese Verabredung einhalten oder besser absagen sollte.
»Miss Summers.« Gloria stand mit einem warmen, freundlichen Lächeln auf. »Sie haben uns offenbar leicht finden können, da Sie so pünktlich sind.«
»Das war kein Problem.« Julia wandte sich zur Seite, um sich zwischen einem Tischchen und einer Fußbank durchzuzwängen. »Ich freue mich, dass ich herkommen durfte.«
»Eve ist eine meiner ältesten und engsten Freundinnen. Wie konnte ich mich da weigern?«
Julia folgte Glorias Einladung, Platz zu nehmen. Der Zwischenfall bei Eves Party sollte offensichtlich nicht mehr zur Sprache kommen. Aber sie wussten beide, dass Julia dadurch im Vorteil war.
»Ich weiß, dass Sie leider nicht genügend Zeit haben für ein zweites Frühstück, aber vielleicht nehmen Sie etwas Kaffee oder Tee?«
»Nein, wirklich nicht. Vielen Dank.« Sie hatte heute schon mehr als genug Kaffee getrunken.
»Sie möchten also mit mir über Eve sprechen«, sagte Gloria mit der freundlichen Stimme einer Nonne. »Ich kenne Eve bereits seit, Himmel, das müssen jetzt schon bald dreißig Jahre sein. Als wir uns zum ersten mal begegneten, hat sie mich zugleich erschreckt und fasziniert. Lassen Sie mich überlegen, das war kurz bevor wir anfingen ...«
»Miss DuBarry.« Julias leise Stimme stand in krassem Gegensatz zu Glorias Bühnenton. »Es gibt viele Dinge, über die ich gern mit Ihnen reden würde, viele Fragen, die ich Ihnen stellen möchte. Aber ich glaube, es wird für uns beide wenig angenehm werden, wenn wir einen ganz bestimmten Punkt einfach ausklammern.«
»Wirklich?«
Das einzige, worüber sich Julia an diesem Morgen klar geworden war, war, dass sie keine Spielchen spielen wollte. »Eve hat mir alles erzählt.«
»Alles?« Das Lächeln blieb unverändert, aber unter der Tischplatte krampfte Gloria ihre Finger ineinander. »Worüber?«
»Michael Torrent.«
Gloria blinzelte zweimal, bevor ihr Gesichtsausdruck die passende Form gefunden hatte. Wenn der Regisseur
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