Erinnerung Des Herzens
mit ihr durchführte, und seine Tipps, um daran zu denken, dass sie in den Zeugenstand gehen musste, wenn das Gericht wieder zusammentrat.
Nie sind zwei Stunden schneller verstrichen.
»Die Verteidigung ruft Julia Summers in den Zeugenstand.« Sie stand auf und war sich der Blicke und des Gemurmels hinter ihrem Rücken nur zu sehr bewusst. Als sie den Zeugenstand erreicht hatte, wandte sie sich um und stellte sich diesen Blicken. Sie hob die rechte Hand und schwor, die Wahrheit zu sagen.
»Miss Summers, wussten Sie, als Sie nach Kalifornien kamen, dass Eve Benedict Ihre natürliche Mutter war?«
»Nein.«
»Warum sind Sie quer durchs Land gereist, um bei ihr zu wohnen?«
»Ich hatte eingewilligt, ihre Biographie zu schreiben. Sie wollte bei dem Projekt mitarbeiten und auch eine gewisse Kontrolle darüber behalten. Wir kamen überein, dass mein Sohn und ich bei ihr wohnen sollten, bis die erste Fassung beendet und gebilligt war.«
»Hat Miss Benedict Ihnen im Verlauf dieser Arbeit Einzelheiten ihres Privatlebens mitgeteilt?«
Sie hatten zusammen am Pool gesessen, zusammen im Gymnastikraum geschwitzt. Eve hatte in einem tollen Kleid auf dem Boden gehockt und zusammen mit Brandon einen Raumschiffhafen gebaut. Rasch flimmerten die Bilder an Julias innerem Auge vorüber. Ihre Augen brannten. »Sie redete sehr frei und offen mit mir. Es war ihr wichtig, dass es ein gründliches Buch wurde. Und ein ehrliches«, sagte Julia leise. »Sie wollte keine weiteren Lügen mehr.«
»Hatten Sie die Möglichkeit, Gespräche mit ihr und mit anderen Leuten, die persönlich oder beruflich in engen Beziehungen zu ihr standen, auf Band aufzunehmen?«
»Ja. Ich arbeite nach Tonbandaufnahmen und Notizen.«
Lincoln ging zurück zu seinem Tisch und nahm eine Box mit Tonbändern auf. »Sind das Kopien von den Bandaufnahmen, die Sie seit Januar dieses Jahres gemacht haben?«
»Ja, meine Beschriftungen sind darauf.«
»Ich würde diese Bänder gern als Beweise vorspielen lassen.«
»Euer Ehren, Einspruch. Diese Bänder enthalten die Meinungen und Erinnerungen der Verstorbenen, ihre persönlichen Erfahrungen mit anderen Menschen. Sie können nichts Wesentliches zur Aufklärung beitragen.«
Julia wartete ab, bis der Streit um sie herum zu Ende war. Sie begriff nicht, warum die Bänder ins Spiel gebracht wurden. Die Polizei hatte sie abgehört, ohne im geringsten davon erschüttert oder beeinflußt zu werden.
»Ich gestatte nicht, dass die Bänder bei dieser Anhörung abgespielt werden«, entschied der Richter. »Mr. Hathoway kann die direkte Notwendigkeit dafür zur Verteidigung nicht nachweisen. Wenn ich mir jetzt schon die Memoiren von Miss Benedict anhören würde, könnte das eher zur Vernebelung des Falles führen. Fahren Sie fort.«
»Miss Summers, haben Sie während der Durchführung dieser Interviews Drohungen bekommen?«
»Ich bekam Zettel. Der erste wurde an den Gartenzaun vor dem Gästehaus geheftet.«
»Sind dies die Zettel, die sie erhielten?«
Sie schaute auf die Papiere in seiner Hand. »Ja.«
Er befragte sie nach Eves Reaktion darauf, nach dem Rückflug von Sausalito, nach dem Streit, ihren Gefühlen und nach dem, was sie am Mordtag getan hatte.
Ihre Antworten warten ruhig und kurz, wie er es ihr eingeschärft hatte.
Dann war der Vertreter der Anklage an der Reihe.
»Miss Summers, war irgendjemand dabei, als Sie diese Zettel erhielten?«
»Paul war da, als ich den in London bekam.«
»Er war anwesend, als er Ihnen überreicht wurde?«
»Er wurde mir ins Zimmer gebracht, in mein Hotelzimmer, zusammen mit einem Serviertablett.«
»Aber niemand hat gesehen, wann er gebracht wurde.«
»Er wurde an der Rezeption hinterlassen.«
»Ich verstehe. Jeder kann ihn dort hinterlegt haben, einschließlich Sie selber.«
»Jeder könnte es getan haben. Ich war es nicht.«
»Es fällt mir schwer zu glauben, dass irgendjemand sich durch so dümmliche Sprüche bedroht gefühlt haben sollte.«
»Selbst dümmliche Sprüche wirken bedrohlich, wenn man sie anonym bekommt, besonders weil Eve mir brisante Informationen gab.«
»Diese anonymen Zettel wurden nicht in Ihrem Besitz gefunden, sondern im Frisierschrank der Verstorbenen.«
»Ich habe sie ihr gegeben. Eve wollte sich selber darum kümmern.«
»Eve«, wiederholte er. »Lassen Sie uns über Eve und ihre brisanten Informationen reden. Würden Sie sagen, dass Sie ihr vertrauten?«
»Ja.«
»Dass Sie sie gern mochten?«
»Ja.«
»Und dass Sie sich von ihr verletzt
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