Erinnerung Des Herzens
schaute auf den Boden, hob eine Hand und legte sie auf ihre. »Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich jetzt hinter dir stehe und hinter dem Jungen, Brandon.«
»Er - ihm fehlt ein Großvater. Wenn das hier vorüber ist, werden wir miteinander reden. Wir alle.«
Er brachte es fertig zu nicken, bevor er seine Hand wieder wegzog.
»Alle aufstehen!«
Ein Dröhnen ertönte in ihren Ohren, als alle Anwesenden sich erhoben. Sie beobachtete den Richter, der hereinkam und seinen Platz einnahm. Er sieht aus wie Pat O'Brien, dachte sie - rot und rundlich und sehr irisch. Sicher würde Pat O'Brien die Wahrheit erkennen, wenn er sie hörte.
Der District Attorney war ein drahtiger, energisch aussehender Mann mit grauen Strähnen in seinem kurzgeschnittenen Haar. Offensichtlich nahm er die Warnungen vor ausgedehnten Sonnenbädern nicht allzu ernst, denn er war tiefgebräunt, was einen wirkungsvollen Kontrast zu seinen hellblauen Augen ergab. Er hatte die Stimme eines Evangelisten. Ohne auf seine Worte zu achten, lauschte Julia den hellen und dunklen Tönen. Beweismittel wurden vorgelegt. Die Berichte über die Autopsie, die Untersuchungen der Gerichtsmediziner. Und natürlich die Fotos. Als Julia sah, wie der Vertreter der Anklage sie vorzeigte, fiel ihr wieder ein, wie Eve auf dem Teppich gelegen hatte. Sie sah die Mordwaffe vor sich und erinnerte sich daran, dass ihr Kleid voll von rostfarbenen Flecken gewesen war - Blut.
Sie schaute zu, wie die Experten in den Zeugenstand traten und wieder gingen. Es war ihr ganz unwichtig, was sie sagten. Lincoln war offensichtlich anderer Meinung, weil er von Zeit zu Zeit aufstand, Einwände erhob und den einen oder anderen ins Kreuzverhör nahm.
Aber trotzdem spielten die Worte keine Rolle, dachte Julia. Nur die Bilder. Sie sagten alles. Eve war tot.
Als der District Attorney Travers aufrief, schlurfte sie, genauso wie sie in Eves Haus herumgeschlurft war, in den Zeugenstand. Es wirkte, als ob sie zögerte, die Energie aufzuwenden, die nötig war, erst den einen Fuß zu heben und dann den anderen.
Sie hatte ihr Haar streng zurückgekämmt und trug ein einfaches schwarzes Kleid. Sie hielt ihre Tasche krampfhaft mit beiden Händen fest und schaute starr geradeaus.
Selbst als der Vertreter der Anklage ihr freundlich ein paar einfache Fragen stellte, entspannte sie sich nicht. Ihre Stimme wurde nur noch schroffer, als sie ihre Beziehung zu Eve schilderte.
»Und als vertraute Freundin und Angestellte«, fuhr der Ankläger fort, »sind Sie mit Miss Benedict in die Schweiz gereist, und zwar am ...« Er überprüfte seine Notizen, bevor er das Datum nannte.
»Ja.«
»Was war der Grund dieser Reise, Ms. Travers?«
»Eve war schwanger.«
Diese Erklärung rief ein allgemeines Gemurmel im Zuhörerraum hervor.
»Und bekam sie ein Kind, Ms. Travers?«
»Euer Ehren.« Lincoln sprang auf. »Die Verteidigung ist bereit anzuerkennen, dass Miss Benedict ein Kind hatte, das sie zur Adoption freigab. Und dass Julia Summers dieses Kind ist. Wir brauchen keine weitere Zeit damit zu verschwenden, etwas zu beweisen, was schon feststeht.«
»Mr. Williamson?«
»Ja, Euer Ehren. Ms. Travers, ist Julia Summers Eve Benedicts natürliche Tochter?«
»Ja, das ist sie.« Travers warf einen kurzen, hasserfüllten Blick in Julias Richtung. »Eve hat sich den Kopf zermartert wegen dieser Adoption und schließlich das getan, was sie für das beste für das Kind hielt. Sie hat sogar im Laufe der Jahre immer wieder Informationen über sie erhalten. Sie war sehr aufgeregt und besorgt, als sie erfuhr, dass das Mädchen selber schwanger war ... Sie sagte, sie könnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie all das durchmachen sollte, was sie selber durchgemacht hatte.«
Lincoln raunte Julia zu: »Ich lasse sie weiterreden. Es schadet uns nichts.«
»Und sie war stolz«, fuhr Travers fort. »Stolz, als sie erfuhr, dass das Mädchen Bücher schrieb. Sie sprach mit mir darüber, weil sie niemanden hatte, mit dem sie es sonst tun konnte.«
»Sie sind die einzige gewesen, die wusste, dass Julia Summers die biologische Tochter von Eve Benedict war?«
»Niemand außer mir wusste es.«
»Können Sie uns sagen, wie es dazu kam, dass Miss Summers bei Miss Benedict wohnte?« »Es war das Buch. Dieses verfluchte Buch. Ich wusste damals nicht, wie sie auf diese Idee gekommen war, aber ich konnte sie ihr nicht ausreden, was ich auch sagte. Sie wollte wohl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Da war die Geschichte, die
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