Erinnerung Des Herzens
die Sache mit uns anfing. Unsere Affäre und die anschließende Heirat war damals einer der kleineren Skandale.«
Julia hatte sich bereits notiert, dass sie die entsprechenden Nummern von Photoplay und Hollywood Reporter nachlesen musste.
»Travers war kein so großer Star, dass sie besonders viel Empörung und Mitgefühl erweckt hätte. Ihnen kommt das arrogant vor, aber das ist die reine Wahrheit. Es erschienen ein paar Kolumnen über unser kleines Dreieck, dann geriet es in Vergessenheit. Die Leute nahmen viel mehr Anteil daran, als
Liz Taylor ihren Eddie Fisher unter Debbie Reynolds hervorzog.«
Offensichtlich amüsiert, drückte sie ihre Zigarette aus. »Ich weiß wirklich selber nicht genau, ob ich der Funke gewesen bin, der ihre Ehe vernichtete.«
»Ich werde Travers fragen.«
»Das ist mir klar.« Sie machte eine unbestimmte Geste mit der einen Hand, dann setzte sie sich wieder zurück. »Es ist zwar unwahrscheinlich, dass sie mit Ihnen reden wird, aber machen Sie ruhig den Versuch. Im Augenblick wird es wohl das beste sein, wenn ich ganz von vorn anfange. Wie ich bereits sagte, war Tony damals ein gefährlich attraktiver Mann. Als Regisseur hatte ich großen Respekt vor ihm.«
»Sie kennen ihn, seit Sie Separate Lives drehten?«
»Oh, wir sind einander schon vorher begegnet, wie es so ist bei all den Leuten, die in diesem kleinen Narrenschiff sitzen. Aber wenn ein Film gedreht wird, Julia, entsteht eine kleine, intime Welt für sich, völlig entfernt von der Wirklichkeit. Mehr noch, immun dagegen.« Sie lächelte versunken. »Das ist der Grund dafür, dass so viele von uns ernsthaft glauben, dass sie sich hoffnungslos in einen anderen Darsteller verliebt hätten, jedenfalls für die Zeitspanne, die erforderlich ist, um den Film zu drehen.«
»Sie haben sich aber nicht in Ihren Partner verliebt«, sagte Julia, »sondern in Ihren Regisseur.«
Eve senkte die Lider. Ihre langen Wimpern verbargen ihre Augen. »Es war ein schwieriger Film, sehr düster, sehr ergreifend. Die Geschichte einer unglücklichen Ehe. Verrat, Ehebruch und ein Nervenzusammenbruch. Wir hatten den ganzen Tag an der Szene gearbeitet, wo ich endlich die Untreue meines Mannes erkannt hatte und an Selbstmord dachte. Ich musste mich bis auf einen schwarzen Spitzenslip ausziehen, mir sorgfältig die Lippen schminken, Parfüm auftragen. Dann das Radio einschalten, um allein zu tanzen. Eine Flasche Champagner öffnen und trinken, bei Kerzenschein und eine Schlaftablette nach der anderen herunterschlucken.«
»Ich erinnere mich an die Szene«, murmelte Julia. In dem hellen Saal, der nach Schweiß und parfümiertem Öl roch, sah sie das Bild deutlich vor sich. »Sie war beängstigend, tragisch.«
»Tony hatte eine ganz bestimmte Vorstellung davon. Eine Klappe nach der anderen fiel, aber er war nie zufrieden. Ich hatte das Gefühl, dass meine Empfindungen gewaltsam aus mir herausgerissen wurden. Stunde für Stunde dieselbe Szene. Erst später merkte ich, dass er genau das aus mir herausgeholt hatte, was er haben wollte. Die Erschöpfung, die Wut, die Verzweiflung und diesen Blick, den nur der Hass erzeugen kann.«
Sie lächelte triumphierend. Diese Szene gehörte zu den besten, die sie je gemacht hatte. »Als wir endlich fertig waren, ging ich in meinen Ankleideraum. Meine Hände zitterten. Meine ganze Seele war in Aufruhr. Er war mir gefolgt, verschloß die Tür von innen. Du lieber Himmel, ich weiß noch heute, wie er mich mit brennenden Augen anschaute. Ich schrie und weinte, versprühte genügend Gift, um zehn Männer damit umzubringen. Als er mich packte, schlug ich ihn. Blut floß. Er zerriß mir das Kleid, ich kratzte und biß ihn. Er riß mich auf den Boden und zerfetzte mir den schwarzen Spitzenslip. Und die ganze Zeit über schwieg er, sagte nicht ein einziges Wort. Wir vereinigten uns wie ein paar wilde Hunde.«
Julia musste schlucken. »Er hat Sie vergewaltigt.«
»Nein. Es wäre leichter für mich zu lügen und ja zu sagen. Aber als wir auf dem Boden landeten, war ich bereits mehr als einverstanden. Ich war besessen. Wenn ich nicht bereit gewesen wäre, hätte er mich zweifellos vergewaltigt. Das zu wissen, war unglaublich aufregend. Pervers, aber verdammt aufregend«, fügte sie hinzu und zündete sich eine neue Zigarette an. »Unsere Beziehung war von Anfang an irgendwie verquer. Aber in den ersten drei Jahren dieser Ehe bekam ich den besten Sex, den ich je gehabt hatte. Allerdings fast immer mit Gewalt verbunden, fast
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