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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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war.
    Es war für Julia nicht ganz einfach, sich auf die Geschichte zu konzentrieren, die sie vom Band abhörte, während die Kinder Lärm machten, der Staubsauger lief und aus dem Radio Beat ertönte.
    Auf so schmutzige Dinge war sie nicht gefaßt gewesen. Wie sollte sie so etwas darstellen? Eve wollte, dass die unverblümte Wahrheit veröffentlicht wurde. Absolute Ehrlichkeit war zugleich ein Markenzeichen ihrer eigenen Arbeit. Aber war es wirklich notwendig und ratsam, so schmerzliche und ekelhafte Dinge wieder aus der Versenkung zu holen?
    Zweifellos würde es zum Verkaufserfolg des Buches beitragen, dachte sie seufzend. Aber um welchen Preis? Andererseits war es nicht ihre Aufgabe, das Buch zu zensieren, sondern das Leben dieser Frau zu erzählen, mit allen Höhen und Tiefen, mit den Tragödien und den Triumphen.
    Sie ärgerte sich darüber, dass sie so unsicher war. Wen wollte sie schützen? Bestimmt nicht Anthony Kincade. Ihrer Ansicht nach verdiente er eine viel härtere Strafe als nur die Veröffentlichung seiner Schandtaten in diesem Buch.
    Eve? Warum fühlte sie sich verpflichtet, eine Frau zu schützen, die sie kaum kannte und nicht richtig verstand? Wenn die Geschichte so niedergeschrieben würde, wie Eve sie erzählt hatte, würde sie nicht unbehelligt davonkommen. Hatte sie nicht zugegeben, dass der dunkle, würdelose Aspekt des Sex Anziehungskraft auf sie besessen hatte? Dass sie bereitwillig und eifrig dabei mitgemacht hatte bis zu dieser letzten furchtbaren Nacht? Würde das Publikum der Königin der Leinwand diese Beziehung und ihre Versuche mit Drogen verzeihen?
    Vielleicht ja. Und Eve schien das sogar völlig gleichgültig zu sein. Sie hatte sich nicht zu entschuldigen versucht, als sie die Geschichte erzählt hatte, nicht um Sympathie gebuhlt. Julia hatte lediglich die Aufgabe, Eves Leben zu schildern. Als Biographin musste sie zudem Einsichten und Erkenntnisse, Meinungen und Gefühle mit einbringen. Und ihr Instinkt sagte ihr, dass die Heirat mit Kincade zu den Erfahrungen gehörte, die Eve zu der Frau gemacht hatten, die sie heute war.
    Ohne diese Episode würde das Buch weder vollständig noch ehrlich sein.
    Sie zwang sich dazu, das Band noch einmal abzuhören und machte sich Notizen über Eves Stimme, die Pausen, die sie eingelegt hatte und ihr Zögern an manchen Stellen. Sie fügte ihre eigenen Beobachtungen darüber hinzu, wie oft Eve an ihrem Glas genippt, an ihrer Zigarette gezogen hatte. Wie das Licht durch die Fenster eingefallen war, wie der Schweißgeruch in der Luft gehangen hatte.
    Dieser Teil musste in Eves eigenen Worten wiedergegeben werden, dachte Julia. In Dialogform, so dass der sachliche Teil erhalten blieb. Für ihre Begriffe klang es herzzerreißend genug. Sie saß fast drei Stunden lang an diesem Kapitel, dann ging sie in die Küche. Sie brauchte Abstand von dieser Szene. Die allzu lebhafte Erinnerung daran war zuviel für sie. In der Küche gab es nicht viel zu tun für sie, alles war sauber geputzt. Deshalb entschied sie sich zu kochen.
    Hausarbeit hatte immer eine beruhigende Wirkung auf sie. In den ersten Wochen, nachdem sie entdeckt hatte, dass sie schwanger war, hatte sie sich endlos damit beschäftigt, die Möbel mit Zitronenöl zu polieren. Kleidungsstücke waren achtlos in ihrem Zimmer verstreut gewesen, aber die Möbel hatten geglänzt. Später war ihr klargeworden, dass diese monotone, einfache Arbeit ihr viele hysterische Anfälle erspart hatte.
    Bei dieser Beschäftigung hatte sie sich auch gegen eine Abtreibung oder Adoption entschieden. Beides hatte sie zuvor ernsthaft und traurig erwogen. Jetzt, nach zehn Jahren, wusste sie, dass diese Entscheidung für sie die richtige gewesen war.
    Sie fing an, eines von Brandons Lieblingsgerichten vorzubereiten: selbstgemachte Pizza. Die Zeit und Mühe, die sie darauf verwenden musste, machte es ihr leichter, mit dem Schuldgefühl fertig zu werden, dass sie ihm in letzter Zeit so oft nur eine Suppe und Sandwiches vorgesetzt hatte, weil die Arbeit an ihrem Buch ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
    »Es riecht gut hier.«
    Überrascht schaute sie zur Küchentür. Paul war gekommen, ein freundliches Lächeln auf dem Gesicht, die Hände tief in den Taschen seiner ausgebleichten Jeans vergraben, völlig entspannt. Sofort war sie auf der Hut. Vielleicht hatte er die fieberhafte Umarmung von gestern nacht bereits vergessen, an Julia war sie jedenfalls nicht spurlos vorübergegangen.
    »CeeCee hat mich

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