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Erinnerung Des Herzens

Erinnerung Des Herzens

Titel: Erinnerung Des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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den Fernsehschirm, wo gerade das Ergebnis der dritten Spielzeit verkündet wurde. Eigentlich interessierte er sich gar nicht für amerikanischen Fußball. Aber die Super Bowl zog auch ihn Jahr für Jahr in ihren Bann.
    Sicher, das Spiel lenkte ihn ab, aber es war nicht daran schuld, dass er bereits seit Wochen nicht so richtig zur Arbeit kam. Die eigentliche Ablenkung war zweifellos wesentlich attraktiver als eine Gruppe von Männern mit Bandagen um den Schultern, die sich gegenseitig zu Boden warfen. Es war eine kleine Blondine mit kühlen Augen und langen Beinen namens Julia.
    Es war ihm nicht einmal klar, was er eigentlich von ihr wollte, abgesehen von dem üblichen. Es war schon eine tolle Vorstellung, sie zu besitzen - diese Mischung von Unnahbarkeit und plötzlichen Ausbrüchen von Leidenschaft war einfach unwiderstehlich. Aber wenn das alles war, weshalb konnte er sie dann nicht einfach aus seinen Gedanken streichen, wenn er sich an die Arbeit setzte, wie er es sonst immer gemacht hatte?
    Vielleicht war es ihre Kompliziertheit, die ihm so zusetzte. Sie war tüchtig in ihrem Beruf, aber zugleich sehr häuslich. Ehrgeizig und zurückhaltend. Er hatte bereits festgestellt, dass sie eher scheu war als reserviert. Eher auf der Hut als zynisch. Und doch war sie beherzt und tapfer genug gewesen, mit ihrem Sohn den Kontinent zu überqueren, um die Launen eines der legendären Hollywoodstars auf sich zu nehmen. Oder vielleicht auch hungrig genug, fragte er sich.
    Er hatte einiges über sie in Erfahrung gebracht. Er wusste, dass sie von einem berufstätigen Paar aufgezogen worden war, und von dessen Scheidung, und dass sie eine Schwangerschaft im Teenageralter und den Verlust beider Elternteile überstanden hatte. Trotz ihrer Verletzbarkeit war sie stark. Sie musste es sein. Himmel, dachte er lachend, sie erinnerte ihn tatsächlich an Eve. Vielleicht wegen Brandon, so wenig ihm der Junge auch ähnlich war.
    Eve hatte ihn nicht im üblichen Sinne bemuttert, das wusste Paul. Aber sie hatte ihn gerettet. Obwohl sie nur kurze Zeit die Frau seines Vaters gewesen war, hatte sie Pauls Leben verändert. Sie hatte ihm die Aufmerksamkeit geschenkt, die er so dringend gebraucht hatte. Und vor allem hatte sie ihm Liebe gegeben.
    Brandon hatte das alles sein Leben lang gehabt, wie sollte er also kein anziehendes Kind sein? Seltsam, dachte Paul, er hatte sich nie für einen Mann gehalten, der Kinder besonders mochte. Er hatte sie oft amüsant gefunden und manchmal sogar interessant und natürlich notwenig für die Erhaltung der menschlichen Rasse.
    Aber mit diesem Kind war er tatsächlich gern zusammen. Er hatte sich wohl gefühlt gestern, beim Pizza-Essen und beim Austausch von Geschichten über Basketball. Er trug sich bereits mit dem Gedanken, den Jungen zu einem Spiel einzuladen. Und wenn die Mutter mitkommen sollte, um so besser.
    Er warf noch einen Blick auf den Fernseher und stellte fest, dass sein Team im Rückstand war. Er dachte kurz an all das Geld, das in den nächsten fünfzehn Minuten verloren und gewonnen werden würde, und machte sich wieder an die Arbeit.
    Drake war ganz nach vorn auf die Sesselkante gerutscht. Der Teppich unter ihm war voller Krümel von all den Chips und Brezeln, die er gegessen hatte, um die nagende Furcht in seinen Eingeweiden zu beschwichtigen. Er hatte schon mit der zweiten Sechserpackung Bier angefangen, und seine Augen waren glasig und rot umrandet, als hätte er einen Kater. Er wandte den Blick nicht vom Bildschirm.
    Vier Minuten und sechsundzwanzig Sekunden dauerte das Spiel noch. Sein Team hatte einen Touchdown erzielt, aber den Zusatzpunkt verspielt. Sie würden es schon noch schaffen. Drake stopfte sich eine Handvoll Brezeln in den Mund. Sein Sporthemd von Ralph Lauren war schweißgetränkt und sein Herz hämmerte.
    Sein Atem ging schnell. Mit dem halbleeren Bierglas prostete er den Spielern auf dem Bildschirm zu, dann zuckte er zusammen, als ob der Verteidiger ihm einen Schlag in die Leistengegend versetzt hätte. Die Gegenseite war am Zug. Sie drängten nach vorn, blitzschnell und überlegen und dann ... Sie hatten den Ball. Die Menge tobte.
    Noch drei Minuten und zehn Sekunden.
    Arschlöcher waren sie, dachte er und spülte sich die trockene Kehle mit Bier. In den letzten zehn Minuten hatten sie zwei Fehler gemacht. Selbst er hätte es besser gekonnt. Idioten. Er schlürfte Bier, mampfte Chips und betete.
    Stück für Stück eroberte der Gegner das Spielfeld. Bei jedem Meter Boden,

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