Erinnerung Des Herzens
der seine Schulden nicht begleicht, kann vielleicht rasch merken, dass er tolpatschig wird, so tolpatschig, dass er seine Hände in einer Tür einklemmt und sich die Finger zerquetscht. Er kann auch so abgelenkt werden wegen seiner Verpflichtungen, dass er unaufmerksam wird, wenn er sich rasiert, und sich das Gesicht zerschneidet - oder die Kehle durchtrennt. Am Ende kann er so entmutigt werden, dass er sich aus einem Fenster stürzt.« Delrickio blickte auf das große Panoramafenster hinter Drake. »Aus so einem«
Drake presste den Adamsapfel gegen den Schlipsknoten, als er versuchte zu schlucken, um die Angst herunterzuwürgen. Seine Stimme klang wie das Heulen der Luft, die aus einem lecken Ballon entweicht. »Ich brauche mehr Zeit.«
Delrickio seufzte wie ein enttäuschter Vater, dem gerade ein schlechtes Zeugnis vorgelegt worden war. »Du bittest mich um einen Gefallen und hast noch nicht mal den einen erfüllt, um den ich dich gebeten habe.«
»Sie hat mir nichts erzählen wollen, gar nichts.« Drake nahm eine Handvoll Zuckermandeln aus einer Schale auf seinem Tisch.
»Sie wissen, wie unvernünftig Eve sein kann.«
»Ja, das weiß ich. Aber es muss doch einen Weg geben.«
»Ich habe es bei der Autorin versucht.« Drake griff eifrig nach dem Strohhalm. »Tatsächlich bin ich dabei, sie herumzukriegen. Sie wartet in diesem Augenblick in der Empfangshalle.«
»So.« Delrickio zog eine Braue hoch.
»Ich schaff das schon.« Drake verfolgte den Gedanken mit wahrer Begeisterung. »Wissen Sie, der einsame Karriere- Typ, der eine kleine Romanze braucht. Zwei Wochen, und sie frißt mir aus der Hand. Dann weiß ich alles, was Eve ihr erzählt hat.«
Delrickio verzog leicht die Lippen, als er mit dem Zeigefinger seinen Schnurrbart glättete. »Ich kenne deinen Ruf in dieser Hinsicht. Als ich noch jung war, hatte ich auch meine Erfolge auf diesem Gebiet.« Er stand auf. »Drei Wochen, mein Sohn. Wenn du mir nützliche Informationen verschaffst, reden wir über einen längeren Termin. Und zehntausend wöchentlich, bar, nur um deinen guten Willen zu zeigen.«
»Aber ...«
»Das ist ein sehr gutes Angebot, Drake.« Auf dem Weg zur Tür drehte Delrickio sich noch einmal um. »Glaub mir, kein anderer würde dir so günstige Konditionen bieten. Enttäusche mich nicht«, fügte er hinzu. »Es wäre doch eine Schande, wenn deine Hand beim Rasieren so zittern würde, dass du dein Gesicht verletzt.«
Als er herauskam, sah Julia einen distinguierten Mann von etwa sechzig. Er wirkte gesund und mächtig und sah trotz seines Alters bemerkenswert gut aus. Mit einem Wort, eine würdevolle Erscheinung. Die beiden anderen Männer standen auf. Der Mann, der aus Drakes Büro gekommen war, verneigte sich leicht vor Julia und deutete mit einem Blick an, dass er es nicht vergessen hatte, einer jungen, attraktiven Frau seine Reverenz schuldig zu sein. Sie lächelte. Seine Geste wirkte auf eine so höfliche Weise altmodisch. Dann ging er hinaus, flankiert von den beiden schweigenden Männern.
Es vergingen noch fünf Minuten, bis die Dame an der Rezeption Julia in Drakes Büro führte.
Er hatte es nicht gewagt, noch eine Valium zu nehmen, war aber in das angrenzende Badezimmer gegangen und hatte sich übergeben. Dann hatte er sein Gesicht gewaschen, den Mund gründlich ausgespült, sein Haar gekämmt und den Anzug zurechtgerückt.
»Es tut mir so leid, dass ich Sie warten lassen musste«, sagte er zu Julia. »Was kann ich für Sie tun? Kaffee, Mineralwasser, Saft?«
»Danke, nichts.«
»Machen Sie es sich bequem, dann können wir plaudern.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, damit sie sah, was für ein vielbeschäftigter Mann er war. »Wie kommen Sie mit Eve zurecht?«
»Sehr gut, danke. Heute morgen hatte ich eine Sitzung bei Fritz.«
»Fritz?« Er wusste nicht sofort etwas damit anzufangen, dann grinste er höhnisch. »Oh, die Trainingskönigin. Der arme Liebling.«
»Mir hat es gefallen, er übrigens auch«, erwiderte sie kühl.
»Erzählen Sie mir doch, wie Sie mit dem Buch vorankommen?«
»Ich denke, wir dürfen optimistisch sein.«
»Oh, es wird ein Bestseller werden, kein Zweifel. Eve hat eine faszinierende Geschichte zu erzählen, obwohl ich mich frage, ob sie ihre Erinnerungen nicht ein wenig einfärbt. So etwas wie das alte Mädchen gibt es nur ganz selten.«
Julia war sich todsicher, dass Eve ihm in die Eier treten würde, wenn er sie in ihrer Gegenwart als »altes Mädchen« bezeichnen sollte. »Sprechen
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